*Kapitel 18*

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Sofort rufe ich Daniel an und erzähle ihm was passiert ist. Meiner Bitte mit mir nach Nürnberg zu fahren kommt er aber nicht nach. "Du kriegst das auch ohne mich hin Kate." waren seine Worte. Ohne mich länger darüber aufzuregen packe ich meine Sachen und buche mir online ein Ticket für den nächsten Zug nach Nürnberg. So schnell sind meine Klausuren wieder unwichtig geworden.

Ich sitze im ICE, während die Landschaft an mir vorbei zieht. Die Natur ist so vielfältig und doch wiederholt sich alles. Wälder, Felder, Wohnsiedlungen. Es sind die Details, die jeden Baum, jedes Feld und jedes Haus unterschiedlich machen. Ein Sonnenuntergang können wir tausendfach in unserem Leben erleben und trotzdem hat er für mich immer was magisches, denn er sieht jeden Tag anders aus. Ist jeden Tag wieder aufs neue wunderschön und einzigartig. Obwohl sich jeden Tag oberflächlich nur wenig auf der Welt verändert, bewirken diese kleinen Veränderungen auf lange Sicht etwas großes, von dem keiner weiß wo alles hinführen wird. Du kannst nicht wissen, ob deine Entscheidungen in 50 Jahren immer noch richtig sind oder nicht. Wir sehen die Zukunft immer in Jahren, dabei ist Zukunft schon morgen und übermorgen, genauso wie jetzt die Zukunft von vor einer Sekunde ist.

Ein Mann gegenüber von mir liest das Buch: "100 Dinge die Sterbende bereuen." Seit ich von Jakob getrennt bin frage ich mich ob man überhaupt etwas bereuen sollte. Jede Entscheidung die man vielleicht bereut, hat einen doch zu dem Menschen gemacht der man heute ist. Natürlich haben manche Dinge aus der Vergangenheit Spuren hinterlassen oder sitzen immer noch tief, doch sollte man Entscheidungen deshalb bereuen? Wenn ich statt dieser einen Entscheidung eine andere bereue macht es das nicht besser. Vielleicht sollte man Fehlentscheidungen einfach nicht bereuen, Fehler sind menschlich und manchmal kann man das Schicksal nicht einfach steuern oder entscheiden. Wir bereuen meistens die Vergangenheit und haben Angst vor der Zukunft statt einfach im hier und jetzt zu leben. Was ist daran so schwer?

Nach diesem langen Gedankenkarussell muss ich nun auch schon aussteigen. Auf Zugfahrten verliere ich mich meistens in Gedanken, ob das jetzt immer so von Vorteil ist sei mal dahin gestellt, aber ich wünschte ich wäre öfters so klar in meinen Gedanken wie auf Zugfahrten. Wahrscheinlich wäre ich dann glücklicher...

Ich nehme meinen Koffer und versuche so schnell es geht aus dem Zug raus zu kommen. Vor dem Bahnhofsgebäude fange ich ein Taxi ab, obwohl es ziemlich teuer ist, ist es trotzdem die schnellste und einfachste Methode zum Klinikum zu gelangen. Ich bin froh wenn ich Krankenhäuser mal länger als ein Jahr nicht sehe. Zum Glück ist es nicht das gleiche Krankenhaus in dem meine Oma lag, als Jakob mich da raus geschleppt hat. Das Taxi hält vor dem riesigen Komplex und ich steige ohne zu zögern aus. Vor mir erstreckt sich ein Eingang, welcher von einem meterlangen Dach mit Glaseinsätzen hervorgehoben wird. Irgendwie fühlt sich der Weg so an, als wäre ich ein Tier, welches gleich zum Schlachter gebracht wird. Ich habe keine Ahnung in welchem Zustand sich mein Vater befindet, aber eine Sache ist mir klar. Jakob hat seine Drohung wahr gemacht, auch wenn er jetzt denkt ich hätte sie längst vergessen und würde nicht auf ihn schließen, so war er schon immer. Selbst wenn ich jetzt nicht sehe, so wird er hier sein und die Situation von einem guten Versteck aus beobachten. So eine Chance mich nochmal so hilflose zu sehen, lässt er sich nicht entgehen, auch wenn ich wünschte ich würde mich täuschen.

Lukas Sicht:

Ich sitze gerade in der Vorlesung, als mein Handy aufleuchtet, weil mein Vater auf die Idee kommt mich ausgerechnet jetzt anzurufen. Da ich ihn nicht verärgern will, da er meistens nur anruft wenn es etwas wichtiges ist, verlasse ich den Hörsaal und nehme den Anruf an. "Was gibts?" meine Stimme klingt genervter als beabsichtigt. "Du ich glaube Kate steckt in Schwierigkeiten." "Woher willst du das wissen?" "Naja also ich bin eigentlich geschäftlich in Nürnberg. Im Südklinikum habe ich einen Auftrag für einen neuen Anbau. Nur ist gerade Kate hier an mir vorbeigelaufen. Sie scheint ziemlich aufgewühlt zu sein." Eigentlich müsste ich jetzt sauer auf ihn sein, weil er sich nicht in mein Privatleben einmischen soll und schon gar nicht in meine Beziehungen, aber beim Namen Kate kann ich ihm nicht böse sein. "Seit wann hast du Aufträge in Nürnberg? Ich wusste noch nicht mal, dass du nicht mehr in München bist." stelle ich fest. "Naja ich habe an der Helios Klinik in München auch mitgearbeitet. Gar nicht so ungewöhnlich, dass andere Großaufträge dann folgen, aber das solltest du eigentlich wissen mein Sohn. Ich wollte dir auch bloß mitteilen, dass Kate deine Hilfe gebrauchen könnte. Jakob ist ja meistens nicht weit weg von ihr." Leider hat er mit diesen Worten recht. Jakob ist unberechenbar und alles Schlimme was Kate bisher erlebt hat, ist oft seine Schuld. Ich kann mir nicht im Ansatz vorstellen, was in Jakobs Kopf vorgeht. Ist er so hasserfüllt, dass er andere Menschen so fertig machen will? Manchmal gebe ich mir die Schule an dem Allen. Einfach weil ich besser aufgewachsen bin als er. Ich bin in einer finanziell abgesicherten Familie aufgwachsen, die mich immer liebt obwohl ich es manchmal nicht wahrnehme und mein Vater sich manchmal einfach wie ein Arschloch verhält...

"Also kommst du her?" fragt mein Vater, nachdem ich nichts mehr gesagt habe. "Ja, ja natürlich." antworte ich schnell. Isabella wird nicht gerade begeistert sein, dass ich nach Nürnberg fahre um meine Ex zu unterstützen. Das gibt richtig Ärger und wahrscheinlich Telefonterror, weil sie versuchen wird, dass ich wieder nach München zurück komme. Dabei fahre ich aber nicht zu Kate, weil ich sie liebe, sondern weil ich der Einzige bin, der Kate gut kennt und Jakob. Somit kann nur ich ihr am Besten helfen, ist doch klar. 

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Heute wie angekündigt ein neues Kapitel...

Ob Jakob mit dem Unfall von Kates Vater etwas zu tun hat? Was glaubt ihr?

Ideen, Wünsche, Kritik oder Feedback? Falls ja, hinterlasst mir doch gerne einen Kommentar. :)

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