⚠️▫Kapitel 열네/1▫⚠️

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Das Benehmen eines Menschen sollte wie seine Kleidung sein, nicht steif und peinlich akkurat, sondern frei genug, um sich zu bewegen und sich zu bestätigen. Sir Francis Bacon, (1561-1626), englischer Philosoph, Essayist und Staatsmann

Jungkook

29. September, Freitag

"Nein, ist es nicht!", kichere ich. Yoongi gibt sich empörter, als er eigentlich ist und behauptet: "Doch ist es wohl!" Ich verpasse ihm einen Schlag auf die Schulter und er fängt an, mich auszulachen.

Es ist wie verhext, seit gestern sind wir quasi unzertrennlich, als wären wir jahrelang beste Freunde gewesen, dabei fühle ich mich so schlecht, dass es mir wirklich den Magen verdreht. Mir fällt nichts besseres ein, als das ganze Thema ruhen zu lassen und mich so gut wie nur möglich nicht damit zu beschäftigen.

Ich habe für mich beschlossen, mein neu gewonnenes Verhältnis zu Yoongi zu genießen, was auch immer dazu geführt haben mag, jetzt sind wir buddies.

Gerade sind wir von einem kleinen Abstecher zu einer nahegelegenen, ziemlich beliebten Eisdiele zurück und löffeln unsere Eistüten leer. Zwar ist mein Bettnachbar eine total angenehme Person, er scheint aber unter irgendwelchen kranken Wahrnehmungsstörungen zu leiden, denn er behauptet felsenfest, Schokonusscreme wäre eine gute Eissorte. Besser als Joghurt!

"Du hast eindeutig einen an der Waffel.", blödelt Yoongi und schmiert mir ganz frech mit seinem kleinen Plastikstocher eine Portion süßbrauner Eiscreme auf die Nasenspitze. "Mensch Yoongi", meckere ich beleidigt, "das ist total unhygienisch!", kann mich dann aber doch nicht zurückhalten, mit meiner Zunge zu probieren. Hoffentlich hat der Typ keinen Herpes..

Wenn ich gestehe, hätte ich lieber von der klebrigen, blauen Kugel probiert. Mein Zimmergenosse scheint wohl eine Vorliebe für merkwürdige Eissorten zu haben. Die sehen ja ganz interessant aus, schreien auf der anderen Seite aber auch nach Zucker und Farbstoffen. Außerdem schreckt mich der blaugraue Sumpfmodder ab, der auf dem Boden seines Bechers zusammenschmilzt.

Ungehemt schaufelt sich Yoongi mehr davon in die Futterluke. Schmunzelnd beobachte ich sein schattiges Profil, das dem heute wohlig warmen Altweibersommersonnenlicht gekonnt zu entkommen scheint.

Gemeinsam genießen wir den verbliebenen Nachmittag auf der Mitte des Kiesfeldes unseres Schulgeländes angelehnt am großen Brunnen mit dem steingemeißelten Wahrzeichen unseres Internats. Die Fontänen sind zu dieser Jahreszeit zwar schon abgestellt, aber das verbliebene, abgestandene Wasser eignet sich hervorragend für eine Wasserspritzschlacht.

Die komplett besprenkelten T-Shirts von uns beiden gepaart mit dem seichten Herbstwind erfrischen perfekt und auch das Gesamtbild dieser sich darbietenden Szene wäre perfekt, wenn nur nicht dieser ständige Lärm der frisch eröffneten Baustelle wäre.

Gerade wieder, als ich die letzten Reste aus meiner Tüte schabe und mir genüsslich die Fingerspitzen ablecke, meint irgendein Chong, seinen Rüttler, Bohrer oder was auch immer anschmeißen zu müssen. Waren es eben nur die Hand voll ballspielender Jungs und eine auf der Wiese sitzende, sich unterhaltende und lernende Mädelsgruppe, die eine annähernde Geräuschkulisse zustande gebracht haben, bebt hier jetzt der Boden, dass die Kieselsteine nur so umherpurzeln.

"Wie nervig...", stellt auch Yoongi in einem abwertenden Tonfall fest und schleckt im großen Stil die blaugraue Pampe aus. Ich tue einfach so, als hätte ich es nicht bemerkt und stimme ihm zu: "Finde ich auch. Sollen wir mal rüber und schauen, was die da bauen? Man kann das Gerüst von den Fenstern des hintersten Korridor im oberen Stockwerk noch gut sehen, die arbeiten an den Altbauten, das ist gerade mal einen Block weit von hier."

Er zuckt gelassen mit den Schultern: "Wir haben sowieso nichts besseres zu tun. Ich war da schon mal beim Rauchen hinten, ist 'ne coole Location, da würde ein zweites Ytong oder so reinpassen.." "Damit deine Freundin mich wieder vorführen kann?", lache ich gekränkt auf.

Aber anstatt sich zu wehren, schaut Minnie nur betroffen zu Boden und schüttelt kaum merklich den Kopf. "DaDae und ich streiten fast nur noch. Besser gesagt sie streitet und ich sitze stumm da und lasse mir Dinge an den Kopf werfen. Keine Sorge, so schnell wird es kein Doppeldate mehr geben..."

Upps, da habe ich wohl einen empfindlichen Punkt getroffen. Schnell versuche ich, das Thema wieder auf die renovierungsbedürftigen Häuser zu lenken und was für Potential in den meisten Gemäuern steckt, während wir langsam den Kies entlangschlendern.

In dem Moment taucht der dicke Michel auf. Der dicke Michel heißt eigentlich Jung Reumryung und hat seinen Namen in der unteren Klasse von einem norwegischen Austauschschüler aufgedrückt bekommen. Aber die Pubertät ist nicht spurlos an dem Moppelchen vorbeigezogen, die überflüssigen Kilos haben sich verwachsen, außerdem hat er für ein kleines Taschengeld die Aufgabe des Briefzustellers der Schule übernommen und das ewige Hin- und Herrennen mit den Paketen hat auch seinen Teil zu seiner Entwicklung beigetragen.

Heute ist Reumryung groß, schlank, sportlich und wahnsinnig attraktiv. Nur seinen Namensanhängsel ist er bis heute nicht losgeworden. Eilig läuft er hinter uns her, fährt sich hektisch durch sein voluminöses Haar und beißt sich verführerisch scharf grinsend auf die Lippe. "Jungkook, hast du eine Sekunde..?", ruft er mir hinterher.

Ich bleibe apprupt stehen und blinzle etwas verwirrt, bevor ich mich wieder fassen kann. "Klar, was gibt's denn, Michel?" Er streckt mir sein Klemmbrett entgegen und deutet mit seinem blauen Kugelschreiber auf ein Feld auf einem Lieferschein, unter welches ich meine Unterschrift setzen soll.

Charmant zwinkernd schnappt er das Klemmbrett, klemmt es sich unter den Arm und drückt mir im gleichen Zug ein kleines, quadratisches Päckchen in die Hand. Adressiert von Zuhause? Reumryung bedankt sich und verschwindet dann wieder in die andere Richtung, während ich auf meinen wackligen Knien quasi so dahinschmelze.

"Von meiner Eomma!", kläre ich den neugierig gewordenen Yoongi begeistert auf und reiße das Paketkrepp vom Karton. "Das gibt's nicht", quietsche ich beinahe vor Freude und ziehe das Buch aus der Schachtel, "mein Lieblingsbuch, erinnerst du dich? Ich hab dir doch erzählt, dass ich es daheim vergessen habe und jetzt hat meine Mutter es mir nachgeschickt."

Solange ich mich noch in meinem Glück labe, schnapp sich mein Kumpel flinkt das Buch und überfliegt den Klappentext, als ich ihm noch versichere, dass ich den schmalen Einteiler bestimmt schon fünf Mal durchgelesen habe.

Doch desto länger Yoongi über der Fusion aus Graphic Novel und Jugendroman hängt, desto verstörter sieht er aus. "Das ist eine Liebesgeschichte... zwischen zwei Jungs?", stellt er so halbwegs überzeugt fest. Ich spüre, wie mir mein Herz in die Hose plumpst und meine eigentlich so sicheren Gesichtszüge langsam entgeleisen.

"Ja, ich ähhhm...", piepse ich nervös vor mich hin. Yoongi übernimmt die Leitung: "Bist du schwul?", fragt er mich ganz ungeniert und ich nicke zugestehend. Wieso sollte ich es auch verheimlichen wollen? Trotzdem machen mich solche Situationen enorm unsicher.

Als er dann auch noch intensiv über meine Antwort grübelt, versetzt es mir glatt ein paar Stiche ins Herz. Mist, es lief doch die ganze Zeit so gut, wenn wir uns jetzt deswegen wieder anfeinden, dann..? Ich nehme all meinen Mut zusammen und möchte wissen: "Ist das ein Problem für dich?"

poı§on, vənom, toxıc  ~yoonkook ~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt