» [6] charles leclerc+sebastian vettel

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Für candyselfie

[6]: „Soll ich dich noch einmal erinnern, wer du bist? Ein Freund und nicht mein Freund!"

„Charles, halte die Hand heute geschützt. Ich will, dass du morgen fahrtüchtig bist!", machte Binotto mit strenger Stimme klar und deutete auf meine Hand, welche ich sogleich vom Tisch zurückzog und unter diesem versteckte. Die Blicke der Mitarbeiter glitten zu mir.
„Ja", murmelte ich kleinlaut und vergrub mein halbes Gesicht im Kragen meines Pullovers. Ich schluckte schwer, versuchte mir die Nervosität nicht anmerken zu lassen, was mir herzlich wenig gelang.
„Darf ich jetzt gehen?", wagte ich dann zu fragen. Der eindringliche Blick meines Chefs lag auf mir, er zögerte kurz, bevor er dann nickte.
Ich schob den Stuhl zurück, wodurch ein lautes Quietschen entstand. Dann erhob ich mich.
Ich lief schnell raus aus dem Besprechungsraum, wobei sich mein Blick mit dem mitleidigen von Seb kreuzte. Perfekt, ihn hatte ich heute noch nicht gebraucht. Ein mitleidiger Blick von seinem Ex, nur weil man zu bedeppert dafür war, um vernünftig Handeln zu heben und sich stattdessen eine auf den Hand zu werfen.
Ich riss die Tür auf und eilte heraus, erstmal ziemlich planlos nach draußen an die frische Luft, um aus der Enge herauszukommen. Tiefe Atemzüge nahm ich, um mich zu beruhigen, doch die Ruhe weilte nicht lange, denn eine gewisse Stimme unterbrach mich in dieser.
„Charles!"
Seb.
Ich kniff meine Augen zusammen, war dankbar, dass ich mit dem Rücken zu ihm stand. Kurz überlegte ich, ob ich so tun sollte, als hätte ich ihn nicht gehört und verschwinden sollte, denn auf ein Gespräch mit meinem Verflossenen hatte ich wirklich keine Lust. Aber Seb war schneller in seiner Handlung, als ich mit meiner Entscheidungsfindung.
Ich spürte, wie er seine Hand auf meine Schulter legte und mich zu ihm drehte, ohne, dass ich mich wehren konnte.
„Hey Charles, alles gut bei dir? Ich hab von dem Unfall beim Training gehört!", sprach er mir gut zu.
„Mir geht's gut!", meinte ich monoton, um unserem Vorhaben Freunde zu bleiben nachzukommen, auch wenn ich eigentlich noch nicht in der Lage war nur freundschaftliche Gefühle für ihn zu hegen. Dafür war die Trennung einfach viel zu frisch. Momentan packte ich es ja nicht einmal Augenkontakt mit dem Deutschen zu halten.
„Charles, du bist in letzter Zeit echt komisch", murmelte Seb. Seine Hand lag noch immer auf meiner Schulter und ich spürte, wie ich langsam wie mein Körper verrückt unter ihr wurde. Es war nur eine Frage der Zeit, bis ich es auch werden würde. Ob jetzt oder ob morgen, ganz egal, irgendwann geschah es mit Sicherheit.
„Mir geht's gut", antwortete ich wieder. Nervös scharte ich mit meinem Fuß auf den Kies, warf etwas Staub auf.
„Sag sowas doch nicht. Ich kenne dich doch!", seine mitleidige Stimme in Zusammenhang mit diesem Satz waren zu viel für mich.
Ich schüttelte seine Hand von mir ab und brachte Abstand zwischen uns. Er legte seinen Kopf schief.
„Charly, mach's nicht so schwer zu dir durchzudringen!", flehte er. Ich schüttelte hastig meinen Kopf. 
„Seb, sieh es einfach ein, mir geht es gut. Das war alles ein blöder Unfall, ich hab nicht aufgepasst!"
Mit diesen Worten war das Gespräch für mich beendet.
Ich wollte an Seb vorbeiliefen, als er mich am Arm packte und an sich zog, auch wenn ich mehr zu ihm taumelte.
„Charly", hauchte er, war mir dabei so nah, dass ich seinen heißen Atem an meinem Hals spürte.
Ich riss mich los.
„Lass es Seb!", mahnte ich ihn.
„Ich mache mir Sorgen um dich!", redete er auf mich ein und wollte mich wieder zu sich ziehen, doch diesmal wich ich seinem Griff aus.
Streng sah ich ihn mahnend an.
Soll ich dich noch einmal erinnern, wer du bist? Ein Freund und nicht mein Freund!", brummte ich dann laut. Seb trafen die Worte, ich hoffte, dass er verstummen würde, doch da lag ich falsch.
„Ich kann nicht nur ein Freund sein", flüsterte ich.
Ein sarkastisches Lachen kam über meine Lippen.
„Die Feststellung kommt ein paar Monate zu spät! Das hättest du dir besser überlegen sollen, bevor du Schluss gemacht hast!"
Seb verstummte diesmal wirklich. Statt stand er da und reagierte scheinbar gar nicht auf meine Worte.
Ich schüttelte bloß meinen Kopf und verließ ihn dann. Anstelle zum Motorhome zurückzukehren, lief ich weiter ins Innere des Paddocks, auf direktem Wege zu Alex, der heute nach dem Training noch gepredigt hatte, wie glücklich er war, dass die Besprechung auf morgen Früh verschoben wurde. Ich würde die Lücke in seinem Terminplan jetzt nutzen und von ihm als guter Freund Gebrauch machen.
Ich beschleunigte meine Schritte und stürmte in das Red Bull Motorhome herein und lief direkt in Alexs Zimmer. Ohne Klopfen drückte ich die Tür auf und schlüpfte herein.
„Oh, hey, Charly!", grüßte mich Alex von der Couch aus, auf welcher er gerade saß und etwas auf seinem Block skizzierte.
Ich marschierte auf ihn zu und warf mich neben ihn auf die Couch. Mein Blick fiel auf das Blatt auf seinem Schoß, welches von einem Detailtreuen Bild von Donald Duck bedeckt wurde. Alex hatte wirklich großes Talent zum Zeichnen.
„Alles gut?", fragte mich der Brite interessiert.
Ich verschränkte meine Arme über dem Bauch und musste gerade wohl ziemlich trotzig aussehen, aber damit kam ich klar. Alex hatte wohl schon schlimmere Seiten von mir gesehen.
„Was hast du an der Hand gemacht?", fuhr er mit seinem Monolog fort und deutete auf meine linke Hand, die von einer Bandage bedeckt wurde. Wenigstens war's die linke und nicht die rechte, versuchte ich es positiv zu sehen, doch dies gelang mir nicht wirklich.
„Hab eine Hantel drauf geworfen", sagte ich schließlich auch etwas. Kurz verstummte Alex, hervor er losprustete. Er musste glauben, dass ich ihn veräppelte, doch ein klarer Blick von mir ließ ihn wieder leise werden.
„Ernsthaft jetzt? Wie hast du das geschafft?"
„Ich hab nicht aufgepasst und war mir meinen Gedanken...", weiter kam ich nicht, da er mich unterbrach: „Wieder bei Seb?"
Ich nickte etwas peinlich berührt, dass ich noch immer so ein Wrack nach der Trennung war. Hilflos ließ ich mich gegen Alex fallen und legte meinen Kopf auf seine schmale Schulter.
Alex zeichnete weiter, die leisen Bewegungen des Bleistiftes auf dem Papier waren beruhigend, die Striche zu beobachten entspannend. Es ließ mich in eine Art Trance verfallen.
„Denkst du nicht, dass du mal mit Sebastian reden solltest?"
Alex hörte auf zu Zeichnen und legte seinen Bleistift neben sich auf die Couch. Ich hob meinen Kopf und sah zu ihm.
„Warum? Er hat doch alles gesagt, als er mit mir Schluss gemacht hat!"
„Scheinbar nicht, immerhin will er seit Wochen nichts anderes, als mit dir zu reden!", widersprach mir Alex.
„Er hat Schluss gemacht!", wiederholte ich mich. Alex rollte mit den Augen.
„Das sieht er offensichtlich mittlerweile auch als Fehler!"
Er stupste mich an.
„Bist du es nicht, der immer sagt, dass jeder eine zweite Chance verdient hat?"
„Themenwechsel!", murrte ich. Alex quittierte meine Aussage mit einem erneuten Verdrehen seiner Augen.
„Denk bitte nach!"
„Themenwechsel oder Schweigen!", zischte ich missmutig.
„Jaja", antwortete Alex und nahm seinen Stift wieder zur Hand.

Ich blieb bei ihm, im Schutz seines Zimmer, bis in die frühen Abendstunden herein. Irgendwann verabschiedete ich mich dann, bevor ich noch bei ihm einschlief.
Ich öffnete gerade die Tür in mein Zimmer, als ich auf einmal von zwei strahlend blauen Augen in Empfang genommen wurde. Im ersten Moment zuckte ich schreckhaft zusammen, fasste mir an die Brust, als ich die Augen aber Seb zuordnete, wurde ich wieder ruhig.
„Was machst du hier?", fragte ich verwundert.
Seb saß auf meinem Sofa, mit Unterarmen auf seinen Knien gestützt. Er blickte zu mir auf, während ich die Tür hinter mir schloss.
„Ich habe auf dich gewartet!"
„Wie lange?"
„Wie viel Uhr haben wir?"
„Irgendetwas nach acht!"
„Dann irgendetwas nach vier Stunden!"
Ich wurde stutzig. Unsicher stand ich da.
„Was willst du hier?"
„Ich möchte eine zweite Chance!", stellte er mit klarer Stimme klar. Überrascht zog ich meine Augenbrauen hoch. Bitte was?
Seb erhob sich von der Couch und trat zu mir. Er sah mich eindringlich an.
„Ich habe eine zweite Chance verdient. Ich war zwei Jahre ein toller Freund und habe dann mit dir Schluss gemacht, was ein großer Fehler ist. Aber ist Einsicht nicht bekanntlich der beste Weg zur Besserung? Ich werde noch besser als ich früher war.
Ich hab eine zweite Chance verdient und dass sag ich nicht nur, weil ich es nicht verdient habe, wie Dreck behandelt zu werden, sondern, weil ich weiß, du mich auch noch liebst!"
Ich schluckte schwer. Unsicher fiel ich gegen die Tür hinter mir.
„Gibst du mir jetzt diese zweite Chance?", fragte mich der Deutsche. Ich schluckte noch einmal schwer und nickte dann.
„J... ja", murmelte ich noch immer überrascht von der plötzlichen Stärke in der Stimme. Seb nickte.
„Danke!"

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