7. Eine gute Idee✔

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Eren Sicht:

„Weil ich eh nichts wert bin, okay?! Es würde eh nichts bringen mir zu helfen..." Levi hörte mit dem Fingernagelknibbeln auf und ballte Fäuste. Ich konnte deutlich sehen, dass er Dampf ablassen musste. Es muss sich eine Menge angestaut haben. Ich war mir sicher, wenn er sich mehr körperlich bewegte, wäre das sicher hilfreicher, als die ganze Zeit nur im Zimmer zu hocken.
Ich muss mur aber erstmal ein gewisses Vertrauensverhältnis aufbauen. Das war der Grundsatz.

„Levi, was hältst du davon, wenn wir das so machen... Ich komme alle zwei Tage vorbei. Wir reden einfach normal weiter. Nichts mit Arzt oder Patient, einfach wie normale Menschen", bot ich ihm an. Ich war mir nicht sicher, ob er da zustimmen würde, ich konnte es nur hoffen. Außerdem würde ich gerne mehr über ihn wissen als nur das, dass er eine psychologische Erkrankung hatte. Es gibt immer einer Hintertür ins Glück und auf diese strebte ich an.

Es waren kurze Momente der Stille. Keiner von uns sagte etwas. Auch wenn es für gesunde Menschen sicherlich lächerlich ist, aber für Menschen wie Levi ist es eben etwas schwerer. Sie müssen erstmal wieder 'erlernen' eine normale Unterhaltung zu führen. Sich eben langsam rantasten. Sie hatten es ja, manchmal sogar Jahre, gemieden und waren nur für sich. Es war, als hätte man das Sprechen verlernt. Die Stimme rostet ein, da sie nicht oft gebraucht wurde.

Als ich in Levis Richtung blickte, konnte ich sein nachdenkliches Gesicht sehen. Er machte bestimmt gerade in seinem Kopf eine Pro & Kontra Liste. Er sollte ruhig gut darüber nachdenken.
Ich sah auf meine Uhr, und erkannte, dass es jetzt schon 6 Minuten des Schweigens waren, aber ich wartete. Ich wollte ihn nicht bedrängen. Ich sah mir nochmal meine Notizen an, als ich ein gebrummtes 'gut' hörte. Es war die Antwort, die ich hören wollte. Ich musste anfangen leicht zu schmunzeln. Ich sollte mir es abgewöhnen, Patienten über immer so zu grinsen.

„Das freut mich, dass du für sowas offen bist. Es zeigt von Stärke."
„Inwiefern bedeutet das 'Stärke'?"
„Ganz einfach: Es bedeutet, dass du offen für Neues bist. Das du kooperierst. Manch anderen wäre es unmöglich gewesen, so einen großen Schritt einzugehen. Deshalb freue ich mich so." Ich lächelte ihn sanft an und sah kurz auf meine Schuhe.

Ich verfolgte seinem Blick. Er ging in Richtung Uhr. Dann stand er plötzlich auf und bewegte sich zum Fenster. Keine Sekunde später und er saß, wie immer, auf der Fensterbank und schaute auf den Hof. Ich erhob mich und stellte mich hinter ihm. In der Spieglung erkannte ich, wie er mich kurz ansah, dann aber wieder seinen Blick nach draußen richtete. Das Glas beschlug durch seinen Atem. Es war heute mal nicht so warm.
Ich fragte mich echt, was er da die ganze Zeit beobachtete. Ich erkannte jedenfalls nichts.
Als könnte er meine Gedanken lesen, antwortete er auf einmal.

„Es gibt eine Dreiergruppe. Sie erinnert mich an meine damaligen Freunde. Die sind jeden Tag draußen und unterhalten sich, spielen mit dem Ball usw." Jetzt verstand ich auch mal was. Schnell notierte ich das Gesagte und gesellte mich wieder zu dem Stuhl. Er hing anscheinend sehr an seinen Freunden. Ich konnte mir denken, dass er nicht gerne darüber sprach.

„Levi, da die Sitzung jetzt vorbei ist, wollte ich dir noch eine kleine Aufgabe geben. Könntest du bitte bis Übermorgen ein Bild zeichnen?" – „Wieso denn das wieder?", fragte er lustlos und genervt. Das zeigte also schon Wirkung. „Weil ich mir das so wünsche", gab ich nur als Antwort. Wir verabschiedeten uns noch, obwohl sie eher einseitig war, und dann ging ich schließlich aus seinem Zimmer.

Mein Arbeitstag war noch nicht vorbei. Ich müsste noch Berichte schreiben und sie dann Erwin geben. Also machte ich mich auf den Weg zu meinem Büro.

-

Nun saß ich schon verdammte 4 Stunden an den Berichten. Meine Hände taten noch nie so sehr vom Schreiben weh. Erfreut, dass die Berichte nun alle fertig waren, stand ich auf. Ich nahm den Hohen Papierstapel und verließ das Büro. Auf den Weg zu Erwins Büro musste ich immer mal wieder mich auf eine komische Weise bücken, um einzelne Blätter aufzuheben. Sah nicht gerade sehr gesund aus.

Ich klopfte an Erwins Tür. Trat ein, als ich ein „herein" hörte. Wie immer saß der Chef mit unzähligen Bergen an Paper an seinem Schreibtisch. Ich kam langsam auf diese zu und legte den Stapel auf einem Stuhl ab, da auf dem Tisch kein Platz mehr war. Er tat mir schon etwas leid. Ich wollte dann doch lieber keinen Job haben wie er. Der Chef sein. Ich wäre dafür viel zu unbeholfen und würde in noch mehr Chaos versinken.

„Wie war es heute mit Levi?", erklang es plötzlich seine ruhige Stimme, die auch sehr müde klang. Ich zog die Augenbrauen hoch und überlegte mir eine passende Antwort. Es stimmt schon. Ich machte gute Fortschritte.

„Gut, nach meiner Meinung sogar sehr gute sogar. Er ist bereit mit mir eine offene Unterhaltung zu führen. Ich habe ihm auch etwas zum Zeitvertreib gegeben", erzählte ich stolz und setzte ein Lächeln auf. Erwin nickte und lächelte dann auch leicht, aber schien auch etwas verwundert zu sein. Verständlich, er hatte so eine Antwort sicher nicht erwartet. Es sah aber eher komisch aus, mit den Augenringen. Es musste echt anstrengend sein, eine ganze Einrichtung zu leiten und dann auch noch selber zu praktizieren.

„Das freut mich zu hören. Hoffen wir mal, dass es weiter so gut läuft. Und nicht wie bei so manch anderen." – „Bei manch anderen?", fragte ich etwas verwirrt. Wer wohl gemeint war? Oh, ich konnte es mir doch irgendwie vorstellen.

„Hanji", mehr brauchte er nicht sagen und schon jeder verstand, was er meinte.

„Das erklärt alles", ich rieb mit am Hinterkopf und verabschiedete mich dann.

Endlich Feierabend!

Was Levi mir wohl erzählen will?

Trust Is Useless [Ereri/Riren]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt