Mit zitternden Händen öffnete ich die Mappe. Mein Blick fiel zuerst auf das Passbild, mit dem ich meine britische Staatbürgerschaft beantragt hatte. Ein kleines 14-Jähriges Mädchen lächelte leicht in die Kamera.
Ich schloss kurz die Augen und atmete scharf ein. Dann überflog ich die restlichen Informationen, um mir einen groben Überblick zu verschaffen. Er hatte alles, von dem Beruf meiner verstorbenen Eltern bis hinzu meiner Narbe am Arm.
Solche Akten hatte ich bei Agenten oder Kriminellen vermutet, aber das so etwas über mich Existierte machte mir Angst. Ich klappte sie nach gefühlten Stunden zu, bevor ich mich ihm wieder zu wandte. „Die mühe hättest du dir sparen können." Ich pfefferte die Akte aufs Armaturenbrett, damit ich sie nicht weiter anstarren musste.
Langsam spürte ich wie kalte Wut in mir auf stieg und das Bedürfnis ihn zu schlagen fast übermächtig wurde. Mein Zorn galt nicht nur ihm, sondern der Tatsache das ich über mein Leben keine Kontrolle hatte. Reihum wurde ich herum gereicht. Niemand wollte mich haben. Jedes Mal, wenn ich das Gefühl hatte mit beiden Beinen im Leben zu stehen wurden sie unter mir weggerissen. Wie ein kleines Rettungsboot wurde ich vom tobenden Meer hin und hergeworfen, doch war ich noch nicht bereit unterzugehen.
Also erwiderte ich seinen scharfen Blick. „Es war keine Mühe. Zwei Telefonate hatten gereicht, um dies alles zu bekommen." Ich verdrehte die Augen. „Und nur ein Gespräch mit meinem Onkel und ich war schon fast dein..." Ich wartete nicht auf seine Antwort, sondern stieg aus dem Wagen, da ich die Scheinwerfer eines zweiten Autos erkennen konnte.
Es war dunkel geworden nur der Mond lugte ab und zu zwischen den Wolken hervor. Doch umso Näher die Lichter kamen umso klarer wurde mir, dass dies kein Auto war. Ein paar Metern vor uns hielt ein Pferdewagen an. Es war einer solcher Wohnwagen, die immer auf der Kirmes herumstanden. Zwei Männer saßen auf dem Kutschbock. Einer von ihnen sprang aber in dem Augenblick ab, als die Kutsche anhielt.
„Hallo Tom." Mit diesen Worten schüttelte er kräftig meinem Verlobten die Hand, der auch aus dem Auto gestiegen war. Er nickte ihm zu. „Na du alter Hund." Der Mann grinste verschlagen. „Wenn nennst du hier alt. Hast du schon vorkurzem in den Spiegel geschaut?!" Dann lachte der Fremde und wand sich mir zu.
„Und du musst mein neuer Schützling sein." Ich zog verwirrt die Augenbrauen zusammen. „Ich bin Thea. Freut mich sie kennen zu lernen." Ich streckte meine Hand aus, doch er nahm mich einfach in die Arme. „Jonny!" Kam es warnend von Thomes. „Ja, ja. Ich fresse deine Kleine schon nicht." Er ließ mich los und trat ein paar Schritte weg von mir. „Thea geh schon mal hinter zum Wagen. Ich komm gleich nach!" Äußerte sich mein Verlobter. Ich nickte nur, da es mir hoffnungslos erschien ihm zu wieder sprechen.
Er hatte recht. Wenn jemand das Bündnis zwischen meinem Onkel und ihm verhindern wollte, würde ich in Gefahr sein. Der Mann Jonny hatte mich seinen Schützling genannt... Vielleicht hatte ich doch nicht so viel zu befürchten. Also ging ich um die Kutsche zum Eingang des Wagens und wartete dort. Ich hörte undeutlich die Beiden noch kurz etwas besprechen, dann knallte eine Autotür.
Kurz nach dem das Geräusch erklang, kam Thomas zu mir. In seiner rechten Hand trug er einen kleinen Revolver. Meine Atmung beschleunigte sich kurz, bis ich merkte, dass die Waffe nicht auf mich gerichtet war. „Du kannst doch damit umgehen oder?" Fragte er zweifelt, bevor er sie in meine Hände drückte. Ich nickte und umfasste das kühle Metall. Dann ließ ich es in meine Manteltasche gleiten, bevor ich an ihn herantrat. Er hatte derweil die Wohnwagentür geöffnet, um mir ins Innere helfen zu können. Ich fühlte mich schon fast wie eine gestohlene Prinzessin, wie ich im Dunklen am Waldesrand in meinem Abendkleid vor ihm stand.
Ich spürte wie seine rauen Finger kurz sacht über meine Wange glitten und gleichdarauf sich auf meiner Taille legten. „In drei bis vier Tagen sehen wir uns wieder. Wenn sich etwas ändern sollte wird Jonny dir bescheid geben." Mit diesen Worten hob er mich ins Innere des Wagens und ließ mich mit einem zu schnell schlagenden Herzen in der Dunkelheit allein.
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Die Zigeunerbraut (Peaky Blinder Fanfiktion)
FanfictionDie 23 Dorothea Solomon hat schon viel in ihrer kurzen Lebenszeit durch gemacht. Sie denkt, dass endlich alles in geordneten Bahnen läuft. Doch der Börsenkrach am 25. Oktober 1929 änderte ihr Leben völlig. Ein Ereignis jagt das Nächste, bis sie in d...