KAPITEL 26 | MAYA

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Porter wirkt heute irgendwie anders. So niedergeschlagen und nachdenklich. Normalerweise würden wir im Baumhaus Chemie lernen, aber heute regnet es so stark, dass ich vorgeschlagen habe, wir könnten die Nachhilfestunde bei mir halten. Das hat natürlich nichts damit zu tun, dass wenn wir zu Porter nach Hause gehen würden, ich unter gar keinen Umständen mit Porter und Auden in einem Raum sein will.

Wirklich nicht.

Obwohl Porter und ich nun schon fast das ganze Schuljahr lang befreundet sind, war er noch nie bei mir zu Hause. Vielleicht wollte ich es bisher nicht zugeben, aber ich habe mich oft nicht getraut ihn einzuladen, weil diese Drei-Zimmer-Wohnung, für die meine Mom hart arbeitet und ich als Kellnerin im Josie's mithelfe, ihn ja wohl kaum beeindrucken wird. Glücklicherweise weiß ich spätestens jetzt, wie lächerlich das ist, weshalb ich Porter nun erstaunlich gelassen die Wohnung zeige.

Trotzdem merke ich, dass irgendetwas nicht mit ihm stimmt. Bevor ich den Türgriff zu meinem Zimmer nach unten drücke, drehe ich mich noch einmal zu ihm um. Ich stehe jetzt weitaus näher vor ihm als vorhin und habe den besten Ausblick auf seine schmale gerade Nase, das stark ausgeprägte Kinn und ...

»Warte mal.« Ich strecke meine Hand aus und drehe sein Gesicht einmal von rechts nach links, um es besser begutachten zu können. »Woher hast du das Veilchen an deiner Wange, Porter?«

»Was für ein Veilchen?« Er tut so, als wüsste er nicht, was ich meine und zeigt stattdessen auf meinen Kopf. »Kurze Haare sehen übrigens besonders sexy an dir aus, Cherry.«

Mir bleibt bei einen für einen Moment die Luft weg, dann fange ich mich wieder. Schließlich ist Porter verletzt, auch wenn das Veilchen nicht frisch aussieht. »Hast du dich etwa geprügelt

»Du bist jetzt schon die Dritte, die mir das nicht zutraut. Zuerst Brittany, dann Trixie ...« Er verdreht kurz die Augen und sieht seine Hündin, die brav vor uns sitzt und leise hechelt, gespielt vorwurfsvoll an. »Und jetzt auch noch du, Cherry.«

Ich muss lachen, weil er zu süß ist, wenn er so tut, als wäre er eingeschnappt. »Tut mir leid, aber du musst zugeben, dass das untypisch für dich ist.«

Porter nickt langsam und einsichtig. »Ich hatte Auden gezwungen mein Sidekick zu sein.«

»Das wiederum ist ziemlich typisch für dich.«

Leise lachend öffne ich die Tür und zeige Porter mein Zimmer, das sich mit ziemlicher Sicherheit vom Rest der Wohnung deutlich unterscheidet. Er und Trixie sehen sich neugierig um, wobei Letztere sofort auf mein Bett springt und es sich dort gemütlich macht. Porter begutachtet dafür das riesige Bücherregal, das so vollgestopft ist, dass ich einige Romane auf die nach Farben sortierten Bücher stapeln muss.

»Ich wusste nicht, dass du so viel liest«, murmelt er, während er ein Buch herausholt und den Klappentext überfliegt.

Ich setze mich zu Trixie und streichele sie lächelnd. »Na ja, ich wusste auch nicht, dass du so auf Schlägereien stehst.«

»Diese Typen hatten es verdient, glaub mir. Paxton hat außerdem deutlich mehr abbekommen als ich, obwohl ich zugeben muss, dass das Meiste davon Audens Werk war. Du hättest ihn sehen müssen, Cherry, er war der furchtloseste Sidekick, den —«

»Ihr habt euch mit Paxton Carver angelegt?«, hake ich ungläubig nach.

Er dreht sich zu mir um und nickt.

Paxtons Name ist im letzten Schuljahr zwischen Stacey und mir öfter gefallen. Er war derjenige, der sie nach zwei Dates überredet hat, mit ihm zu schlafen, und das auf die schlimmste Art überhaupt: Er meinte, er würde sie lieben und so naiv, wie meine beste Freundin damals noch gewesen ist, hat sie ihr erstes Mal an diesen Idioten verloren.

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