Countryhumans | Raureif

-08-

Deutschlands erster Versuch, seine Augen zu öffnen, misslang ihm haushoch und er driftete augenblicklich in einen dunklen Traum, ohne Erinnerung ab.

Auch sein zweiter Versuch war nicht von Erfolg gekrönt. Dennoch konnte er neben dem Dröhnen und den Schmerzen in seinem Kopf das Knacken und Knistern einer Feuerstelle wahrnehmen. Wenige Augenblicke später spürte er, wie sich die Hitze der Flammen wärmend auf seine Haut legten. Trotz der Dunkelheit, die ihn noch umgab, beruhigte es ihn, zu wissen, dass er in der Nähe eines Feuers liegen musste. Denn das beinhaltete, dass ihn jemand gefunden haben musste.

Feuer entfachte sich nicht von alleine.

Von einem Gewitter oder starker Sonneneinstrahlung auf trockenem Grund mal abgesehen.

Er lachte erschöpft auf.

Es klang, als würde jemand Fremdes lachen.

Sonneneinstrahlung...

Es schien Jahre her gewesen zu sein, dass er wärmende Sonnenstrahlen auf seiner Haut verspürt hatte. Noch während er sinnlos vor sich her kicherte, ließ sein Hirn ihn erneut in einen traumlosen Schlaf fallen.

Als er das dritte Mal erwachte, hatte sich der dumpfe Schmerz in seinem Kopf zwar nicht verbessert, aber dafür war sein Sichtfeld klar.

Er blickte in die lodernden Flammen eines Kaminfeuers. Nur wenige Meter von ihm entfernt.

Er verfolgte den hypnotisierenden Tanz der Flammen mit seinen Augen eine Weile lang, bevor er es schaffte, sich von ihnen zu lösen. Er sah an sich herunter und musste feststellen, dass er unter einer dicken Felldecke auf dem Boden lag. Unter ihm befand sich ein weiteres Tierfell und Deutschland verzog augenblicklich sein Gesicht. In seinen Gedanken verstrickte er sich unmittelbar in Widersprüche.

Auf der einen Seite war er unendlich dankbar, dass ihn jemand in diese wohlig wärmenden Decken gewickelt hatte, auf der Anderen war es ihm zuwider, sich in der abgeschälten Haut eines Tieres wiederzufinden. Doch bevor er seinen inneren Streit weiter entfachen konnte, zog er die Decke instinktiv von seinem Körper. Dabei fiel ihm auf, dass er gar nicht mehr bekleidet war. Er trug nur noch sein schwarzes, eng anliegendes Thermoshirt und seine Thermohose. Seine Thermohose war in der Höhe seines linken Knies durchtrennt worden. Auf Höhe des Schienbeins war sein Bein mit zahlreichen Mullbinden umwickelt.

Ein irritierter Ausdruck legte sich über Deutschlands Gesicht und nach wenigen Sekunden schossen die Erinnerungen, wie Pistolenschüsse, in seinem Kopf hervor.

Der Sturm.

Die Tellerfalle.

Der Wolf.

Augenblicklich krallte er seine Hände tiefer in das Deckenfell hinein, zog sie wieder über sich und lugte ängstlich zwischen den Fell hervor.

"...Finnland... ? ... N-Norwegen?" hauchte er so leise, dass er sich selbst kaum verstanden hatte.

Hatten die beiden ihn gefunden?

Irritiert und besorgt sah er sich um.

Er schien sich in einem kleinen Holzhaus zu befinden.

Direkt neben seiner Liegefläche, befand sich ein Schaukelstuhl. Ein weiches Kissen lag auf der Sitzfläche des Stuhls und wirkte sehr einladend. Ein Schauer rannte Deutschlands Rückenmark hinab, als er sich vorstellen musste, dass ihn jemand von diesem Stuhl aus beobachtet hatte, während er bewusstlos in diese Felldecken gehüllt war.