⚠️▫Kapitel 열세▫⚠️

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Lerne den Ton der Gesellschaft anzunehmen, in der du dich befindest. Adolph Freiherr von Knigge, (1752-1796), deutscher Jurist, Beamter und Satiriker

Yoongi

28. September, Donnerstag

Ich habe mich immer Dinge gefragt wie: Seit wann ist Jungkook so nett zu mir? Warum schimpft mich Jungkook in dieser und jener Situation nicht aus? Wieso hat Jungkook eine so zum kotzende Art, blah blah?

Inzwischen ist mir klar geworden, dass Jungkook nicht weniger nett war als andere Menschen, nur vielleicht etwas strenger erzogen als die meisten und deshalb sehr gewohnt an die typische Schickimicki-Etikette. Unsere erste Begegnung im Internat war einfach nur ein riesen Bockmistspektakel und somit nicht gerade die beste Grundlage, um ihn darauf basierend einzuschätzen.

Immer, wenn er etwas getan hat, was freundlich oder zuvorkommend war, habe ich es als große Ausnahme angesehen, ihm misstraut oder ihn gar zurückgewiesen. Die Male, wenn er mich korrigiert oder etwas harscher um so manches gebeten hat, habe ich viel öfter, deutlicher und schlimmer wahrgenommen, als sie tatsächlich waren, einfach weil ich davon ausgegangen bin, dass sich sein Charakter darüber definiert.

Lange Rede, kurzer Sinn: Heute weiß ich, dass mein Zimmernachbar ganz normal oder wohl eher sogar schwer in Ordnung ist und kein Typ, den man absichtlich triezen oder auf die Palme bringen will, wenn man ein Herz hat.

Und weil ich das endlich erkannt habe, ist es auch langsam bitter nötig zu tun, wofür ich lange Zeit zu stolz war. Ich habe versucht, ihm durch Gegenleistungen und Höflichkeiten meine Erkenntlichkeit für sein Handeln zu zeigen, aber das reicht nicht. Deshalb will ich mich heute bei ihm bedanken und mich für mein Verhalten entschuldigen.

Mein Handywecker bimmelt mich pünktlich aus dem Schlaf. Ich deaktiviere ihn, rücke mein Kissen zurecht, ziehe die Decke nach und warte darauf, dass sich DaDae auf meinem nackten Oberkörper ebenfalls rührt. Aber meine Freundin macht keine Anstalten, sich auch nur zu bewegen. "Hey.. Sternbärchen..", gebe ich ihr einen kleinen Stups, woraufhin sie endlich blinzelt, sich genüsslich streckt und mir dann einen Kuss auf die Lippen haucht.

"Minnie! Wieso weckst du mich, wir haben doch gerade einmal eine Dreiviertelstunde geschlafen." Ich verdehe die Augen. "Es ist schließlich auch mitten am Tag." "Aber wir hatten auch Sex! Du weißt doch genau, wie fertig ich danach immer bin.", säuselt sie und knabbert mir am Ohrläppchen.

Zugegeben - etwas unsanft schiebe ich sie an ihren Brüsten von mir weg und schwinge mich selbst aus dem Bett. Obwohl DaDae sich eben noch bemüht hat, so viel Decke wie möglich um ihren nackten Körper zu hüllen, lässt sie den kühlen, blauen Seidenstoff links liegen und greift nach der Jeans, die ich mir kralle, nachdem ich meine Boxershorts übergestülpt habe.

"Komm zurück ins Bett", keift sie, "ich hab Lust auf eine zweite Runde." Eilig entreiße ich ihr die Jeans wieder und versuche ihr klar zu machen, dass ich dringend in die Stadt muss, bevor kein Bus mehr fährt. Sobald ich aber meinen Pullover überziehe, macht sie sich wie zwei Stunden zuvor an meinem Reißverschluss zu schaffen.

Schnaubend schucke ich sie von mir weg. Meine Freundin ist kurz geschockt, verzieht dann aber grimmig die Augenbrauen: "Achso. Für den Sex bin ich anscheinend gerade noch gut genug, ja? Aber bloß keine Sekunde zu viel mit mir verbingen. Ich bin verletzt, Yoongi. Seit du auf dieser beschissenen Schule bist, verbringen wir kaum noch Zeit miteinander, haben uns allein diesen Monat höchstens fünf Mal gesehen, und jetzt, wenn wir einen einzigen Tag für uns haben, spritzt du einmal in mich rein und verpisst dich dann?! Jungkook läuft dir nicht weg, du siehst ihn jeden verschissenen Tag und kannst dich selbst um drei Uhr morgens bei ihm entschuldigen, wenn du wolltest. Du kennst dieses Typen nicht halb so gut wie mich, mochtest ihn die längste Zeit über nicht einmal und nun sprengst du unser Treffen, so gesehen fast schon einen Termin, um ihm ein tolles, kleines Geschenk zu kaufen?!"

Ich traue mich nicht, sie auch nur anzusehen. Immerhin hat sie recht. "Der Sex war doch auch ganz schön...", versuche ich mich und schlüpfe in meine Sneaker. "AUCH GANZ SCHÖN?!", brüllt sie außer sich und wirft ein Kissen nach mir.

"Du bist so ein Arschloch, Yoongi! Verpiss dich endlich!", wirft sie mir laut kreischend an den Kopf. Bevor schwerere Gegenstände als Daunenkissen durch die Gegend fliegen, verschwinde ich so schnell wie möglich aus der Wohnung, höre sie aber noch bis ins Treppenhaus wimmern und schluchzen.

Schöne Scheiße, keine Ahnung, wie ich das wieder gut machen soll. Das letzte Mal, als wir uns so heftig gestritten haben, beziehungsweise sie mich so angeschrien hat, ist Wochen her. Aber heute, kann ich wirklich nicht. Erstens war ich nicht mal in der Stimmung für Sex, zweitens hat Jungkook an diesem Tag Vorrang, einfach, weil ich an diesem Tag Vorrang habe. Denn die Entschuldigung bei ihm, bedeutet mir selbst für mein Gewissen umso mehr.

Also schicke ich DaDae in irgendein dunkles Eck in meinem Hirn, sich jetzt den Kopf über sie zu zerbrechen wäre sowieso Zeitverschwendung, wenn sich damit nichts an der Situation ändern lässt.

Sobald ich in die Nähe des Einkaufszentrums komme, fangen meine Augen an zu glitzern. Meine Freundin hat Recht, ich habe mir überlegt, Jungkook eine Kleinigkeit zu kaufen. Nichts Teures, nur um meine Worte zu untermauern und wegen der netten Geste, vielleicht findet er es ja auch vornehm oder so. Lächelnd steuere ich einen kleineren Laden im untersten Stockwerk an, der mir schon bei dem Gedanken an ein kleines Geschenk in den Sinn gekommen ist.

Jungkook

28. September, Donnerstag:

"Ähhhm, was ist das?", frage ich etwas skeptisch und neige meinen Kopf zur Seite. Die pralle Vorabendsonne, die hinter mir durchs Fenster scheint, drängelt um meinen Kopf und strahlt die quadratische, weiße Schmuckschachtel mit der, im Sonnenlicht glänzenden, goldenen Schleife, die in der Kule von Yoongis Handflächen liegt, an.

Er steht überglücklich grinsend ganz unscheinbar da und hält mir das Päckchen unter die Nase. "Das ist für dich, als kleine Entschuldigung, weil ich immer so zickig zu dir war.", erklärt er mir schüchtern und traut sich dabei gar nicht, mir nur in die Augen zu sehen.

"Und außerdem als Dankeschön..." Ich greife neugierig nach dem Geschenk und löse vorsichtig die goldene Schleife. Nebenbei frage ich irritiert: "Danke wofür?" "Auch wenn du nervst, du meinst es nur gut. Du überraschst mich immer wieder, pflegst mich gesund, hörst mir zu, kümmerst dich, kochst fantastisch, zeigst mir deine Tricks, nimmst mich zu coolen Partys mit, unternimmst Dinge mit mir, stellst mir deine stylischen Klamotten zu Verfügung, schmeißt den ganzen Haushalt und bist für mich da. Einfach nur so."

Kichernd friemle ich die restliche Verpackung auf. "Ach halt doch die Klappe, ich fang gleich noch an zu weinen." Der weiße Schatullendeckel lässt sich endlich lösen und zum Vorschein kommt ein für Männerschmuck sehr filigranes Silberkettchen mit einem daumennagelgroßen Anhänger. Eine Cobra, die ihren Hals aus einem aufgeringelten Häufchen ihres Körpers streckt.

"Wow, wenn du an mich denkst, siehst du also eine Schlange?", frage ich scherzeshalber nach. Er schüttelt heftig den Kopf und dreht mir den Anhänger auf den Kopf. "Mit viel Fantasie ist es eine Musiknote. Weil du doch so gerne feierst und dann richtig aus dir rauskommst."

"Mit viel Fantasie bist du ein Spinner", ärgere ich Yoongi, "und ob du mich für eine Schlange hältst, Penner." Mein Mitbewohner landet ohne Umschweife im Schwitzkasten, wo er zeternd weiterhin beschwört, dass er die Kette wegen der symbolischen Bedeutung der Musiknote gekauft hat.

Ich schaue ihm dankbar lächelnd in die Augen, die mindestens doppelt so freudig zurückstrahlen. "Danke, Mann. Damit habe ich echt nicht gerechnet. Hätte nie geglaubt, sowas mal von dir zu hören."

Jungkook

29. September, Freitag

Fuck, in ein paar Stunden ist Schule und ich bin immer noch wach, was man von Yoongi seit zwei Stunden schon nicht mehr behaupten kann. Mein Bettnachbar schlummert friedlich und macht irgendwelche himmlischen Ausflüge ins Land der Träume, während er das Objekt ist, über das ich mir hier den Kopf zerbreche.

Mit meinen beiden Fingern taste ich nach der Silberkette um meinen Hals und bekomme sie zwischen Zeigefinger und Daumen, wobei ich mit Letzterem immer wieder über die feine Rillentextur des unscheinbaren Silberanhängers und verkeife mir die Tränen.

Namjoon hatte sowas von Recht mit seinem Rat, ich habe es mit meinem scheinheiligen Getue wirklich geschafft, Yoongi zu einem besseren Menschen zu erziehen. Aber er hat mit keinem Wort erwähnt, wie gemein und blöd ich mir danach vorkommen werde.

poı§on, vənom, toxıc  ~yoonkook ~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt