Halbe Wahrheit

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Elias's Sicht

Ihr Knie hatte einen riesen großes blau-grün-gelbes Hämatom und einen etwas kleineren roten Fleck, dieser könnte vom Stoss an der Tischkante sein. Doch woher hatte sie das große Hämatom. Aber nicht nur das machte mir Sorgen. Ihr Knie war zudem noch sehr angeschwollen und drum herum war alles mega rot.

„Am besten wie sagen Tino Bescheid. Er soll dann entscheiden, was zu tun ist," schlug ich geschockt vor. Felix nickte stumm auch er schien noch geschockt. Schnell und leise verließen wir ihr Zimmer und gingen zu Tino, welcher gerade im Wohnzimmer ein paar Bilder einpackte. „Tino, ihr Knie sieht gar nicht gut aus. Wir können innere Verletzungen nicht ausschließen," erzählte ich ihm. „Schnell einer muss ein RTW rufen. Könnt ihr das Knie von Isa abtasten oder habt ihr das schon gemacht. Wie schlimm sieht es aus? Was denkt ihr wie schlimm ist es? Was...," fragte er verzweifelt und aufgelöst, weshalb ich in unterbrach. „Tino atme erstmals ruhig aus und ein. Wir werden jetzt natürlich sofort einen RTW rufen und nein wir haben das Knie noch nicht abgetastet, werden dies aber gleich tun. Wir wissen nicht wie schlimm es ist, aber sie hat ein geschwollenes Knie und ein großes Hämatom und einen roten Fleck," erklärte ich ihm. Zwar fiel es mir selbst schwer ruhig zu bleiben, aber ich versuchte objektiv zu sein.
Tino beruhigte sich nach meinen Angaben nicht wirklich, sodass ich ihm ein Glas Wasser brachte, während Felix die 112 anrief und dann wieder zu uns kam. „Zurzeit ist kein RTW verfügbar. Alle sind in Einsatz, aber sobald einer frei ist wird er sofort hierher geschickt," berichtete Felix. „Dann gehen wir jetzt erstmal ihr Knie abtasten und du Tino informierst die anderen," erwiderte ich und die anderen zwei nickten. Also schlichen wir uns wieder in das Schlafzimmer.

Bei dem Anblick ihres Knies schluckte ich erst nochmal, bevor ich mich aufs Bett setzte. Felix tat es mir gleich. Vorsichtig tastete ich es ab, doch Isa zuckte, schrie auf, zog es weg und schrie nochmal auf. Das Anwickeln tat ihr also auch weh. Nur leider wusste ich nicht ob es jetzt zu unserem Vorteil oder Nachteil war, das sie aufgewacht ist.

Isa's Sicht

Gerade träumte ich von meiner perfekten Familie. Mein lebender Vater, der mich liebt so wie meine Brüder und mit Mama glücklich ist. Meiner Mutter, die keinen Herzfehler hatte, mich nicht schlägt, mich nicht zum Haushalt machen zwingt, stolz auf mich ist und mich liebt.

Ich träumte häufig davon, obwohl ich wusste, dass dieser Traum nie wahr werden wird. Um ehrlich zu sein, hatte ich bis vor zwei Jahren die Hoffnung, das er wahr wird, aber seit Papas Tod wusste ich, dass er nicht wahr wird. Trotzdem träumte ich immer wieder davon und ich kann nichts dagegen tun. Gibt es gegen Wunschdenken ein Heilmittel? Warte was?! Ich will kein Heilmittel, na gut irgendwie schon, aber ist ein Heilmittel nicht sowas wie ein Medikament?! Bestimmt und wenn Medikamente genauso weh tun wie dieses bohren am Zahn oder dieses tropfen in die Augen. Dann träume ich lieber weiter den Traum immerhin ist es ja kein Albtraum.

Plötzlich spürte ich eine Hand bei meinem rechten Knie und einen Schmerz, der mich aufschreien und zucken ließ. Ich zog schnell mein Bein weg, doch auch das schmerzte, sodass ich wieder aufschrie. Sofort setzte ich mich aufrecht hin und sah in die Gesichter von Felix und Elias. Fuck?! Haben die mein Knie schon gesehen? Ich schaute auf mein Knie. Meine Leggings war hochgekrampelt, also beantwortete sich meine Frage mit Ja. Sie haben mein Knie gesehen und dank den Vorfällen heute sah mein Knie wirklich schlechter aus als heute morgen. Rasch krempelte ich meine Leggings wieder zurück und sah dann nochmal meine Brüder an. Beide machten ein langes, schockiertes Gesicht. Nochmal fuck!

„Was ist mit deinem Knie Isa, sag uns bitte die Wahrheit. Wieso sieht dein Knie so aus? Wieso humpelst du? Warum hast du uns nichts davon erzählt? Was ist vor zwei Wochen passiert? Wieso trauerst du nicht um Mama?", fragte Felix. Wow, die Fragen schienen ihm auf der Seele gebrannt zu haben, denn er wirkte verzweifelt. Aber Moment mal. Woher wissen die beiden, dass ich humple und woher wissen sie, dass etwas bzw das, vor zwei Wochen passiert ist. Um genau zu sein vor drei Wochen und zwei Tagen. Tara und Nani konnte ich ausschließen. Sie haben mir nämlich versprochen niemanden etwas zu erzählen und ich weiß, dass sie Versprechen nicht brechen, also woher. Sollte ich bevor ich deren Frage beantworte meine zwei Fragen stellen? Obwohl damit würde ich doch zugeben, dass ich humpel und das etwas passiert ist, also sollte ich das lieber lassen. Aber ich kann ihnen auch nicht die Wahrheit sagen, die sie unbedingt hören wollen. Die Wahrheit wird sie und meine anderen drei Brüder zu sehr verletzen. Mit der Frage von Felix, warum ich nicht trauer - wo ich mich auch Frage, woher er das jetzt schon wieder weiß - hat er mir nämlich gezeigt das er und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch meine anderen Brüder trauern. Meine zweite Möglichkeit, das ich nur das von heute erzähle, kann ich mir auch abschminken, wenn sie wissen, dass ich humpel und etwas vorher passiert ist. Also was soll ich tun? Ich bin in einer Gott verdammten Zwickmühle. Ich denke, dass beste ist, wenn ich erstmal schweige. Somit schwieg ich.

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