Kapitel 35

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Kaum das die Drachenklippe am Horizont verschwunden war, fing Ylva an zu sprechen. »Also, was soll das?« Kayla seufzte. »Krogan hat einen Brief geschickt, in dem er nach zwei Waffen und einer Freundin verlangt, alle drei sollten sich auf der Drachenklippe aufhalten. Die Drachenreiter sollten uns in zwei Tagen ausliefern, sonst würden sie leiden. Da sie nun mal gut sind, wollten sie uns nicht ausliefern, also war mir klar was ich zu tun hatte« Nia sah sie an, wieder blitzte Verachtung in ihren auf. »Oh, hört was die große Heldin sagt! Sie hat ihre Freunde gerettet, indem sie sich selbst opferte. Man baue ihr ein Denkmal!« Kayla hob die Augenbrauen. »Du bist von Sinnen« Ni lachte hysterisch auf. »Nein. Ich habe endlich all meine Sinne zusammen! Früher war ich blind und Naiv, heute bin ich stärker. Ich könnte dich mit Leichtigkeit besiegen! Alles was ich brauche ist ein Druckmittel und schon tust du was immer ich will!« Kayla konzentrierte sich wieder auf Breeze. »Was willst du denn mit mir anstellen? Soll ich noch mehr fremde Menschen töten? Liebend gerne!« Nia fing an zu grinsen, während Kayla nur erschrocken nach vorne starrte. Dann schüttelte sie den Kopf. »Ich sehe, deine wahre Seite kommt raus wenn man dich provoziert! Das ist gut zu wissen. Krogan wird zufrieden sein« Kayla versuchte ihre Worte auszublenden. Dann stutzte sie. »Was meinst du bitte mit ‚wahre Seite'?« Nia schaute zu Ylva, die daraufhin anfing zu sprechen. »Wir haben herausgefunden das jeder eine wahre Seite hat, die er versteckt, oder deren er sich gar nicht bewusst ist. Manche haben das Glück, dass ihre wahre Seite ihrer normalen Persönlichkeit entspricht und verstecken sie nicht, sondern leben danach. Die wahre Seite kommt unter den verschiedensten Bedingungen zum Vorschein. Bei dir wenn du provozierst wirst, bei Nia wenn sie gefoltert wird und bei mir wenn ich jemanden foltere. Ich kann so fröhlich und herzensgut erscheinen wie ich will, wenn ich jemandem Schmerzen zufüge, werde ich wieder die Wölfin, die ich sein sollte. Nia kann das kleine Mädchen sein das ihr kennt, aber wenn sie gefoltert wird, wird sie zu einem wahren Monster. Und wenn man Geduld hat, kann man jemanden dauerhaft in seine wahre Form versetzten. Deshalb ist Nia jetzt so, wie sie ist. Man kann nicht mehr zurück. ich werde für immer die Wölfin bleiben. Und noch etwas: Wenn man in seiner wahren Form ist, ist man unfähig zu lügen« Ylva sah ziemlich zufrieden aus. »Und was ist meine wahre Seite?« Aus irgendeinem Grund zweifelte Kayla nicht an den Worten des Mädchens. Sie spürte instinktiv das Ylva recht hatte. Diese antwortete, nach kurzem Nachdenken. »Noch kann man das nicht sagen. Wenn ich es nur aus diesem einen Satz schließen müsste, würde ich sagen das du eine Killerin bist, der das Töten Spaß macht« Kayla schreckte zurück. »Das ist unmöglich! Töten ist nichts wobei man Spaß hat! Man nimmt unschuldigen das Leben!« Sie versuchte es vor allem sich selbst einzureden. Ylva zuckte mit den Schultern. »So ist das nunmal. Ich kann nichts dafür. Glücklich sind jene, die dauerhaft in ihrer wahren Form sind, solange ihre wahre Seite gut ist« Kayla blieb eine Weile still und dachte über das gesagte nach. »Haben Drachen auch eine wahre Seite?« Ylva zuckte mit den Schultern. »Wer weiß? Sollte ein Drache sein Verhalten plötzlich grundlegend ändern, würde das eine wahre Seite bei Drachen zeigen, aber ich kenne keinen Drachen der das jemals getan hat« Kayla dachte nach. »Aber ich. Ohnezahn, der Nachtschatten von Hicks. Früher war er immer... böse. Aber als er Hicks getroffen hat, hat er sich total verändert! Ich glaube was Ohnezahn brauchte war... Er brauchte Hicks«
»Kann schon sein« Kayla schwieg. Sie legten zwei Pausen ein, damit Breeze und auch Feuerherz sich ausruhen konnten. Scheinbar war es nicht so leicht, dauerhaft zwei Menschen auf dem Rücken zu tragen. Nia erklärte Kayla was es neues bei den Drachenjägern gab. »Es gibt mehr Regeln. Neuerdings müssen wir immer mit einem Drachenjägerschiff auslaufen. Sonst erregen wir zu viel Aufmerksamkeit. Man darf überhaupt nicht mehr sprechen, auch nicht auf dem Kampfplatz. Man wird Gegnern zugewiesen. Alles ist Strenger, seit die Drachenreiter uns entführt haben. Sie haben das nur geschafft, weil Eddie Wachen nachlässig waren. Wer nachlässig ist, wird doppelt bestraft. Das bedeutet das nach dem Foltern kein Heiler mehr kommt. Wenn man jedoch zu spät zum Training kommt, Wunden hin oder her, wird man noch einmal bestraft. Im schwarzen Haus herrscht reger betrieb« Kayla versuchte sich alles einzuprägen, doch ihre Gedanken wanderten immer wieder zu ihrer wahren Seite ab. Sie hatte Angst. Angst was Krogan mit ihr machen würde, wenn ihre wahre Seite wirklich ein Mordlustiges Mädchen war. Die Sonne stand beinahe direkt über ihnen, als sie die nächste Pause einlegten. »Also, Kayla. Was ist bei dir so passiert? Wer ist dieser fremde Junge? Ein neuer Drachenreiter?« Ylva sah Kayla neugierig an. Kayla seufzte. »Du wirst es sowieso aus mir herauspressen, oder?« Ylva nickte stolz. »Also gut. Ich habe meinen Vater getötet und mich dadurch gerächt. Nachdem er erfahren hat, was mir alles passiert ist. Der neue Junge heißt Niran. Ich habe ihn getroffen nachdem ich meinen Vater umgebracht habe. Er ist mein Freund« Ylva zog eine Augenbraue hoch. »Freund oder fester Freund?« Kayla sah sie scharf an. »Ich wüsste nicht warum dich das angehen sollte« Aus irgendeinem Grund sah Ylva zufrieden aus. »Also fester Freund!« Kayla schwieg. Etwas stimmte nicht. »Aber... woran erkennt man, ob jemand in seiner wahren Form ist, wenn man ihn trifft?« Ylva schaute sie überrascht an. »Wie? Na... gar nicht natürlich! Woran willst du das erkennen?« Kayla zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Und wie will man wissen in welcher Situation jemand seinmuss, damit seine wahe Seite herauskommt?«
»Man muss es ausprobieren. Vielleicht hat man Glück und schafft es in ein paar Stunden, vielleicht braucht man auch einen Monat. Manche haben auch die gleiche wahre Seite«
»Verstehen sie sich dann besser als normale Freunde?«
»Wer weiß? Einer von beiden ist gestorben« Kayla sah sie aus dem Augenwinkel an, wären sie Breeze kraulte. »Natürlicher Tod?« Ylva lachte. »Natürlich nicht! Es war ein Mädchen, das sich auf die Insel verirrt hatte. Sie wusste zu viel. Ihre wahre Seite kam heraus wenn sie unter Druck stand. Der andere war ein Drachenjäger. Beide waren in ihrer wahren Form hervorragende Spione. Wir hätten beinahe nichts von dem Mädchen erfahren, wenn eine der Wachen nicht einmal ein bisschen herumgelaufen wäre, um sich aufzuwärmen«
»Ich nehme an du hattest die Ehre sie zu töten?«Ylva sah aus als würde sie vor Stolz platzen. »Allerdings! Eine langsame, qualvolle Folter, bis zum Tod! Ich durfte meine besten Instrumente einsetzten. Es war herrlich. Und ihre Schreie...« Ylva schaute verträumt in die Ferne, während Kayla innerlich erschauderte, angesichts der Erzählung.

Die Sonne ging am zweiten Tag unter, während Kayla, Nia und Ylva mit den Drachen auf Krogan warteten. Kayla musste sich selbst mit allen Kräften davon abhalten, einfach auf Breeze zu springen und fortzufliegen. Sie wusste was sie bei Krogan erwartete. In dem Moment tauchte am Horizont ein Schiff auf, welches sich schnell näherte. Die Sonne berührte gerade das Wasser, als Krogan bei der Insel ankam. Eigentlich war es nur eine bessere Sandbank, mit etwas Erde und Gras. Es gab keine Deckung, nichts. Kayla atmete tief durch und trat Krogan mit ausdrucksloser Miene entgegen. Er sah überrascht aus. »Ihr seid hier! Und sogar vollzählig. Ich hätte nicht gedacht das die Drachenreiter euch ausliefern würden« Kayla schaute ihm in die Augen. »Haben sie nicht. Ich schütze meine Freunde. Sie haben keine Ahnung das ich hier bin« Krogan nickte und wandte sich kurz an Ylva. Er unterhielt sich leise mit ihr, wobei er ab und zu nickte. Dasselbe tat er bei Nia. Er drehte sich wieder zu Kayla, ein gewinnendes Lächeln auf den Lippen. »Sehr schön. Wenn du dich gut benimmst und wieder vollwertiges Mitglied in meiner Armee wirst, krümme ich deinen ‚Freunden' kein Haar. Aber rechne damit das du gegen sie kämpfen musst« Er sah aus als wollte er noch etwas sagen, wurde jedoch von einem lauten Brüllen unterbrochen. Sämtliche Wikinger schauten in den Himmel. Die Drachenreiter kamen auf sie zu. »Was machst du da, Kayla?« Kayla sah zu den Drachenreitern auf, Schmerz in den Augen. »Es geht nicht anders« Nur Niran konnte landen, für den Rest reichte der Platz nicht. »Kayla, was tust du da?« Er sprang ab und lief auf sie zu. »Verschwinde, Niran« Er zuckte angesichts ihrer tonlosen Stimme zurück. »Nein. Ich lasse nicht zu das du wieder bei Krogan landest« Er wollte sie am Arm packen, doch sie ging einen Schritt nach hinten, so das er strauchelte und beinahe fiel. »Es ist das beste. Versucht nicht mich zurückzuholen. Ihr müsst euch an den Gedanken gewöhnen das ich Krogan gewählt habe und nicht euch« Sie wusste das ihre nächsten Worte das Band zwischen ihnen zerreißen würde. »Ich bin fertig mit dir« Sie wandte sich ab und hoffte das er die Traurigkeit in ihren Augen nicht gesehen hatte. Niran wich zurück als hätte sie ihn ins Gesicht geschlagen. »Verschwindet Drachenreiter! Kayla gehört zu uns« Ylva machte eine Handbewegung als würde sie eine Fliege verscheuchen und ging zu dem Schiff, welches Krogan schon betreten hatte. Auch die anderen Drachenjäger folgten. »Das nächste mal sehen wir uns im Kampf« Mit diesen Worten drehte Kayla sich abrupt um und ging auf das Schiff, Breeze direkt hinter ihr.

Wird Zeit das ein neues Kapitel kommt... aber ich lese gerade Warrior Cats Staffel 7, Band 2 (viel zu spät) und es macht mich einfach fertig! Aber mir wird auch wieder klar das mir Warrior Cats einfach unendlich viel bedeutet...!
Anouky:)
p.s.:

Kayla stand stocksteif da, verseuchte sich nichts anmerken zu lasse. In ihr wallte eine unbändige Freude auf.

The Lonely RiderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt