3. Die Akte ✔️

712 35 0
                                    

Eren POV:

Es waren jetzt schon ein paar Wochen vergangen und ich lebte mich recht gut ein. Ich machte typische Anfängerarbeit. Also sortierte ich Akten und verteilte sie. Manchmal durfte ich sogar therapieren. Aber vorerst nur mit Jugendlichen und Kindern. Aber das war mir einerlei. Es machte mir trotzdem sehr viel Spaß, weil es den Anschein machte, als würde ich den Patienten tatsächlich helfen. Es freute mich immer wieder, wenn ich ein kleines Mundwinkelzucken von meinen Patienten vernahm.

Es war Dienstagmorgen, 11 Uhr. Ich war gerade wie immer die Akten am Sortieren. Ich versuchte mich nur auf meine Arbeit zu konzentrieren, denn ich wollte ja Pluspunkte sammeln. Plötzlich kam die Frau mit dem Braunen Haar und der Brille rein. Ich hatte sie bereits kennengelernt und erfuhr, dass ihr Name Hanji Zoe war. Aber ich nannte sie nur Hanji, denn sie war nicht viel älter als ich und sie selbst bestand darauf.

„Morgen, Eren. Ich sollte dir diese hier geben", entkam es ihr etwas überdreht und legte einen weiteren Stapel an Akten auf meinen viel zu kleinen Tisch. „Du sollst sie sortieren und dann unterschreiben." – „Seit wann soll ich denn Akten unterschreiben? Machen das nicht die eher erfahrenen Ärzte?", verwundert blätterte ich in eine der Akten rum. „Erwin meinte, du könntest langsam damit anfangen. Außerdem braucht er jemanden, der ihn unterstützt. Es sind diesen Monat viele neue Patienten dazugekommen, also heißt das viel Papierkram. Naja, ist ja nicht mein Problem. Also dann, tschüsschen Ereeeen!", rief sie mir noch hinterher, ehe sie die Tür mit einem lauten Knall wieder schloss.

'Irgendwann geht die Tür davon kaputt!'

Ich schaute mir den Berg an Akten an und atmete tief aus. 'Das wird lange dauern, aber es hilft ja alles nichts. Na dann, ran ans Werk!'. Ich nahm einen Teil der Akten und wollte ihn woanders hinlegen, da ich auf meinen Schreibtisch noch kaum Platz zum Schreiben hatte. Alles war so voll von Papier und Aktenkartons...! Und so vergingen einige Stunden, in denen ich hochkonzentriert, eher es versuchte, die Akten bearbeitete und Unterschriften auf das Papier krizelte. Ich streckte mich einmal und dann viel mir auf, dass eine der Akten auf dem Boden lag. 'Wann ist die denn da gelandet? Bestimmt, als ich die Akten wo anders hingelegt habe'.

Ich hob die Akte auf und erkannte drauf einen schwarzen Aufkleber. 'Oh, das ist ja eine für die Geschlossene', dachte ich mir und legte sie auf meinen Schreibtisch. Ich konnte nicht anders, als in die Akte hineinzuschauen. Die Neugier war zu groß.

Name: Ackermann, Levi
Geschlecht: Männlich                                                                                                                                         
Alter: 28 Jahre (geb. 25. Dezember)                                                                                                              
Größe: 160 cm

Behandelnder Arzt: Dr. Erwin Smith
Diagnose: Bei dem Patienten wurde eine Verhaltensstörung aufgewiesen. Er zieht sich zurück und weißt jeglichen Kontakt zu den anderen Patienten ab. Zudem leidet der Patient unter einem Putz - und Ordnungszwang, worauf er sich in Unordnung absolut nicht wohl fühlt. Der Patient weißt keinen Überlebeswillen mehr auf, was womöglich mit dem traumatischen Ereignis in seiner Vergangenheit zusammen hängt. Herr Ackermann zeigt weniges Interesse mit den Ärzten zu kooperieren und sich gegenüber anderen zu öffnen. Das schließt auf Kontakt- und Vertrauensprobleme. Zudem kommen noch Panikattacken und Angstzustände hinzu.                      
Behandlung: Fortlaufende Therapie und langsame Eingewöhnung.
Familienangehörige:  Keine Angehörige.
Zeitraum des Traumas: Herr Ackermann war Zeuge, im Alter von 16 Jahren, wie seine Familie bei einem Amoklauf ermordet wurde. Seitdem leidet er unter einem Trauma und ist seitdem in psychischer Behandlung. Er war bereits in zwei Einrichtungen untergebracht, wurde aber verlegt, weil sie keine Besserungsmöglichkeiten erkennen konnten.

Als ich das las, war ich nur erstaunt. 'Der Mann musste echt eine Menge durchmachen. Kein Wunder, wenn es ihm psychisch nicht gut geht'. Ich war so von diesem Mann fasziniert, dass ich ganz vergessen hatte, die anderen Akten zu bearbeiten, also legte ich die Akte erstmal weg und fing an weiterzuarbeiten. Nach einer weiteren Stunde war ich fertig. Ich nahm die Akten, die zu Erwin mussten, und verließ das Büro. Ich ging den langen Gang runter in Erwins Büro. Ich klopfte und trat ein, als ein „Herein" ertönte. Da saß er. Hinter einem Berg an Akten. Jetzt verstand ich, was Hanji mit 'helfen' meinte. Ich schluckte schwer und setzte mich. Erwin schob ein paar Akten bei Seite, um mich besser sehen zu können.

„Ah, Eren. Was kann ich für dich tun?", fragte Erwin mit einer Müden Stimme. Hatte er schon wieder die Nacht durchgearbeitet? Wäre in letzter Zeit ziemlich oft. Der Papierkram schien ihn den ganzen Tag zu überfluten. Da half ich ihm gern.

„Ich wollte die fertigen Akten vorbeibringen." Ich übergab ihm die Akten und überlegte, ob ich ihn das fragen sollte, was mir schon lange auf der Zunge brannte. Erwin machte sein Tischlicht an und schaute sich die Akten an. Es herrschte eine unangenehme Stille. Erwins Blick wanderte prüfend über das bedruckte Papier, was mich schon etwas nervös machte.

„Wie immer sehr sorgfältig gearbeitet, Eren. Gut", lobte er mich und schaute mich erwartend an. Er schien zu merken, dass ich was loswerden wollte. Ich entschied mich dazu, ihn es zu fragen.

„Erwin, könnte ich vielleicht mal auf eine Sitzung mit? Bei Ackermann?", fragte ich etwas nervös, weil ich nicht einschätzen konnte, was er antworten würde.

„Ja schon, aber warum auf einmal? Er ist eine der Schwerfälle. Traust du dir das zu?", fragte er mich mit einem ernsten Blick und faltete seine Hände. „Ja, ich denke, das werde ich schon schaffen." – „Na dann. Du kommst dann morgen mit. Diese Erfahrung würde dir sicher nicht schaden. Ich ruf morgen bei der Station an und hole dich dann ab." – „Danke sehr."

Und damit endete mein Tag und ich ging von der Arbeit direkt nach Hause ins Bett. Ich war so K.O, dass ich nicht mal was gegessen hatte. Die anderen kannten das schon und wunderten sich nicht mehr über mein Verhalten. Es kam schon in der Studienzeit, dass ich mal öfter eine Mahlzeit ausließ, um zu schlafen.

Ich wälzte mich noch lange im Bett rum, weil ich die ganze Zeit an Levi Ackermann denken musste. Was war es, was mich andauernd über ihn nachdenken ließ? Ich hatte bis jetzt nur seine Akte gesehen. Aber als Mensch? Wie war er so? Klar, er war nicht ohne Grund in Behandlung, aber ich wollte wissen, wie er wirklich tickte... Das interessierte mich sehr.

Trust Is Useless [Ereri/Riren]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt