19. Wie geht es dir?✔

565 34 0
                                    

Erens Sicht:

Heute würde ich Levi wiedersehen. Nach einer Woche. Ich fragte mich, wie es ihm ging. Ich hatte schon von Hanji gehört, dass er eine Panikattacke hatte und die Pflegerin ihn betäuben musste. Es ist zwar nicht schön, aber es war immerhin schon etwas her, als er die Letzte hatte. Also war ich schon etwas froh darüber. Ich machte mir trotzdem etwas Sorgen. Ich brauchte mich eigentlich gar nicht solche Sorgen zu machen. Er ist in guten Händen - jedenfalls hoffte ich das! Ich konnte ihn leider nicht eher besuchen, da ich keine Zeit hatte und ihn auch die Chance geben wollte, mal mit anderen Menschen zu reden. Aber heute, würde ich ihn wiedersehen.

Ich kam gerade aus einer Besprechung, als ich mich auch schon wieder auf den Weg zur offenen Station machte. Hanji erzählte mir, dass Levi ihr gesagt hatte, dass er neue Zeichensachen bräuchte. Wenn möglich sogar mit Farben. Dies wollte ich ihm nicht unterbinden, weshalb ich ihm Nachschub besorgt hatte.

An der Offenen angekommen zeigte ich meinen Ausweis und betrat die Station. Ich hatte vereinbart mich mit Levi in einem Besprechungsraum zu treffen, wo wir entspannt unter uns reden konnten. Als ich diesen betrat saß Levi schon, mit einer Mappe unter den Armen, auf der Couch und schaute zu Boden. Ich schmunzelte etwas, ehe ich mich zu ihm bewegte und mich auf die gegenüberliegende Couch niederließ.

„Hallo, Levi", begrüßte ich ihn und legte meine Hände auf die Oberschenkel. Er sah auf und lächelte auch ganz leicht. „Hey", sagte er und fuhr sich einmal durch die schwarzen Haare. „Na, wie geht es dir?", fragte ich ihn locker und holte einen Notizblock hervor. Ich wollte jedes noch so kleine Detail wissen und verstehen. Mehr für mich als für ihn. „Naja... Es ging mir schon mal schlechter, also denke ich ganz gut." Sofort notierte ich seine Aussage. Ich wusste, dass er mich nicht anlügen würde, weshalb ich zufrieden nickte. „Und, was machst du so den ganzen Tag?" Er schaute mir etwas verträumt in die Augen. War alles gut? Hatte er nicht gut geschlafen, wenn überhaupt? „Ich... Ähm. Ich bin fast die ganze Zeit im Zimmer. Lese oder zeichne. Wenn nicht dann gehe ich mit Mike aus dem Zimmer und wir spielen im Aufenthaltsraum Karten. Meistens gewinne ich, weswegen Mike manchmal ziemlich angepisst ist. Sein Pech, wenn er mich immer wieder fragt." Er verschränkte seine Arme vor der Brust. Ich musste amüsiert seufzen und notierte mir auch diese Sache. Damit, dass Levi ein guter Kartenspieler war, musste ich auch schon Bekanntschaft machen.

„Mike geht ja die nächsten Tage. Wie geht es dir damit? Ich hatte es gestern schon gehört. Du hattest wieder eine Panikattacke?", sagte ich ihn mit Besorgnis, da es eher eine Feststellung war. Ich konnte mir seine Antwort gut vorstellen, jedoch wollte ich sie von ihm selbst hören. „Ich... Ich... Ja. Ich hatte nur den ersten Satz gehört und schon war ich wie abgeschottet. Meine Hände fingen an zu zittern. Mir wurde heiß und kalt zugleich. Ich hörte alles nur noch wie durch Watte. Der Schweiß lief mir die Stirn runter... Einfach nur schrecklich und ekelhaft", murmelte er etwas betrübt und sah wieder zu Boden. Ich versuchte mich in seinen Kopf zu denken, zu schauen, wie es weiter gehen würde. „Ich kann einfach nicht damit umgehen, wieder einen Menschen zu verlieren. Ich hatte mich gerade mich mit ihm verstanden, fing an ihm zu vertrauen. Und jetzt? Jetzt geht er wieder und lässt mich alleine. Das...Das macht mich traurig und ich bin wie in einer Starre", fügte er noch hinzu. Er rieb sich an den Händen. Er war sichtlich nervös und fühlte sich unwohl. „Ich kann mir schon denken, was wohl gerade in deinem Kopf durchgeht. Aber keine Sorge, ich kann dich jetzt öfter besuchen kommen. Du wirst sicher Jemanden finden, mit dem du dich unterhalten kannst. Selbst wenn es nur Hanji selbst ist. Ich möchte einfach, dass du wieder anfängst mit Leuten Kontakt zu suchen. Und denk immer dran, du bist nicht allein. Wenn du mit einer Person reden willst, dann sag nur Bescheid und Jemand wird dir zuhören, versprochen", sagte ich ihm aufmunternd lächelnd. Nun sah er wieder auf, musterte konsequent meine Gesichtszüge, was mich nervöser machte. W-Was ist denn jetzt los? Ich spüre so einen leichten Druck in meiner Brust. Egal, darum geht es jetzt nicht, sondern um Levi.

„Ja, wahrscheinlich hast du recht. Es geht mir auch allgemein etwas besser." – „Ja, das stimmt. Die Stationsärztin meinte, du isst wieder etwas mehr und nimmst auch regelmäßig an den Sitzungen teil. Wie fühlst du dich dabei?", fragte ich ihn, er schrak kurz hoch. Er blinzelte etwas irritiert, aber faste sich wieder. „Es ist schon irgendwie ein gutes Gefühl, wenn man weiß, dass man nicht alleine ist. Es beruhigt mich etwas und macht die ganze Sache etwas leichter", erzählte er schwach schmunzelnd. Ich antwortete mit einem „Das ist schön" und notierte mir wieder alles. „Du, Eren?", fragte mich Levi. Ich sah auf. „Ja?" – „Ich.. Ich habe was gezeichnet. Es ist ein Geschenk", murmelte er kaum verständlich und schien auch etwas verlegen zu sein. Ich nickte grinsend und nahm die Mappe entgegen. „Ach stimmt ja. Ich habe dir auch was mitgebracht", meinte ich noch schnell und überreichte ihm eine Tasche. „Ich hoffe, da ist alles drin, was du brauchst. Sonst bringe ich es nächstes Mal mit", hing ich noch hinten dran. Er nickte als Antwort.

Nun öffnete ich die Mappe. Sofort fiel mir eine große Bleistiftzeichnung auf. Meine Augen weiteten sich augenblicklich, als ich ein Portrait von mir selbst erblickte. Ich lächelte bestimmt über beide Ohren. Die Tatsache, dass Levi mich gezeichnet hatte, erwärmte auf eine angenehme Weise mein Herz. Das war echt süß von ihm... Was? „Gefällt es dir? Ich habe lange daran gearbeitet", fragte mich nun Levi, welcher zufrieden sich die Zeichenutensilien musterte. „Ja...Ich finde es wunderschön", kam es nur leise von mir, die Augen immer noch auf dem Bild. Er hatte echt Talent, das musste man ihm lassen!

„Ach und danke für die Sachen. Ich brauchte echt unbedingt wieder neue", ich nickte ihm zufrieden zu und packte die Zeichnung vorsichtig weg. Ich würde sie einrahmen und auf meine Kommode stellen... „Weißt du, Levi... Wenn es die nächsten Wochen weiter so gut läuft, dann können wir dich entlassen." Er sah mich überrascht an. Hatte ich was Falsches gesagt? Nein...wahrscheinlich hatte er damit nur gar nicht gerechnet und freute sich eben. „Alles gut bei dir? Habe ich was Falsches gesagt?", versicherte ich mich und sah ich an. Seine Augen waren etwas geweitet, er schien erstmal die Aussage von mir zu versuchen zu realisieren. „Ich...kann hier raus?" Er sah mich ungläubig an, aber ich nickte lächelnd. „Aber wo soll ich dann hin? Ich habe niemanden, und ein Zuhause habe ich auch nicht mehr...", flüsterte er unwissend und senkte seinen Kopf zu Boden. „Darum kümmere ich mich! Und wenn es eben nicht klappt, dann kommst du eben zu mir!", platzte es aus mir raus. Er sah mich nun verwundert an. Hatte ich das gerade wirklich gesagt? Ja, anscheinend schon... Aber bereuen tat ich es nicht. Irgendwie fand ich die Vorstellung, dass ich Levi bei mir haben würde, gar nicht mal so schlecht.

Trust Is Useless [Ereri/Riren]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt