Die Jagd beginnt

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"Und wie willst du Michael jetzt finden?", fragte Asmo, als wir das LAPD verließen, und ich musste zugeben, dass das eine sehr gute Frage war. Mein Onkel würde sicherlich nicht freiwillig vor uns erscheinen und mit zu Dad kommen. Er würde nicht freiwillig die Schläge kassieren, die Dad ihm verpassen wollte. Es sei denn Michael wollte es so. Er war gerissen und wusste genau, was er tat, um meinem Vater das Leben schwerzumachen. Wahrscheinlich steckte er auch irgendwie dahinter, dass Chloes und Dads Gespräch nicht ganz so glücklich ausgegangen war, wie ich (und die beiden Beteiligten vermutlich auch) es mir vorgestellt hatte. Ich musste ihn schnellstmöglich finden und verhindern, dass er noch mehr Schaden anrichten konnte.

Angestrengt überlegte ich, wo er sein könnte. Wenn ich der verbitterte und eifersüchtig Zwillingsbruder des Teufels wäre, wo würde ich mich aufhalten? Wo würde ich meinen nächsten Schachzug planen, um meinen Zwilling zu vernichten? Naja, wenn ich nicht wüsste, was ich auf der Erde noch anstellen könnte und meine Tarnung aufgeflogen wäre, würde ich mich natürlich an den Ort zurückziehen, an dem mein Ziel nicht willkommen war und ich alles auf der Erde überblicken konnte.

Ich seufzte und wandte mich an Asmo. "Es tut mir echt leid, aber ich muss kurz zurück in den Himmel. Ich glaube, er ist dort."

"Hm" Mein Freund sah an mir vorbei und nachdenklich in die Ferne. Ich wusste nicht, woran er dachte, aber mir war aufgefallen, dass er, seit wir auf der Erde waren, kaum ein Wort mit mir, Dad oder jemand anderes gewechselt hatte. Irgendwas war mit ihm los, doch ich hatte keine Ahnung, was es sein könnte. Ich nahm mir vor, dem später auf den Grund zu gehen, doch jetzt musste ich mich erstmal um Michael kümmern.

"Ist nicht so schlimm." Er lächelte schwach, was mir einen kleinen Stich ins Herz versetzte. Irgendwas beschäftigte ihn, das sah sogar ein Blinder mit Krückstock. Er konnte mit mir doch über alles reden, wieso sagte er denn nichts? "Ich werde einfach mal schauen, ob mein alter Boss mich wieder einstellen will." Ernsthaft? Er wollte wieder als Stripper arbeiten? Dad hatte genug Geld. Ich konnte uns einfach immer mal etwas abzweigen. Natürlich konnte ich verstehen, dass er nicht von seinem Herrn abhängig sein wollte, aber wir wussten doch noch nicht mal, wie lange wir hier bleiben würden. Wozu also sich einen Job suchen? "Und ob die alte Wohnung noch frei wäre." Achja, unsere alte Wohnung über dem Stripclub. Ich verband mit ihr so schöne Erinnerungen - unsere ersten Tage als Paar, die gemeinsamen Nächte... Aber jetzt lag das alles so weit in der Vergangenheit. Es war so viel passiert. Ich wusste nicht, ob es gut war, dorthin zurückzukehren.

"Okay", sagte ich langsam. "Dann bis später." Ich zögerte kurz, gab ihm dann allerdings doch einen schnellen Kuss - nicht auf die Lippen, sondern nur auf die Wange. Nachdem ich ihm ein Lächeln geschenkt hatte, das nicht ganz meine Augen erreichte, drehte ich mich um und huschte die Straße vor dem LAPD hinunter. Asmo blieb hinter mir allein zurück. Ich spürte seinen Blick eine Weile auf mir, doch dann bog ich um eine Ecke und das Gefühl war verschwunden.

Ich seufzte leise, während ich nach einer geeigneten, ruhigen Stelle suchte, an der ich meine Flügel ungesehen ausbreiten konnte, um in den Himmel zu fliegen. Das ungute Gefühl in meinem Magen nahm immer mehr zu, je länger wir auf der Erde waren. Ich glaubte, meine Beziehung mit Asmo ging in die Brüche. Eigentlich war das kein Wunder, wenn man bedachte, dass wir laut Höllenzeit schon tausende von Jahren zusammen waren. Solange konnte nicht einmal die beste Beziehung perfekt aufrechterhalten werden. Ich hatte es schon in der Hölle merken müssen, dachte ich jetzt. Wir hatten (auch dank Dad) letztens immer weniger Zeit miteinander verbracht. Und obwohl wir uns ein Zimmer teilten, hatte es sich schon lange nicht mehr so gut angefühlt wie noch in den ersten hundert Jahren. Ich fragte mich, ob ich ihn vielleicht gar nicht mehr richtig liebte. Und er mich auch nicht. Nein! Ich schüttelte den Kopf, um diese Gedanken zu vertreiben und mich wieder auf meine Mission zu konzentrieren. Michael war jetzt Priorität Nummer 1. Um meine Beziehung zu dem Dämon würde ich mich später kümmern.

Tochter des Teufels 2 (Lucifer ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt