KAPITEL 32 | BRITTANY

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Ich erinnere mich noch sehr gut an den Tag, der dafür gesorgt hat, dass mir alles egal geworden ist. Es war mit ziemlicher Sicherheit ein Montag, weil an Montagen sowieso immer alles schiefläuft, was mit der miesen Laune am Morgen bereits anfängt. Mom und Dad haben Porter und mich an besagtem Montag vor der Grundschule abgesetzt und uns einen schönen Tag gewünscht.

Wahrscheinlich wären das nicht deren letzten Worte gewesen, wenn sie gewusst hätten, was nach diesem Tag aus mir geworden ist.

Als wäre es erst gestern und nicht fast zehn Jahre her, weiß ich noch ganz genau, wie mich die Blicke meiner Mitschüler verunsichert haben. Sogar Porter hat es verwirrt, dass mich alle ignorierten. Nicht einmal meine damalige beste Freundin Mindy hat mit mir gesprochen.

Ich war für jeden wie Luft. Mindy war dann doch die Erste, die in der Pause zu mir gekommen ist und mich aufgeklärt hat. Zuerst hat sie mir irgendeine Lüge aufgetischt, damit sie mein Pausenbrot essen darf, was mich bis heute wütend macht. Erst dann ist sie mit der Sprache herausgerückt.

»Dich mag einfach niemand, Britty«, hat sie gesagt. »Warum sollte dich auch irgendjemand mögen?«

Für mich war das damals wie der Untergang der Welt. Und es war auch nicht das erste Mal, dass ich so etwas hören musste. Leider. Schon bevor ich in die Middle School gekommen bin, hatte ich mich drastisch verändert, aber ab da habe ich dann wirklich ständig Ärger gemacht.

Ich hatte vor, meinen Mitschülern einen Grund zu geben, mich nicht zu mögen. Manchmal tue ich das immer noch. Wenn ich das Gefühl habe, ich wachse jemandem zu sehr ans Herz, dann sage ich irgendetwas, um wieder zu der Brittany zu werden, die es einem unmöglich macht, sie zu mögen.

Richtig ist das nicht, aber ich tue es nun fast schon reflexartig. Dass Porter mich vor Paxton verteidigt hat, ist eines der Beispiele, warum ich nicht will, dass mich irgendjemand mag. Und dass ich ihm seitdem das Gefühl gebe, als hätte mir dieser kurze Moment, bevor Auden uns unterbrochen hat, nichts bedeutet, macht sogar mich traurig.

»Was ist nur los mit mir?«, murmele ich vor mich hin, während ich den Rock meiner Schuluniform anziehe und die Klamotten fürs Cheerleading in den Rucksack stopfe.

Wie so oft werfen mir die anderen Mädchen in der Umkleide schräge Blicke zu, nur Stacey beäugt mich fast schon neutral. Ich ignoriere sie und frage mich, seit wann mir Porter so unter die Haut gegangen ist, dass ich mindestens siebzig Prozent meiner Zeit damit verbringe, an ihn zu denken. Manchmal glaube ich sogar, dass der Umzug mit den Sinclairs nichts Schlechtes ist, weil ich an meiner neuen Schule wenigstens nicht mehr als die Schlampe gelte.

Andererseits prallt dieses Wort fast schon an mir ab.

Nichts entschuldigt die Tatsache, dass ich Auden monatelang nicht in Ruhe lassen konnte. Dafür habe ich mich bei ihm entschuldigt, kurz bevor ich Maya im Josie's besucht habe, aber nicht nur das. Ich war ebenfalls diejenige, die ihm geraten hat zu ihr zu gehen, denn man kann es sechsten Sinn nennen, aber ich wusste irgendwie, dass etwas zwischen ihnen passieren würde.

Es hat mich trotzdem Überwindung gekostet Auden reden zu hören, wie sehr er Maya anbetet, weil ich so etwas nie erfahren durfte. Jeder Blinde würde sehen, dass Maya für ihn immer an erster Stelle steht und er nur das Beste für sie will. Ich will so etwas auch. Vorher muss ich jedoch anfangen mich nicht mehr wie ein Arschloch zu benehmen.

»Hey, Brittany!«

Überrascht hebe ich den Kopf. Stacey ist diejenige, die vor mir steht und mir mein Haargummi hinhält. Am liebsten würde ich es ihr aus der Hand reißen und ohne ein Wort gehen, aber ich versuche sogar ein wenig zu lächeln und ringe mir ein »Danke« ab. Für viele mag das nicht so schwer sein, für mich ist es etwas völlig Neues nett zu Menschen wie Stacey zu sein. Aber da Maya ja einigermaßen in Ordnung ist, glaube ich nicht, dass ich mich Stacey gegenüber unfair verhalten muss.

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