"Lilith, ich dachte, du wolltest zum Stripclub kommen!" Asmo klang angepisst und wütend - wer konnte es ihm verübeln. Aber statt ein schlechtes Gewissen zu bekommen, brodelte in mir plötzlich eine Wut auf, die ich noch nie zuvor in mir erlebt hatte. Es schien, als würde ein kleiner Funke, der sich schon seit einiger Zeit in meinem Körper gebildet hatte, mit einem Schuss Benzin zu einer hohen Stichflamme entfacht worden zu sein. Ich erkannte mich selbst nicht wieder, als ich verärgert ins Handy brüllte:
"Also erstens, Asmodeus!" Ich nannte ihn eigentlich nie bei seinem vollen Namen - das war das erste Mal seitdem wir zusammen waren. "Ich hab nicht gesagt, dass ich dahin komme und zweitens..." Er versuchte mich zu unterbrechen, aber das ließ ich nicht zu und wurde noch ein gutes Stück lauter. Dad neben mir auf der Couch musste sich auch denken, was bloß in seine Tochter gefahren war. "Zweitens ist es meine Entscheidung, wohin ich gehe und wohin nicht!"
"Ich dachte einfach, dass du heute Abend zu mir kommen würdest." Asmos Stimme klang ruhig und sanft. Er wollte mich beruhigen. "Mein alter Boss hat mich wieder eingestellt und mir auch die alte Wohnung gegeben. Wie wäre es, wenn du kommst und wir uns eine schöne Nacht machen?" Sein Tonfall hatte etwas Verführerisches angenommen, aber keine einzelne Zelle in meinem Körper sprang darauf an. Früher hätte mich das sofort... nun ja... geil gemacht, aber in diesem Moment... gar nichts. Nicht einmal mein Herz schlug schneller.
Das Feuer in mir war kleiner geworden und brannte nur noch ruhig vor sich hin. "Lass mal", sagte ich kalt und legte, ohne auf eine weitere Antwort zu warten, auf. Achtlos schmiss ich das Handy neben mir auf die Couch und ließ mich stöhnend nach hinten in die Polster sinken.
"Lilith!" Ich drehte meinen Kopf zu der fassungslosen Stimme meines Vaters. Erst jetzt fiel mir auf, dass er ¡Diablo! angehalten hatte und es in der Wohnung bedrückend still geworden war.
"Was?!", fragte ich etwas gereizt.
"Das..." Dad fing an zu lachen. "Das war unglaublich!"
Ich runzelte die Stirn und fragte zur Sicherheit, ob ich ihn richtig verstanden hatte, nochmal nach: "Im positiven Sinn?"
"Natürlich!" Er grinste breit. War ja klar, dass es ihm gefiel, wenn ich und Asmo uns stritten. Er war ja schon immer gegen unsere Beziehung gewesen. Konnte man dieses Telefonat überhaupt einen Streit nennen? Eigentlich hatte nur ich ihn angeschrien; er hatte bloß versucht, die Situation zu entschärfen.
"Weißt du, er geht mir momentan richtig auf die Nerven!" Ich konnte es nicht zurückhalten. Wahrscheinlich interessierte Dad das überhaupt nicht, aber so viel hatte sich in letzter Zeit in mir angestaut, das endlich gesagt werden musste. Die Worte brachen einfach aus mir heraus. "Früher war er richtig entspannt und gelassen. Er war für mich da, wir hatten Spaß zusammen." Im Augenwinkel sah ich, wie Dads Grinsen grimmig wurde - war ja klar, dass er gleich an Sex dachte (leider konnte ich auch nicht sagen, dass ich das nicht gemeint hatte). Ich ließ mich davon nicht beirren und fuhr fort: "Ich hab ihn wirklich über alles geliebt, aber jetzt..." Ich stöhnte genervt auf und warf frustriert die Arme nach oben. "Jetzt ist er immer so in sich gekehrt, redet kaum mehr mit mir und ist mit seinen Gedanken nie bei der Sache. Aber eigentlich ist er auch nicht immer so. Manchmal ist er wie der alte Dämon von damals als wir das erste Mal auf der Erde waren, aber dann - und es kommt immer öfter vor - ist er so mürrisch und..." Ich stockte kurz. "Und als würde er mich nicht mehr wirklich lieben."
Etwas unsicher blickte ich nach oben in Dads dunkle Augen. Ich erwartete, dass er es mit einem Scherz abtun würde, um die Situation zu lockern, aber zu meiner Überraschung blieb er ernst. Er legte den Kopf schief und sah mich mitfühlend an. "Liebst du ihn denn noch?"
Ich holte Luft, um die Frage wie selbstverständlich mit 'ja' zu beantworten. Asmo und ich hatten so viele schöne Momente gehabt, wir waren zusammen über Stock und Stein gegangen, wir hatten alles gemeistert, was man uns in den Weg geworfen hatte. Aber trotz allem war es im Moment... komisch zwischen uns. "Ich weiß es nicht", antwortete ich meinem Vater ehrlich.
"Dann musst du es herausfinden." Und so schnell seine mitfühlend Seite aufgetaucht war, verschwand sie auch gleich wieder, als er weitersprach: "Ich hab dir aber gleich gesagt, dass der Dämon nicht gut für dich ist." Ich schnaubte, konnte aber gleichzeitig nicht verhindern, dass sich ein Schmunzeln auf meinen Lippen abzeichnete. War ja klar, dass er die Chance nutzen würde, um sich gegen Asmo auszusprechen. "Wenn du mich fragst, solltest du es endlich beenden."
"Mh", machte ich und richtete meinen Blick starr auf den noch immer angehaltenen Fernseher. Dad war nie mit meiner Beziehung zu Asmo einverstanden gewesen - natürlich wollte er, dass wir uns trennten. Früher hätte ich über so einen Kommentar die Augen verdreht oder protestiert, aber jetzt blieb ich einfach stumm. War die Zeit gekommen, es zu beenden? Ging das Kapitel mit uns schon viel zu lange? Sollten wir es schließen und ein neues beginnen? Wenn ich auf diese Fragen eine Antwort wüsste, wäre ich schon längst zum Stripclub gefahren, um mit Asmo schlusszumachen. Vielleicht hätte ich ihn auch nur angerufen, feige wie ich war. Ich glaubte, wenn ich in seine dunklen, braunen Augen sehen müsste, würde ich es nicht über mich bringen, die Worte herauszubringen. Ich würde mir denken, dass ich dem Ganzen noch eine Chance geben musste... ich liebte ihn doch...
"Willst du heute hier schlafen?" Dad riss mich zurück in die Wirklichkeit.
Ich sah zu ihm hoch, überlegte und antwortete schließlich: "Ja, wenn es dir nichts ausmacht."
"Ganz im Gegenteil. Wenn du willst, kannst du auch in meinem Bett schlafen und ich nehme das Sofa." Himmel, war der heute großzügig. Tatsächlich hätte ich absolut nichts dagegen, in seinem großen, weichen Bett zu schlafen. In der Hölle gab es nur so harte Matratzen, die eher an Steine mit einem Tuch darüber erinnerten. Dämonen mussten nicht viel schlafen und außerdem waren sie hart im Nehmen. Im Gegensatz zu mir, die in den ersten Monaten, wenn nicht Jahren, nach jedem kleinen Nickerchen mit einem schmerzenden und verkrampften Körper aufgewacht war. Dad hätte in seinen Räumen weichere Matratzen gehabt, aber er wollte nicht, dass Asmo mit mir dort schlief. Und weil ich den Dämon damals noch meinem Vater vorgezogen hatte und nicht verlassen wollte, war ich eben zu ihm gezogen statt er zu mir. Irgendwann hatte ich mich dann daran gewöhnt, obwohl ich nichts dagegen hatte, endlich mal wieder in einem weichen Bett zu schlafen. Aber Dads Bett hier auf der Erde? Wer weiß mit wie vielen Frauen er was für widerliche Dinge darin getan hatte. Mich schauderte es.
"Nein, danke", sagte ich und versuchte mein Kopfkino auszuschalten, das mir gerade alle mögliche Sachen zeigte, die in eben jenem Bett passiert sein könnten. Gott, mir wurde schlecht! "Am Ende hol' ich mir noch eine Geschlechtskrankheit."
Dad lachte tief in sich hinein. "Du weißt, dass wir nicht krank werden können."
Ich grinste schief zu ihm hoch. "Sei froh, sonst hättest du dir bestimmt schon was eingefangen."
"Was ein Glück wir doch haben." Mit diesen Worten erhob er sich, schon halb dabei sein Hemd aufzuknöpfen, und lief in Richtung seines Schlafzimmers. "Gute Nacht, Kleine!"
Ich ignorierte die Tatsache, dass er mich, wie als ich noch ein Kind war, Kleine genannt hatte und erwiderte kurz: "Nacht." Danach schaltete ich den Fernseher aus und machte es mir auf dem Sofa gemütlich. Es war nicht ganz so gut wie Dads Bett, aber um einiges besser als die Steinbetten in der Hölle.
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Tochter des Teufels 2 (Lucifer ff)
FanfictionMichael ist ein hinterlistiges, mannipulatives Arschloch und zu allem Unglück Lucifers Zwillingsbruder. Er ist eifersüchtig auf eben diesen und will sein Leben in jeder erdenklichen Weise zur Hölle machen. Obwohl der Teufel und seine Tochter Lilith...