KAPITEL 30 | MAYA

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Bis heute weiß ich nicht, ob ich meine besten Freundin Stacey Brenton dankend umarmen oder umbringen soll. Indem sie mich am Anfang des Schuljahres dazu überredet hat, zur Willkommensparty zu gehen, hat sich alles geändert, genau wie sie es komischerweise vorausgesehen hat. Wäre ich Porter und Auden nicht auf so skurrile Weise begegnet, würde ich mich immer noch in meinem Zimmer verstecken, anstatt mir Freunde zu suchen und meine Highschool-Zeit zu genießen.

Beides habe ich dieses Jahr mehr oder weniger getan. Ich habe mich verliebt — in gleich zwei Kerle, die auf ihre Weise absolut perfekt sind. Ich habe neue Freunde gefunden wie Audens Cousins, Warren und vielleicht auch Brittany. Ich stand in diesem Jahr vor dem Lauf einer Waffe, war auf insgesamt drei Partys und war an Schulevents und an den Basketballspielen anwesend.

All das wurde allein durch Stacey ausgelöst, die gerade vor mir auf dem Boden meines Zimmers sitzt, sich mit mir alte Fotos ansieht und dabei eine ganze Familienpizza alleine isst.

»Bist du sicher, dass du keinen Hunger hast?«, fragt sie mit vollem Mund, wobei sie sich die schwarz gefärbten Haare hinter die Ohren streicht.

Ich schüttle schmunzelnd den Kopf. Mein Appetit ist seit ein paar Tagen wie ausgelöscht, wenn ich an den Kuss mit Auden denke. Sogar jetzt habe ich das Gefühl dahin zu schmelzen, wenn ich mir seine Hände und Lippen wieder in Erinnerung rufe. Was würde ich alles dafür geben die Zeit zurückzudrehen und Auden wieder hautnah spüren zu können?

Zwar habe ich Stacey noch nichts davon erzählt, aber das ändere ich, bevor ich das nächste Fotoalbum heraushole. »Ich muss dir etwas sagen, Stace.«

Sofort hört sie mit dem Kauen auf.

»Du wirst es niemals erraten«, rede ich mit roten Wangen weiter. »Nicht einmal, wenn wir bis morgen hier sitzen würden, könntest du erraten, dass ich —«

»Du hast rumgeknutscht!«, ruft sie auf einmal glücklich und wirft das Pizzastück zurück auf ihren Teller.

Perplex blinzle ich mehrmals. »Woher weißt du das?«

Sie macht den Eindruck, als würde sie am liebsten aufstehen und in meinem Zimmer herumhüpfen, aber sie hält sich gerade noch so zurück. »Ich weiß es einfach, also lass mich raten mit wem: Es war Auden, nicht wahr?«

»Hast du so eine Art sechsten Sinn?«

Stacey kommt mir immer mehr wie eine Hexe vor.

Sie zwinkert mir geheimnisvoll zu. »Ich sehe es dir einfach an. Erzähl mir alles, Maya-Biene, ich will wirklich jedes Detail wissen.«

Na, wenn das so ist, werde ich mich mit Sicherheit nicht zurückhalten.

Vor jedem anderen wäre es mir peinlich von meinem ersten Kuss zu erzählen, aber bei Stacey fühle ich mich mit fast jedem Thema wohl. Es tut gut, dass meine beste Freundin endlich auch auf dem neuesten Stand ist und sie beinahe durchgehend grinst.

»Ich weiß einfach nicht, ob es echt ist«, sage ich irgendwann seufzend. »Von meiner Seite aus ist es zu hundert Prozent echt, aber Auden ... ich weiß nicht, ob das nur eine einmalige Sache für ihn war.«

»Das glaubst du doch wohl selbst nicht. Außerdem hat er sich in den letzten Tagen wie immer verhalten.« Stacey sieht nachdenklich nach oben und spitzt dann die Lippen. »Eigentlich fand ich, dass er dich sogar noch mehr angesehen hat als sonst. Und das soll etwas heißen.«

Ich lächle in mich hinein, werde dann aber sofort wieder ernst. »Aber er macht keine Anstalten dazu mir irgendwie näherzukommen. Es ist, als würde er sich davon abhalten mich nur zu umarmen

Stacey legt bloß seufzend den Kopf schief, aber ich weiß auch so, was sie damit sagen will. Ständig meint sie, dass ich mir wegen Auden keine Sorgen machen müsste, aber das ist einfacher gesagt als getan. Immerhin ist da noch Porter, um den Auden sich natürlich Sorgen macht und der seltsamerweise den Eindruck macht, als wüsste er längst von dem Kuss.

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