Kapitel 5

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Blinzelnd versuchte ich die Müdigkeit aus meinen Augen zu vertreiben und zog fröstelnd meinen Mantel enger um mich. Tränen lagen immer noch in meinen Augen von meinem Abschied von Arik. Ich hatte ihm noch am Abend erzählt, was passiert war. Er hatte sich sehr für mich gefreut und meinte, dass er versuchte am Tag der Hochzeit da zu sein. Auch ihm war der Abschied heute in der Früh schwer gefallen. Es war das erste Mal, dass wir uns für längere Zeit voneinander trennten, doch ich musste diese Chance nutzen, um ein besseres Leben haben zu können. Eilig ging ich die Gassen mit meiner kleinen Tasche entlang, in die mein weniges Hab und Gut gepackt war. Schon von weitem konnte ich das Gefolge der Prinzessin und des Prinzen erkennen und steuerte geradewegs darauf zu.
Als ich nur noch mehrere Meter entfernt war, kam einer der Wachen auf mich zu und musterte mich kalt. ,,Bist du die zuständige Dienstmagd der Prinzessin?", fragte er mit hohler Stimme. Bestätigend nickte ich und er wies mich an, ihm zu folgen. Geschickt navigierte er uns durch die ganzen Ladewägen und Reiter bis zu einer mit Gold verzierten Kutsche. Das musste bestimmt, Alessias Reisemöglichkeit sein. Nicht weit von dieser entfernt stand sie auch und neben ihr niemand anderes als Kronprinz Damian. Auch Alessias Eltern waren erschienen, um ihrer Tochter auf Wiedersehen zu sagen und ihr ihren Segen für die Reise zu geben. Langsam näherte ich mich ihnen, um nicht ungelegen ins Gespräch zu platzen. ,,Enttäusch uns nicht, Alessia.", hörte ich den König noch sagen, bevor er sich zu mir drehte und erfreut strahlte. ,,Wie ich sehen, hast du dich also wirklich dafür entschieden, mitzugehen, Delia. Was für eine Freude. Aber nichts anderes hätte ich von einer meiner Besten erwartet.", lobte mich der König. Meine Wangen färbten sich leicht rot, als der König mich mit solchen Komplimenten überhäufte. Das kam nur sehr selten vor. Anscheinend war seine Majestät sehr glücklich über die jetzigen Umstände. ,,Natürlich, Hoheit. Ich sehe es als Ehre, mit der Prinzessin gehen zu dürfen.", sagte ich schmeichelnd. ,,Nun gut. Pass auf meine Tochter gut auf. Ihr werdet einige Tage unterwegs sein. Schlimmstenfalls eine Woche. Doch ihr solltet genügend Vorräte dabei haben.", erklärte mir der König, damit ich ein wenig Bescheid wusste. Nachdem der König sich von mir abgewandt hatte, ging ich zu Prinzessin Alessia und ihrem Verlobten. ,,Guten Morgen, Hoheiten.", begrüßte ich die Beiden mit einem Knicks. Fröstelnd zog ich meinen Mantel etwas enger um mich, da es immer noch recht kalt draußen war. ,,Da bist du ja endlich! Hol mir etwas zum Trinken, ich habe Durst.", befahl mir Alessia sofort.
Das würde eine sehr lange Reise werden, dachte ich mir im Stillen, als wir uns auf den Weg machten.

Es waren jetzt schon vier Tage vergangen, in denen wir unserem Ziel immer näher kamen. Ich freute mich schon auf Vhen'alas. Da es im Süden lag, war es dort um einiges Wärmer als bei uns. Außerdem hatte ich aus einem Gespräch der Wachen gehört, dass das Schloss der Königsfamilie genau an der Küste lag. Leider konnte ich mir jetzt schon sicher sein, dass ich keine Sekunde für mich allein haben würde, denn Alessia machte sich einen Spaß daraus, mir meine Arbeit zu erschweren. Erst gestern hatte sie mir aufgetragen, ihr zum Abendessen das Fleisch eines Hirsches vorzusetzten. Doch egal, wie lange ich danach in unseren Vorräten gesucht hatte, hatte ich keines gefunden. Also war ich heimlich hinaus geschlichen mit Pfeil und Bogen und hatte einen erlegt. Mein Talent mit Pfeil und Bogen war mein kleines Geheimnis. Als ich zehn Jahre alt war, bekam Arik von einem der Wachen ein Bogen geschenkt. Weshalb wir uns jeden Abend hinaus in den Wald schlichen, um zu üben. Eigentlich war der Bogen für Arik gedacht gewesen, doch er hatte es noch nicht einmal geschafft, in die Nähe des Ziels zu schießen. Deswegen hat er mir den Bogen gegeben, als sich herausstellte, dass ich ein wahres Wunderkind damit war. Ich wusste nicht warum, aber Bogenschießen war für mich von Anfang an so einfach wie Blinzeln. Es hatte zwar ein bisschen Übung benötigt, doch jetzt traf ich ein sich bewegendes Ziel aus circa fünfzig Metern vielleicht sogar mehr. Meinen Bogen nahm ich überall mit hin, sowie auch auf diese Reise.

Natürlich war Alessia verblüfft, als sie das Hirschfleisch sah, doch ich erzählte ihr einfach, dass einer der Wachen einen an dem Tag erlegt hatte.
Zum Glück war sie heute mit ihren Forderungen nicht so extrem. Wir hatten vor etwa einer halben Stunde das Lager für die Nacht aufgeschlagen. Ich war gerade auf dem Weg, Alessia ein paar Früchte zu holen, als ich in Prinz Damian hineinlief. ,,Oh, eure Hoheit. Es tut mir leid.....ich habe euch nicht kommen gesehen.", entschuldigte ich mich sofort und ließ ängstlich meinen Kopf sinken. Es wäre nicht das erste Mal, wenn für solch eine Kleinigkeit jemand ausgepeitscht werden sollte. ,,Es ist nichts zu entschuldigen. Ich habe dich genauso wenig gesehen.", sagte er aufmunternd. ,,Wohin warst du denn unterwegs?", fragte er neugierig. ,,Die Prinzessin trug mir auf, ihr ein paar der Früchte zu bringen.", erklärte ich ihm meine Aufgabe. ,,Wenn du fertig bist, bring mir doch bitte auch noch ein paar in mein Zelt.", verkündete er und wandte sich ab. ,,Sehr wohl.", flüsterte ich.

Glücklicherweise entließ mich Alessia heute sehr früh aus meinem Dienst, weshalb ich gleich danach zu Prinzen ging, um ihn seine geforderten Früchte zu bringen. Ich war nur noch wenige Meter von seinem Zelt entfernt, als einer seiner Berater aus dem Zelt trat und mir kalt entgegen sah. Ein kalter Schauer fuhr mir durch meine Knochen und ich versuchte seinem Blick auszuweichen. Eilig ging ich zum Zelt.
,,Ich bringe dem Prinzen die gewünschten Früchte.", erklärte ich den Wachen, welche vor dem Eingang standen. Sie musterten mich aufmerksam von oben bis unten und traten dann auf die Seite, um mich ins Innere des Zelts zu lassen. Schon bevor ich ihn sah, konnte ich wieder diesen Zug spüren, der mich jedes Mal in der Gegenwart des Prinzen erfasste. Ob er das gleiche fühlte?

,,Eure Hoheit, hier sind eure Früchte.", verkündete ich, als ich eintrat. Der Prinz saß ein einem Tisch, welcher am Ende seines Zelts stand. ,,Bring sie zu mir.", wies er mich an ohne aufzublicken. Langsam kam ich auf ihn zu. Eigentlich war es mir untersagt, die Unterlagen anzuschauen, doch meine Neugierde überwog. Vorsichtig spähte ich über seine Schultern und konnte einer Karte erblicken, welche die drei Reiche zeigte. Wahrscheinlich plante er die Route für den nächsten Tag.
,,Vielen Dank." Ich wollte mich schon umdrehen und gehen, doch der Prinz hielt mich zurück. ,,Wieso warst du vor ein paar Tagen auf dem Fest.", fragte er neugierig. ,,Mir wurde aufgetragen, die Prinzessin zu begleiten.", antwortete ich wahrheitsgemäß und sah den Prinzen skeptisch an. ,,Ist dir auf dem Fest etwas komisches aufgefallen. Wie ein Gefühl, das einen in den Bann zieht?" ,,Ähm....nicht das ich wüsste.", wich ich der Frage aus. Ich fühlte mich unwohl, von dem Prinzen so verhört zu werden. Nachdem ich geantwortet hatte, konnte ich sehen, wie er sich mir gegenüber verschloss. ,,Du darfst jetzt gehen.", sagte er kalt und widmete sich wieder der Karte. Verwirrt ging ich hinaus. Was sollte das denn? Langsam ging ich zu meinem Schlafplatz.

Hoffentlich würden wir bald ankommen.

Fluch der Engel - GebanntWo Geschichten leben. Entdecke jetzt