⚠️▫Kapitel 여덟▫⚠️

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Manieren erfordern Einfühlungsvermögen. Wer das hat, hat auch Manieren, da ist es dann egal, welches Besteck er nimmt. Peter Schumacher, (1941 - 2013), Aphroistiker und Publizist

Yoongi

8. September, Donnerstag

Zum Glück sitzen alle noch im Vorraum und verstauen irgendwelche Jacken und Taschen auf einsamen Stühlen oder in irgendwelchen Ecken des Zimmers. Interessiert lasse ich meinen Blick durch die wenn auch sehr kleine Menschenmenge wandern. Viele sind es nicht, keine zwanzig, die meisten Mädchen oder deren Freunde, die sie mit sich mitgeschleppt haben.

Einige lächle ich etwas schief an, schließlich verbindet uns alle dasselbe Schicksal. Gut, ich gebe zu, in gewissermaßen ist es nicht ganz so schlimm hier zu sein. Klar, das mit der Anwesenheitspflicht war leider keine Lüge, aber aus irgendeinem Grund freut es mich, dass Jungkook meint, wir könnten vielleicht Freunde werden.

Was ich auch tue und so sehr wir uns unterscheiden, ich hänge an ihm. Manieren beibringen wird er mir trotzdem nicht, ich bleibe Min Yoongi, samt großer Klappe und eisernen Fäusten. Ich spiele Jungkook den edlen Ritter vor, er fällt darauf rein und wird etwas lockerer. Jedenfalls, wenn er sich an sein Versprechen hält. Wenn ich ihn mir so anschaue, wie er verloren im Raum steht und in der Gegend rumträumt, sieht er eigentlich ganz unschuldig und ehrlich aus.

Ich lege meinen Blick auf ihm ab und verfolge alles, was er betrachtet. Stumm blickt er aus den Fenstern und verfolgt eine Gruppe Jungs, die einen Ball über die Grünflächen prellen.

Klar, mir wäre eine Runde Sport auch lieber als das, aber Jeon hat uns schließlich selbst hierfür eingeschrieben, ich verstehe nicht, was er an diesen muskulösen Angebern mit Schwiegersohnlächeln so toll findet, dass er gleich näher ranmuss.

Schweigend wandern seine Fingerspitzen über den orange bestickten Gardinenstoff, bis er Halt findet und pausenlos an der vernähten Kante herumfummelt, ganz fixiert auf die Sportler.

Ich wage ein paar Schritte quer durch den Raum zu ihm ans Fenster. Der Schatten des weißen Rahmens lässt Jungkooks Emotionen total verschwinden und so sehe ich nicht, wie er reagiert, als er mir auf meine Frage antworten soll:

„Was gibt's da draußen Interessantes zu sehen, außer den Hausmeister und diese Jungs da?"

Zu einer Antwort kommen wir nicht mal, weil die Nebentür brisant aufschwingt und ein Anzugträger alle mit einem intensiven Kopfnicken dazu einlädt, ihm ins Nebenzimmer zu folgen.

Jungkook erwacht aus seiner plötzlichen Starre und klopft mir aufmunternd auf die Schulter: „Bitte geh doch schon mal vor und halte mir einen Platz frei, ich muss dringend aufs Klo."

Seufzend setzte ich mich in Bewegung und spüre, wie Jungkooks vertraute und anziehende Anwesenheit, die ich über meinen Rücken wandernd wahrgenommen habe, sich immer weiter entfernt.

Jungkook

8. September, Donnerstag

Eilig mache ich mich aus dem Raum, allerdings nicht, ohne meine Hand blitzschnell in Yoongis Jackentasche fahren zu lassen, aus der ich im gleichen Zug geschickt sein Handy fische, denn das Schattenspiel an der gegenüberliegenden Wand bestätigt mir, dass sich die anderen gerade konzentriert verbeugen.

Sobald ich die Tür vorsichtig hinter mir geschlossen habe, muss ich aufatmen und an die nebenanliegende Wand lehnen. Erschöpft gleite ich daran nach unten auf das kalte Linoleum, auf das ich meine feuchten Handflächen drücke.

Das hier fühlt sich gerade gar nicht gut an. Schon allein, dass ich Yoongis Handy klaue und damit sein Vertrauen breche macht mich fertig, aber was ich vorhabe ist noch schlimmer. Mit zitternden Händen hebe ich das kurz zuvor neben mir abgelegte weiße IPhone vom dunklen, spiegelnden Boden, in dem mich meine verschlagenen, hinterlistig brav schimmernden Augen anvisieren. Schlimm, wie man sich in sich selbst täuschen kann.

poı§on, vənom, toxıc  ~yoonkook ~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt