Es regnete immer noch, als ich schlussendlich mit dem Rad wieder aufgebrochen war.
Es war eiskalt, windig und ich war nach kurzer Zeit pitschnass. Mein lautstarkes Fluchen wurde vom Wind einfach verschluckt.
Ich hätte Joe anrufen können. Ich hatte es auch kurz in Erwägung gezogen, den Gedanken aber schnell wieder verworfen. Außerdem gab mir Radfahren genug Zeit zum Nachdenken.
In meinem Kopf wirbelten zig Fragen umher.Mein Großmutter hatte ein besonderes Händchen für Worte.
Es war leicht ihr stundenlang zuzuhören, während sie mit einem Glitzern in den Augen von längst vergangenen Sommertagen mit meinem Großvater erzählte und wie sehr meine Mutter ihm doch ähnelte. Doch ganz elegant und zuerst völlig unbemerkt umging sie das Thema, das mich eigentlich interessiert hatte. Ich hatte völlig vergessen, warum ich eigentlich gefragt hatte und mein Körper hatte darüber völlig vergessen, sich darüber aufzuregen, dass wir über meine Mutter redeten. Es war überraschend okay gewesen.
Keuchend trat ich fester in die Pedale.
Vielleicht war der Vorfall auf der Party ja der Letzte gewesen. Jetzt war alles raus und es war doch sowieso egal und nicht zu ändern. Ich würde mich einfach auf mein nächstes Ziel fokussieren – Graduation und dann ab zurück nach Deutschland.
Ich hatte meine Mutter allerdings auch nicht wiedererkannt in ihren Erzählungen.
Um ehrlich zu sein, hatte ich nicht einmal gewusst, dass meine Mutter ebenso Klavier gespielt hatte.
Wann war aus dem fröhlichen, wenn auch dickköpfigen Kind, von dem meine Großmutter erzählte, meine ehrgeizige, karrierefixierte Mutter geworden, die sich für Musik nicht mehr im Geringsten interessierte? Oder gar für mich.
Nein. Ich würde jetzt nicht darüber nachdenken.Der Regen peitschte mir ins Gesicht und um mich herum war es so stockdunkel, ich konnte gerade so die Straße erkennen. Das aufkommende, unbehagliche Gefühl schob ich ganz weit weg und versuchte mich einfach auf den durch mein Fahrradlicht spärlich beleuchteten Weg zu konzentrieren.
Ich hasste Winter – auch ohne Schnee.
Ich konnte den kalifornischen Sommer kaum erwarten.
Etwas, das ich mit meiner Mutter gemeinsam hatte. Sie hatte die heißen Sommer immer vermisst.
Also warum war sie weggezogen? Wegen meines Vaters? Oder gar wegen Joe?Meine Mum und Joe sollen wie Katz und Maus gewesen sein, als sie klein waren.
Sie hatten sich nur in den Haaren gehabt und allen um sich herum den letzten Nerv geraubt.
Bis sie älter und als Teenager plötzlich ein Herz und eine Seele wurden.
Ich sah die Parallelen zu mir und Mason überhaupt nicht.
Das würde mir mit Mason niemals passieren.
Erstens waren wir bereits Teenager und zweitens war Mason eine Ausgeburt der Hölle. Mein teuflischer Zwilling. Er sah mir leider tatsächlich beängstigend ähnlich.
Dennoch...
Das würde niemals passieren.
Wenn ich mit 18 zurück nach Deutschland ziehen konnte, würde ich drei Kreuze machen - Nein, zehn Kreuze! - und keinen Gedanken mehr an Mason verschwenden.Aber... dann konnte es doch nicht an Joe liegen. Oder doch?
Warum war der Kontakt von meiner Mum mit Joe sonst abgebrochen?
Warum hatte meine Großmutter kein einziges Bild von Joe, Paige und ihren Enkelkindern in ihrem Haus?
Und was hatte Joe sagen wollen? Shes just...
She's just what, Joe?!
Frustriert stöhnte ich auf und trat noch fester in die Pedale. Fragen über Fragen.
Es waren nur mehr geworden, statt weniger, durch das Gespräch.
Ich musste wohl weiter dranbleiben, um herauszufinden, was passiert war.Als ich die Ranch erreichte, atmete ich erleichtert auf.
Ich war erleichtert, dass meine Beine bis hierher nicht aufgegeben hatte.
Und ich war erleichtert, dass ich lebend wieder hier angekommen war.
Der Weg war doch ziemlich gruselig im Dunkeln.
Paige war not amused.
Ich war gar nicht so spät zu Hause – es war halt Winter und früher dunkel!
Es wirkte nahezu komisch, wie sie sich vor mir aufbaute, Hände in den Hüften und mit geweiteten Augen mir eine Predigt über Sicherheit, Verantwortungsbewusstsein und die Wichtigkeit von Familienessen hielt. Ich sah darin keinen Sinn, behielt das aber für mich.
Ich war klitschnass und wollte einfach nur ein heißes Bad nehmen.
Mit einem Teller voll mit Resten des Abendessens verschwand nach oben, wo ich direkt in die heiße Wanne schlüpfte.Es half allerdings leider nicht so gut wie erhofft.
Am nächsten Tag fühlten sich meine Glieder an wie Blei.
Das lag ganz vielleicht auch an meinem Fahrradexzess. Für jemanden, der ewig nicht gefahren war, war das ein Exzess gewesen! Ich hatte Muskelkater vom Feinsten.
Aber auch meine Nase war verstopft.
Ich war nie krank. Nie. Das ging sicher schnell wieder vorbei. Also schleppte ich mich in die Schule und bekämpfte das Schlappheitsgefühl mit diesmal zwei Tassen Kaffee zum Frühstück.
Um ehrlich zu sein, war High School tatsächlich das geringere Übel, als den ganzen Tag in diesem Haus zu verbringen. Mit Paige.In der Schule wurde ich direkt überfallen von Marica und Destiny.
„Tilly, say something!" Destiny wirkte verzweifelt und ich brauchte ein paar Sekunden um zu begreifen, warum. Hinter ihr stand Nataly – in ihren alten Klamotten und war schwer damit beschäftigt sich unsichtbar zu machen. In einer Plastiktüte hatte sie mein ruiniertes Kleid mitgebracht.
Das war wahrscheinlich eh nicht mehr zu retten, aber ich nahm es dennoch wortlos entgegen.
„You don't look so great." Destiny neigte den Kopf sie zur Seite, während sie mich musterte. Ich erwiderte nur knapp, dass ich mich auch nicht so großartig fühlte und zog mir Nataly zur Seite.
„You like Zach, right?"
Nataly nickte zögernd.
„Then why on earth are you wearing that stuff again?"
Sie hatte darauf keine Antwort. Ich hatte doch nicht umsonst Geld für neue Klamotten für sie ausgegeben. Nataly wohnte unweit von der Schule, also beschlossen wir in der großen Pause zu ihr zu laufen und das zu ändern.
Ich schleppte mich zu englisch und anschließend zu Musik. Meine Augenlider waren schwer, ich konnte kaum folgen. Kates giftige Blicke prallten einfach an mir ab.
Erstaunlicherweise sagte sie aber kein Wort.
Mr Logan registrierte, dass ich wie ein Schluck Wasser auf meinem Stuhl hing und legte mir zur großen Pause nahe, doch lieber nach Hause zu gehen.
Aber ich hatte noch eine Mission.Ich begleitete Nataly zu ihr nach Hause und versuchte mich an einem Pep-Talk, nachdem ich sie vor den Spiegel gestellt hatte. Ihre Wohnung war nicht besonders groß, sie wohnte hier allein mit ihrer Mutter. Es war gemütlich. Etwas bunt und zu viele Tücher und Makramees für meinen Geschmack, aber gemütlich. Natalys Zimmer war vielleicht 10qm groß und bot nicht sonderlich viel Platz für eine Modenschau. Ich suchte ihr ein Outfit raus, während sie auf ihrer Lippe nagte und nicht besonders hilfreich in der Gegend rumstand.
Als ich sie fragte, warum sie sich wieder für ihre alten Klamotten entschieden hatte, sagte sie lange nichts. Sie zog ihre Pulloverärmel lang und versuchte ihre Hände darin zu verstecken.
So wortkarg war sie seit meinem ersten Tag auf dem Schulhof nicht mehr gewesen.„I'm just scared, I guess..", brach sie die Stille und zog ihre Schultern bis zu den Ohren.
„I really don't want to be on Kate's radar."
Mit verschränkten Armen stand ich hinter ihr und beobachtete sie im Spiegel.
„I guess then we can't be friends."Schreibtief...
Deshalb nur ein hart erkämpfter Zwischenteil und Tilly wieder in voller Pracht - sehr direkt und hochgradig charmant
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Ficțiune adolescenți‚If you get lost, you can always be found' Tilly ist 16, talentierte Sängerin und Pianistin und hat große Pläne. Nach einem heftigen Schicksalsschlag ändert sich für Tilly allerdings alles. Sie muss ihr zu Hause verlassen und bei ihrem Onkel auf ei...