Kapitel 4 - Roots before Branches (4)

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„Du hast ja kaum etwas gegessen.", stellte Paige fest, als alle fertig waren und sie den Tisch anfing abzuräumen.
Wie sollte ich auch? Das Essen schwimmt im Fett! Widerlich.
Ich hatte Mühe gehabt meine Gesichtsausdrücke zu kontrollieren, während ich in dem Hackbraten rumstocherte. Mir war schon vorher übel von dem Fettgeruch.

„Kein' Hunger.", murmelte ich und hoffte inständig, dass mein Verdauungstrakt schon mit dem bisschen, das ich heruntergewürgt hatte, nicht völlig überfordert war. Der Kaffee hatte gut getan. Aber ich konnte auch wirklich nicht mehr sitzen. „Kann ich jetzt mein Zimmer sehen?"
„Natürlich." Sie nickte. „Mason, zeigst du Tilly bitte ihr Zimmer?" Warum denn Mason?!

„Ich finde es immer noch nicht fair, dass sie Grandmas alte Zimmer bekommt!", moserte der, bevor er aufstand und losstapfte. Paige schüttelte kaum merklich aber schmunzelnd den Kopf. In der Tür drehte er sich um und sah mich auffordernd an.„Braucht die Prinzessin eine Extraeinladung?"
Ich sah ihn an, als hätte ich ihn nicht richtig verstanden. Ich muss mich verhört haben!
„Mason!", zischte Paige und warf ihm einen mahnenden Blick zu. „Sei nett."
„Dafür ist es zu spät.", sagte ich mehr zu mir selbst, aber sie hatte es definitiv gehört. Ich trank den letzten Schluck aus meiner Kaffeetasse und folgte ihm.
Hätte Lennis das nicht machen können?
Der war erst 11, noch gar nicht pubertär und deutlich erträglicher.

In der oberen Etage angekommen, sah ich mich um.Alles hier war so anders als zu Hause. So viel weniger modern. Immobilienmakler hätten wahrscheinlich versucht mir das als Vintage Flair zu verkaufen, ich fand es einfach nur alt und verstaubt.
Gleich neben der Treppe war das Bad, daneben Masons Zimmer. In der Mitte hatte Lennis ein kleines Zimmer – ich würde es ja eher Abstellkammer nennen und daneben war das Schlafzimmer von Paige und Joe.Am letzten Ende des Flurs waren wir dann an meinem Zimmer angekommen.
Ich stockte kurz als Mason die Tür öffnete. Ich ahnte böses.
„Ich kenne die Zimmer schon. Es wäre also von Vorteil, wenn du deinen Hintern hier rein bewegen würdest." Mason grinste, ich rollte mit den Augen und lief an ihm vorbei.
„Granny sagt immer, dass die Augen irgendwann so bleiben, wenn man sie zu oft verdreht."
„Halt den Mund, Mason.", fauchte ich. Meine Mum hatte das auch immer gesagt. Und ich wollte gerade nicht auch noch an meine Eltern denken.

Skeptisch sah ich mich in dem rechteckigen Raum um. In der Mitte des Raumes stand eine kleine Couch, dahinter ein Schreibtisch und ein Bücherregal. Und es gab einen Balkon. Links von mir ging eine weitere Tür ab, die in einen kleineren viereckigen Raum führte.
„Zwei Zimmer?" Ich spähte in den zweiten Raum. Ein kleines Schlafzimmer mit einem Holzbett und zwei kleinen Kommoden. Wie sollte ich bitte alle meine Sachen darin unterbringen?
„Immerhin kannst du zählen." Mason lehnte sich in den Türrahmen.
Meine Augen verzogen sich zu schlitzen. Ich wollte ihm gerne zeigen, wie gut ich zählen konnte, wenn ich einen Zahn nach dem anderen und ihm sein dämliches Grinsen aus seinem Gesicht schlug, aber ich beschloss mich nicht provozieren zu lassen.
Nicht noch einmal. Ich war besser als das.
Außerdem war er offensichtlich nur neidisch, weil ich zwei Zimmer hatte und er nur eins.

Ich setzte mich auf das Bett, um die Matratze zu testen und sprang erschrocken wieder auf, als dieses laut ächzte unter meinem Gewicht.
„Wie zur Hölle soll ich denn darin schlafen?!"
„Wir können gerne Zimmer tauschen." Er grinste erneut.
„Vergiss es." Lächelnd tätschelte ich ihm die Wange. „Ich kaufe mir einfach neue Möbel."
„Aber wohl sicher nicht heute. Also fühl dich frei auf dem Boden zu schlafen, wenn dir das Bett nicht genügt." Er machte eine Kopfbewegung zur Seite, um seine Haare aus dem Gesicht zu schütteln und ging aus der Tür.
„Und beeil dich, ich muss dir noch den Rest des Hofes zeigen.", setzte er hinterher.
Ich verzog das Gesicht. „Ich will mich nur schnell umziehen."
„Das würde ich dir auch raten, wenn du deine Klamotten nach dem Stallrundgang nicht wegschmeißen willst." Irritiert sah ich ihn an. Ich hatte mit Sicherheit nicht vor durch Matsch und Mist zu springen und meine Kleidung einzusauen.„Leider besitze ich keine stillosen Bauernklamotten. Sorry." Ich bedachte ihn mit einem herablassenden Lächeln. „Vielleicht leihst du mir etwas von dir? Du scheinst davon mehr als genug zu haben."
Kurz verschwand das Grinsen aus seinem Gesicht, bevor er ein undefinierbares Grunzen von sich gab und seine Mundwinkel sich wieder nach oben zogen.„Ich warte draußen." Damit ließ er mich allein.

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