Kapitel 6

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,,Wenn wir den ganzen Tag durchreiten, erreichen wir heute Abend unser Ziel!", verkündete der Prinz laut, damit es jeder hören konnte. Wir waren nun schon seit sieben Tagen unterwegs und alle hofften, dass wir bald ankommen würden. Eilig ging ich zur Kutsche der Prinzessin, die wartete schon auf mich und darauf die Reise fortzusetzen. Das Tablett in meiner Hand klapperte, als ich es auf eine der beiden Bänke in der Kutsche stellte. ,,Hier ist ihr Tee, eure Hoheit. Seien Sie vorsichtig, wir fahren gleich los.", warnte ich sie vor. Als hätten die Leute mich gehört, setzte sich die Kutsche in Bewegung. ,,Das weiß ich selbst, du dummes Gör.", giftete mich Alessia an. Lange Zeit war es ruhig bis unsere Kutsche plötzlich stoppte. ,,Warum halten wir an?", fragte die Prinzessin empört den Kutscher. Doch es kam keine Antwort. Beunruhigt lauschte ich nach den Stimmen der Männer, welche aber auch nicht zu hören waren. Alarmiert stand ich auf und wollte die Türe öffnen, doch sie wurde zugehalten. Jetzt begann ich daran zu rütteln, doch auch das half nichts. ,,Prinzessin, wir haben die Vermutung in einen Hinterhalt gekommen zu sein.", hörte ich die Stimme einer der Wachen leise flüstern. Schockiert zog ich die Luft ein. ,,Ihr sollt weiterhin in der Kutsche bleiben.", gab er mir die Anweisung. ,,Verstanden."

Ich merkte, wie sich der Schock langsam verflüchtigte und Platz für die Panik freigab. Auch die Farbe des Gesichts der Prinzessin war um einige Nuancen blasser geworden. Unendliche Angst spiegelte sich in ihren Augen wieder. Man konnte nichts mehr von dem überlegenen hinterhältigen Biest erahnen, welches sie in Wahrheit war. ,,Beruhigen Sie sich, Prinzessin. Der Prinz und seine Leute werden uns beschützen.", versuchte ich ihr beruhigend zuzuflüstern. Ich wollte mich wieder auf meinen Platz sinken lassen, da begann die Kutsche plötzlich fruchtbar zu ruckeln. Es hörte sich so an, als würde irgendwas versuchen, die Kutsche umzustoßen. Kreischend rollte sich die Prinzessin zusammen. ,,GEH VERDAMMT NOCHMAL DA RAUS UND BESCHÜTZE MICH!!", schrie sie mich an und wollte mich aus der Kutsche schubsen. In der letzten Sekunde konnte ich meine Tasche erfassen, in der mein Bogen und ein kleiner Dolch, welchen ich von einer netten Frau geschenkt bekommen hatte, befand. Die Angst pumpte durch meinen Körper, als ich mich umdrehte und die Situation erfasste. Um mich herum waren nur die Schreie von Wachen zuhören, welche verletzt wurden. Egal wohin ich blickte, überall waren in schwarze Mäntel vermummte Männer, welche uns mit ihren Schwertern attackierten. Der Boden wurde getränkt von dem Blut unserer und dem der Freunde. Panisch blickte ich mich um. So etwas hatte ich noch nie gesehen geschweige denn miterlebt. Ich konnte mich zwar verteidigen, aber gegen sowas hatte ich keine Chance und die Prinzessin hat mich einfach so in meinen Tod geschickt. Die einzige Chance, das hier draußen zu überleben, war, mich zu verstecken und versuchen, unentdeckt zu bleiben.

Geduckt lief ich an den Kämpfenden vorbei und wich den Attacken, die mich zu Fall bringen sollten, aus. Nur noch zehn Meter entfernt vom Wald sprintete ich mit all meiner Kraft in die Richtung. Erleichterung überrollte schon meinen Körper, doch einer unserer Feinde machte mir einen Strich durch die Rechnung. Sein Schwert tauchte plötzlich auf Kopfhöhe keine dreißig Zentimeter von mir entfernt auf. Geschockt riss ich meine Augen auf und zog meinen Kopf schnell ein, da ich nicht mehr stoppen konnte und ich sonst meinen Kopf verloren hätte. Schnell stand ich wieder gerade und widmete mich dem Mann vor mir. Alles an ihm war in schwarz gehüllt, nur sein Gesicht war zu sehen, auf dem ein gehässiges Lächeln prangte. Eine wulstige Narbe ging von seiner Schläfe aus über sein ganzes Gesicht und seine Zähne waren entweder schon gelb oder schwarz. Man konnte auch ein paar Lücken sehen. ,,Mit euch Frauen hat man zwar immer ein leichtes Spiel, doch ich werde es trotzdem genießen.", mit ekelhaftem Grinsen und dem Schwert erhoben kam er auf mich zu. Schutzlos stand ich vor ihm und fühlte mich, als wäre ich gelähmt. Plötzlich viel mir mein Rucksack wieder ein. Wie hatte ich den vergessen können? Schnell zog ich den Dolch heraus und richtete ihn auf meinen Gegner. Höhnisch lachte er auf. ,,Vielleicht wird das doch ein weniger lustiger, wenn du versuchst dich zu wehren."

Der Dolch war meine einzige Hoffnung, da ich mit dem Bogen nicht viel ausrichten konnte. Zu meinem Glück konnte ich mit diesem sehr gut umgehen. Ich hatte ab und zu im Schloss die Wachen bei ihrem Training beobachtet und im Geheimen mit geübt. Aber trotzdem war der Bogen meine beste Disziplin geblieben. Das letztendliche Problem war, dass ich nah an den Mann rankommen musste, um ihn verletzten zu können. Er hatte im Gegensatz zu mir ein Schwert und hatte somit eine größere Reichweite. Das hieß für mich, dass ich höllisch aufpassen musste. Er ließ nicht lange auf sich warten und kam mit großen Schritten auf mich zugestürmt, holte mit seinem Schwert aus und führte den Hieb aus. Geschickt duckte ich mich drunter hinweg, ließ den Dolch vorschnellen und schnitt ihm beim Vorbeirauschen in die Seite. Schmerzerfüllt schrie er auf und blickte mich fassungslos an und fasst sich mit verzogenem Gesicht an die Seite. Als er die Hand wieder wegnahm, war sie voller Blut. Grimmig lächelte ich ihn an. ,,Hast es wohl doch nicht so einfach mit mir.", sagte ich höhnend. Wütend blickte er mich an und die Lust mich zu töten vergrößerte sich. ,,Das wirst du bereuen, du Schlampe!", keifte er mich an und stürmte auf mich zu. Da ich ihn an der rechten Seite verletz hatte, war er nicht mehr so schnell und beweglich wie davor, weshalb ich leichtes Spiel hatte. Es dauerte nicht lange und ich setzte ihm den letzten Stich. Als er röchelnd zu Boden fiel, lief ich die letzten Meter zum Wald. Um nicht so schnell entdeckt zu werden, kletterte ich auf einen Baum und machte mir erst einmal einen Überblick. Es gab zwei größere Kämpfe, welche sich bei unseren Vorräten und der Kutsche befanden. Zwischen durch waren nur vereinzelte Kämpfer. Bis jetzt konnte man erkennen, dass wir uns die Oberhand erkämpften. Ich wollte mich gerade abwenden, als mir etwas ins Auge stach. Prinz Damian wurde von drei feindlichen Männern in die Ecke gedrängt und schien verletzt. Eilig nahm ich meinen Bogen, setzte an, zielte und schoss. Ich sah wie Nummer eins umfiel. Dann Nummer zwei. Und zu Schluss Nummer drei. Verwundert blickte sich der Prinz um.
Schnell ließ ich den Boden wieder in meinem Rucksack verschwinden und kletterte den Baum hinunter. Plötzlich erblickte ich etwas Leuchtendes hinter mir, irritiert blickte ich in die Richtung und konnte nur noch eine paar weiß leuchtende Federn erkennen. Perplex blieb ich stehen und starrte auf den Punkt, an welchem sie vor wenigen Sekunden noch gewesen waren. Seufzend riss ich mich los, um zum Prinzen zu gehen und zu sehen, ob er verletzt war.
Als ich dort ankam, wurde er schon versorgt und auch die Kämpfe schienen, ein Ende gefunden zu haben.

Fluch der Engel - GebanntWo Geschichten leben. Entdecke jetzt