»Willst du mir vielleicht erklären, warum du gestern erst nach Mitternacht nach Hause gekommen bist?«
Ich ducke mich gedanklich unter den wütenden Blicken meiner Mom und mache mich auf ihre Schimpftirade gefasst. Tatsächlich bin ich nämlich, nachdem Lawrence Stacey und mich nach Hause gebracht hat, nur in mein Bett gefallen, ohne Mom eine Erklärung aufzutischen. Für alles andere hatte ich einfach keine Kraft mehr.
Jetzt am Frühstückstisch kann ich mich davor aber nicht mehr drücken. »Stacey und ich haben nach der Wohltätigkeitsveranstaltung noch etwas mit Freunden gemacht.«
Ich beruhige mich damit, dass es trotzdem keine richtige Lüge ist, wenn ich die wichtigen Details auslasse.
»Was habt ihr gemacht?«, will sie wissen, während sie in ihrem schwarzen Kaffee herumrührt. Die Sorgenfalte auf ihrer Stirn wird dabei immer tiefer. »Schatz, du sollst mir doch Bescheid sagen, wenn du später nach Hause kommst als üblich. Ich war krank vor Sorge, als ich von der Arbeit gekommen bin und du nicht hier warst. Sonst hast du doch auch nie irgendetwas vor.«
»Danke, dass du mich daran erinnerst«, entgegne ich seufzend. »Es tut mir wirklich leid, Mom.«
»Was für Freunde waren das denn außer Stacey?«
Mir ist nicht wirklich danach, ihre Neugierde zu stillen, vor allem, wenn man bedenkt, dass sie sowieso nur das schlimmste von diesen ›Freunden‹ halten wird. Trotzdem zähle ich all die Namen auf und ignoriere mein Handy, das vor mir auf dem Küchentisch vibriert.
Natürlich bewertet meine Mom sofort alles mit Vorurteilen. »Von Porter Sinclair hört man aber nichts Gutes. Ich kenne seine Eltern von ein paar schulischen Veranstaltungen und glaub mir, wenn ich dir sage, dass sie zu den Leuten gehören, die mich schief ansehen, sobald sie bemerken, dass ich alleinerziehend bin.«
Sie redet noch weiter, aber ich rühre nur nachdenklich in meinem Müsli herum. Mein Handy vibriert erneut, weshalb ich schließlich doch einen Blick auf das Display werfe. Die Nummer ist unbekannt.
»Maya, ich rede gerade mit dir«, sagt Mom. »Bitte leg das Handy weg.«
»Ich bin aber schon rangegangen«, flüstere ich mit großen Augen und lege mir das Display an mein Ohr. »Hallo?«
»Maya?« Porters Stimme ist wie immer tief und angenehm, nur klingt sie ein wenig nervöser als sonst. »Bitte sag, dass du nicht Warren oder Kyler bist.«
Ich muss schmunzeln. »Gut zu wissen, dass ich wie ein Kerl klinge. Woher hast du meine Nummer?«
»Ich habe Daniel angerufen, der dann Abraham angerufen hat, damit ich dich irgendwie erreichen kann.« Die Worte purzeln nur so aus seinem Mund heraus. »Ich brauche deine Hilfe, Cherry.«
Beunruhigt stehe ich von meinem Stuhl auf. »Was soll ich tun? Wo muss ich hinkommen? Brauche ich eine Waffe?«
Endlich höre ich sein tiefes, ansteckendes Lachen, das mir aus irgendeinem Grund eine Gänsehaut beschert. »Lawrence steht schon vor deiner Haustür. Er wird dir während der Fahrt alles erklären, okay?«
Stirnrunzelnd nicke ich. »Okay.«
»Nicht. Okay.« Meine Mom ist ebenfalls von ihrem Stuhl aufgestanden und sieht alles andere als glücklich aus. »Habe ich vergessen zu erwähnen, dass du Hausarrest hast? Wir werden den Sonntag damit verbringen, Kekse zu backen und uns Tierdokus anzusehen.«
Ungläubig ziehe ich die Augenbrauen zusammen. »Ich bin gleich da«, sage ich zu Porter und lege dann auf. Seufzend fahre ich mir durch die verknoteten Haare und sehe an mir herunter, aber die Jogginghose und das weite T-Shirt mit der Aufschrift »I never lose, I either win or learn« sind gerade nicht mein größtes Problem.
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Die Kuss-Deadline | ✓
Romance[BAND 1] Jedes Jahr spielen die Juniors der Millbrook Highschool ein Spiel namens »Die Kuss-Deadline«, bei dem jeder Kerl einen zufälligen Namen zieht und dieses Mädchen dann bis zum Ende des Schuljahres dazu bringen muss, ihn zu küssen. Normalerwei...