⚠️▫Kapitel 십구▫⚠️

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Der einzige Mensch, der sich vernünftig benimmt, ist mein Scheider. Er nimmt jedes Mal neu Maß, wenn er mich trifft, während alle anderen immer die alten Maßstäbe anlegen in der Meinung, sie passen auch heute noch. George Bernard Shaw, (1856-1950), irischer Dramatiker, erhielt 1925 den Literaturnobelpreis

Jungkook

16. Oktober, Montag

Ich kann nicht behaupten, dass ich von einem Menschen je so enttäuscht war, wie ich es gerade von Yoongi bin. Gerade, als ich dabei bin, ihm den einen Fehler zu verzeihen kommt er mit dem nächsten, viel schlimmeren um die Ecke.

Wenn ich nur an dieses Bild denken... Mir wird schlecht.

Auf wackligen Beinen torkle ich den Schulflur entlang, muss mich an der nächstbesten Wand festhalten und tief durchatmen. Nicht ist es Dadae, die mich anwidert, eher die ekelhafte Aktion von Yoongi.

Wie kann man nur etwas so Privates, etwas so unglaublich Intimes ohne ein Augenzucken ins Netz stellen?

Geschwächt klammere ich mich mit meinen kurzen Fingernägeln am rauen Putz der Korridore fest und hangle mich in Richtung der Herrentoiletten.

Mein Haferbreifrühstück fährt momentan Achterbahn durch meine Gedärme und in nicht absehbarer, aber keinesfalls ferner Zukunft wird es die finale Kurve durch meine Speißeröhre einschlagen und dann entladen werden. Hoffentlich in eine Toilette und nicht auf den dunklen Teppichboden, der hier überall verlegt ist.

Die anderen Schüler tun mir beinahe leid, die Toiletten sind sowieso nicht die saubersten und ich werde nicht gerade positiv dazu beitragen, aber bis zu den Schlafräumen schaffe ich es jetzt nicht mehr.

Als ich mich in die Kloschüssel übergebe, ist es, als würde ich mit jedem neuen Würgen jedes kleine bisschen Respekt, das ich vor Yoongi aufgebaut habe aus meinem Körper verbannen.

Nachdem sich Haferbrei und Respekt verabschiedet haben, wische ich mir benommen über die Mundwinkel und taumle zu den Schlafkorridoren. Jetzt, wo die Übelkeit verschwunden ist, spüre ich nur noch den Groll in mir.

Den Groll, den ich gegenüber Yoongi hege. Gegenüber den Leuten, die Dadae von nun an das Leben schwer machen werden. Aber vor allem den Groll gegenüber mir selbst, wie ich mich nur so in einer Person täuschen und auch noch Gefühle für sie entwickeln konnte! Yoongi hat sich kein bisschen geändert, er ist immer noch der mickrige, hundsgemeine Tyrann aus der Grundschule und wird auch niemals ein anderer sein.

Schluss damit! Ich muss hier raus!

Aber wohin kann ich gehen?

Auf die Schnelle fällt mir kein anderer ein, als mein guter, alter Freund Namjoon. Vielleicht kann er mich ein paar Tage beherrbergen, bis ich mich wieder unter Kontrolle bringen kann.

Es wird viel Ärger auf mich zukommen, wenn ich ohne Erlaubnis den Unterricht und die Obhut des Internates verlasse, hoffentlich bekommen meine Eltern keine Schwierigkeiten deshalb.

In meinem Zimmer angekommen, packe ich all meinen nötigen Krimskrams, mein Smartphone, meine Geldbörse, meine nötigsten Hygieneartikel, ein paar Kleidungsstücke in eine leere Sporttasche und bin fast schon auf dem Sprung, als mir einfällt, dass Namjoon ja gar nicht weiß, dass ich vorbeikomme und plane, mich bei ihm einzuquatieren.

Während ich ihm also eine Nachricht schicke, durchwühle ich beiläufig die Schreibtischschubladen nach etwas eventuell Wichtigem, was ich vergessen haben könnte, als sich meine Aufmerksamkeit auf eine kleine Plastikverpackung mit weißem Pulver zieht.

Mein Blick schweift zu einem geöffneten, halb leeren Energydrink auf dem Nachttisch meines Mitbewohners, die sich Yoongi morgens immer literweise hinter die Kante kippt, um im Unterricht nicht einzuschlafen, wenn er mal wieder die ganze Nacht durchgemacht hat. 

Was solls, er hat es nicht anders verdient!

Ohne mit der Wimper zu zucken schütte ich den ganzen Inhalt der Tüte in die Dose.

Yoongi

16. Oktober, Montag

Unbeholfen hämmere ich gegen die Tür meines und Jungkooks Schlafzimmer. "Jungkook mach auf! Lass uns reden, bitte! ...Jungkook? Jungkook!" Immer wieder donnert meine Faust gegen das dunkle Holz.

Endlich höre ich das Klicken des Schlosses und die Tür springt nach innen auf. Mein Bettnachbar steht vor mir, den Mund zu einem Strich verzogen, die Brauen erzürnt erhoben. Wortlos maßregelt er mich mit seinen Blicken.

Meine Augen wandern an seinem Körper nach unten und ich werde stutzig, als ich die schwarze Sporttasche sehe, die er hinter seinen Beinen zu verstecken versucht. Eilig packe ich den Arm und halte ihn fest, denn Jungkook wehrt sich gegen mich.

"Lass los!" "Jungkook, was hast du vor?" "Du sollst mich loslassen, verdammt!" "Kooks!"

Unter viel Kraftaufwand kann er sich meinem Griff entreißen und taumelt ein paar Schritte zurück. Entgeistert sieht er mich an und zischt: "Ich verschwinde von hier. Wenn ich zurück bin, bist du ausgezogen. Ansonsten zeige ich dich an."

Sein letzter Satz kommt eher plötzlich über seine Lippen und hört sich mehr nach loser Drohung als nach der Wahrheit an, aber trotzdem weiß ich, dass ich nicht mit ihm spaßen sollte.

Deshalb schlucke ich nur und frage: "Achja? Und weswegen?" Jungkook lässt sich auf die Kante meines Bettes fallen und kickt seine Tasche mit dem Fuß unter sein Bett. Er wirkt irgendwie... verletzt?

"Wegen Cybermobbing, wegen Verletzung der Bilderrechte einer Person, wegen... sexueller Belästigung eines Minderjährigen." Ohh, er meint es also wirklich ernst. Seufzend lasse ich mich neben ihn fallen und versuche, meine Hand beschwichtigend auf seinen Rücken zu legen, aber er zuckt unter meiner Bewegung weg.

"Der Kuss... das war... beschissen von mir, ok? Aber dieses Bilder, die habe ich nie veröffentl-" "Hör auf", unterbricht er mich harsch, "ich will deine Lügen nicht hören, verstanden! Nichts was du jetzt sagen könntest, würde rechtfertigen, was du ihr angetan hast."

Ich lege den Kopf in den Nacken und grüble. Ich habe dieses Nacktbild nicht versendet. Ich habe es bekommen, ja. Aber das ist Lichtjahre her und nie in meinem Leben würde mir einfallen, Dadae damit zu erpressen. Vor allem da ich sie vor nicht all zu langer Zeit uneingeschränkt geliebt habe. Egal was zwischen zwei Personen vorfällt, was man miteinander durchmacht und wie sehr es einen verletzt: wenn da je auch nur ein Fünkchen wahre Liebe war, veröffentlich man solche Fotos nicht oder tut derartiges.

Abwesend greife ich nach der lilanen Energydrinkdose auf meinem Nachttisch und nehme einen Schluck. Bähh, täusche ich mich oder schwimmt da schon Staub an der Oberfläche? Testend nehme ich einen zweiten, kontrollierenden Schluck. Ohne Zweifel, mein Rachen fühlt sich seltsam, wie mit Sand beschichtet, an. Kein Wunder, das Teil steht schon wer weiß wie lange hier rum.

Dann geht alles ganz schnell. Ein Rumpeln bringt mich zurück in die Wirklichkeit, in der ich den letzten Fetzen Jungkook durch die Zimmertür huschen sehe, bevor sie beinahe zufällt. Mit meinem Fuß hebe ich den tief hängende Decke Jungkooks an und werfe einen Blick unter sein Bett.

Tatsächlich! Er hat sich verzischt! Und so wie es aussieht den einzigen Zimmerschlüssel mitgenommen.

Rasch reiße ich mir meinen Pullover über den Kopf und klemme ihn in den Türspalt, damit ich Jungkook noch einholen kann, bevor er auf und davon ist.

Bei der Gelegenheit kann ich ihn hoffentlich noch überzeugen, dass Dadaes verdammtes Nacktbild nicht durch meine Hände im Internet gelandet ist.

poı§on, vənom, toxıc  ~yoonkook ~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt