⚠️▫Kapitel 이십 일/1▫⚠️

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Gute Sitten haben für die Gesellschaft mehr Wert als alle Berechnungen Newtons. Friedrich II., (1712-1786), preußischer König

Jungkook

16.Oktober, Montag

Sobald ich den Vorhof der heruntergekommenen Einkaufsstraße erreiche, fällt mein Blick auf einen trotteligen Typen, der mit Fernglas bäuchlings auf einer Camouflageplane vor "Pjöyang's" liegt und mich durch ein Fernglas beobachtet. 

"Namjoon..?", rufe ich vorsichtshalber nach meinem besten Freund, der im Inneren des Ladens irritiert den Kopf anhebt, gerade so, dass ich ihn hinter dem abgeklebten Schaufenster sehen kann. 

Scheinbar kniet er auf dem Boden, denn er richtet sich nun im sichtdurchlässigen Teil des Schaufensters auf und kommt zur Ladentür, die ausnahmsweise nicht offen steht, während er sich die ölverschmierten Hände an einem alten Lappen sauberwischt. 

Fassungslos schüttle ich den Kopf und deute auf den unqualifizierten Spanner, der mit weit aufgerissenem Mund durch sein Fernglas starrt. Namjoon erschrickt für einen Moment, scheint dann aber einen groben Durchblick zu bekommen, wonach er den Typen augenrollend an seinem Oberarm packt und ihn hinter sich in den Laden schleppt. 

Er wirft einen Blick zurück, schielt kurz gen Himmel und grinst mich dann an wie ein Papabär. "Komm doch rein, es wird bald regnen." 

Schluckend folge ich Namjoon in den ehemaligen Taschenladen, in dem es noch heute entfernt nach Lederpolitur und Geldscheinen riecht, wenn man es schafft, den Geruch von Zigarettenqualm und Sprühdosenfarbe auszublenden. 

So wie es aussieht hat mein Kumpel an der alten, vergilbten Heizung herumgebastelt und den schwierig zu bedienenden Temperaturregulator endlich mal eingefettet. 

Gedankenverloren tigere ich am Verkaufstresen entlang und lasse meinen Zeigefinger nachdenklich über die staubige Auslagefläche wandern, auf der ich eine kleine Spur hinterlasse, die aussieht wie eine Schlange. 

Schlange. Automatisch greife ich mir an den Hals und fühle die filigrane Silberkette zwischen Daumen und Indexfinger. Anscheinend hat die Begegnung mit dem Fremden vor der Tür meine Gedanken durcheinandergebracht, für einen Moment überschattet die Verwunderung die Wut, die bis eben noch ungezähmt in mir gebrodelt hat. 

Just in diesem Moment höre ich ein lautes Platschen und als ich meinen Kopf zum Ursprung des Geräuschs hinwende, fällt mein Blick auf die offenstehende Badezimmertür, wo Namjoon dem Fremden, der bis eben noch lautstark gemurrt hat, offensichtlich einen Putzeimer voller Wasser über den Kopf gegossen hat.

"Alles ok bei ihm?", erkundige ich mich sicherheitshalber und wende mich wieder der mit Krimskrams vollgestellten Auslagefläche zu. 

"Ja, ja", flötet Namjoon sorglos, "der gute Johnny hier hat nur mal wieder irgendwas geraucht, was er absolut nicht gut weggestecken kann, aber keine Sorge, bis morgen früh geht es ihm wieder prima."

Etwas misstrauisch nicke ich, auch wenn mir bewusst ist, dass mich Namjoon durch den Türspalt vermutlich nicht sehen kann. 

Angestrengt schiebt er all die restliche Gliedmaßen 'Johnnys', oder wie auch immer sein Name sein mag, mit in die Badewanne, wo der bis auf ein erschöpftes, leises Stöhnen plötzlich ziemlich beruhigt scheint.

An der Art, wie die Stimme meines Freundes lauter wird und näher kommt, kann ich ausmachen, dass Namjoon zurück in den Verkaufsraum kommt, trotzdem zucke ich erschrocken zusammen, als er direkt hinter mir zu sprechen beginnt. 

"Ich glaube, der hat dich für einen Elefanten gehalten oder so in der Art. Also, was verschlägt dich her und wieso in Gottes Namen hast du einen Turnbeutel dabei?"

Ich stelle die kleine Entenfigur, die ich bis eben betrachtet hatte, zurück an ihren Platz und wende mich um zu meinem besten Freund.

Der lehnt mit fragend hochgezogenen Augenbrauen an der Wand und verschränkt die Hände hinter dem Rücken, eines seiner Beine hat er angewinkelt und wackelt munter mit dem Knie. 

"Hast du meine Nachricht nicht bekommen?", schlucke ich ungläubig. Er schüttelt wie selbstverständlich mit dem Kopf. 

"Nö, ich hab den ganzen Tag in der Gegend rumrepariert." Seine Achseln zucken locker in die Höhe. "Ist was?"

Von draußen fährt ein Donnergrollen durch die Straßen nur ein paar Sekunden später reißen die Wolken auf und es schüttet wie in Strömen. 

"Ungemütlich", kommentiert Namjoon beiläufig das Wetter, "gut, dass du nicht zehn Minuten später hier aufgekreuzt bist, sonst wärst du ordentlich durchgeschäumt worden! Setz dich einfach aufs Sofa, ich mach uns erstmal etwas Warmes zu trinken und dann wachst du endlich aus deiner Scheinhypnose auf und redest mit mir, ja? Lass dir doch nicht  immer alles aus der Nase ziehen."

"Ach, und Jungkook? Wenn du nicht vorhast zu antworten, dann mach den Mund zu, du guckst drein wie ein Ufo!", und schon ist er wieder in ein anderes Zimmer verschwunden.

Bis mir Namjoon dann eine heiße Schokolade vorsetzt und selbst Platz nimmt, vergeht eine ganze Weile, doch zumindest habe ich bis dorthin wieder meine Worte gefunden und kann ihm endlich erzählen, was heute in der Schule vorgefallen ist.

"Und jetzt kann ich einfach nicht mehr mit ihm zusammenwohnen!", lege ich dar und betrachte die weiche Haut meiner Hände. Mein Daumen fährt unaufhaltsam über das erwärmte Porzellan der grottenhässlichen Tasse.

Namjoon hat lange kein Wort mehr gesagt, sondern nur ab und an seltsame Laute von sich gegeben, um mir zu signalisieren, dass er mir noch aufmerksam zuhört. 

So wie jetzt: "Puuuuhhh!", stößt er überfordert Luft aus und kratzt sich an den kurz rasierten, blond gefärbten Seiten. 

"Jungkook?", murmelt er irgendwann, sodass ich aufsehe. Seine dunklen Augen bohren sich mit ihrem intensiven, jedoch verunsicherten Blick tief in meinen Kopf, woraufhin ich wie von selbst nervös auf meiner Unterlippe herumkaue. "Kann es sein, dass du ihn liebst?"

Erschöpft lasse ich den Kopf hängen und quengele beleidigt: "Namjoon, dass ist doch jetzt nicht das Thema!" Natürlich hat er genau ins Schwarze getroffen. Ich habe Gefühle für Yoongi entwickelt, deshalb beschäftigen mich seine Taten umso stärker.

"Jedenfalls habe ich mich schon mehr oder weniger an ihm gerächt.", werfe ich jetztirgendwie stolz ein und grinse meinen besten Kumpel an: "Ich hab ihm quasi das ganze Giftpulver in den Drink geschüttet!" 

Gerade als Namjoon die Augen langsam aufreißt und sich nervös räuspert, klingelt mein Telefon.

Es ist Michel, und er hat mir etwas ganz und gar nicht Gutes mitzuteilen.




poı§on, vənom, toxıc  ~yoonkook ~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt