Seufzend steckte ich mir einen Pommes in den Mund. Wir saßen bei McDonalds und kaum einer sagte ein Wort. In letzter Sekunde hatte sich Romeo doch noch angeschlossen. Eine weise Entscheidung. Nataly nibbelte an dem Strohhalm ihres Milkshakes. Sie sah immer noch aus wie ein Häufchen Elend. Ihre Augen waren gerötet und sie hatte ihre Jacke nicht einmal geöffnet.
Paul kam gerade mit dem Tablett zurück mit den restlichen Burgern und Nuggets. Er zog sich einen Stuhl heran und setzte sich neben mich. „Chickennuggets, anyone?"
Angewidert verzog ich das Gesicht.
„I'm not eating that. I don't even know whats in them."
„Pure happiness. I don't care about anything else.", erwiderte er mit einem breiten Grinsen und steckte sich einen Nugget in den Mund. Er war wieder in seinem Element. Von der Wut war nichts mehr übrig offensichtlich. Schön für ihn, ich wünschte ich könnte von mir dasselbe behaupten.
Zach saß mir gegenüber und beobachtete mich über seine Cola hinweg. Ich wich seinem Blick nicht aus, während er in meinen Augen nach einer Erklärung für meinen Ausbruch vorhin zu suchen schien.„Come on, at least eat something." Romeo hielt Nataly einen Pommes hin. Aus großen Augen sah sie ihn an. Sie wirkte immer noch geistesabwesend.
„I can't believe we're letting Kate ruin all the fun.", platze es aus Marica heraus. „Damn it! Paul, give me something of that pure happiness."
Er warf ihr grinsend einen Nugget über den Tisch. „That's the spirit!"
„I shouldn't have gone to that party." Nataly sprach so leise, dass man sie kaum verstand. Dennoch waren alle Augen plötzlich wieder auf sie gerichtet.„Bullshit!", erwiderte ich etwas zu aggressiv.
Paul hob eine Augenbraue, doch ich ignorierte ihn. „Don't let Kate win. I'm sorry she ruined your night." Destiny legte Nataly einen Arm um die Schultern. „That dress... it was expensive, wasn't it?" Nataly sah mich an. „I'm gonna pay you back, I promise."
„You will do no such thing." Ich schüttelte vehement den Kopf. „If anyone is going to pay for that dress, it's Kate." Romeo sank auf seinem Stuhl immer mehr zusammen.
„I bet a lot of guys thought about ruining your dress.." Paul schien laut zu denken - immer noch grinsend -, während er auf einem Pommes rumkaute. „Not like that, but... you know."
Entgeistert sahen wir Mädchen ihn an.
„Paul, what the fuck?"
Entwaffnend hob er die Hände. „She did look kinda hot in that dress, right? Right?!" Hilfesuchend sah er zu Zach und Romeo. Zach lachte nur, während Romeo ihn mit einem Pommes bewarf. Natalys Gesichtsfarbe wechselte von leichenblass zu einem dezenten pink.
„Paul, you are ... unbelievable." Ich rollte mit den Augen. „Unbelievably charming?" Er rückte ein Stück näher und wackelte mit den Augenbrauen.
„Oh dear god!" Ich schob sein Gesicht ein Stück weg. „Man, you're so german." Paul lachte. Verständnislos sah ich ihn an. „At least american girls think I'm charming."
„Do yourself a favour and never go to germany. Especially not when I'm back there. I don't know whats worse. Two years with Mason, Kate or you."
„Wait, but can I visit?" Romeos Begeisterung für Deutschland war nicht zu übersehen. Er wollte offenbar unbedingt Berlin sehen. Ich kam aber gar nicht dazu zu antworten.
„Ah, come on. I know you like me." Paul zwinkterte mir zu und ich musste zugeben, es war schwer nicht zu schmunzeln. Er war tatsächlich aushaltbar. Ein Schleimer, ziemlich taktlos außer an der Gitarre und so furchtbar überzeugt von sich selbst. Spoiled. Von all der Aufmerksamkeit, die er offensichtlich bekam. Aber ich hatte heute auch eine ganz andere Seite an ihm gesehen.„You don't seem so pleased about your stay here.", sagte er etwas leiser. Über den Tisch konnte ich sehen, wie Zachs Ohren auf die doppelte Größe wuchsen. Der Rest hatte es Gott sei Dank nicht gehört.
Ich zögerte. Lügen machte wenig Sinn. Man sah mir mehr als deutlich an, dass ich hier nicht freiwillig war. Dennoch musste ich ihnen ja auch nicht die ganze Wahrheit erzählen.
„I'm not.", antwortete ich knapp und griff nach meinem eigenen Milkshake.
„Why?", fragte er ganz direkt. Für eine Millisekunde schloss ich die Augen, unterdrückte ein Seufzen. „Because... I had no choice in the matter."
„What ... did your parents force you into a plane?" Paul stupste mich grinsend in die Seite. Wieder konnte ich ihn nur ungläubig anstarren.
„Au!", jammerte der plötzlich und sah Zach erbost an. Wenigstens musste ich ihm nicht selber weh tun. „What?"
„Then why are you here?" Zach sah mich durchdringend an.
Ich brauchte einen verdammten Themenwechsel. Ein Nervenzusammenbruch für heute reichte doch. Einatmen. Ausamten.
„My parents had to... leave. And I have no family left in germany, so I have to stay with my uncle until I'm 18 and can live on my own. In Germany." Die letzten Worte betonte ich noch einmal deutlich. Gott, ich konnte es nicht erwarten hier wegzukommen.
„Now you have us. And when you finally fall for my charm – and everyone does sooner or later – you will definitly not want to go back to germany." Paul legte mir den Arm und die Schultern und zwinkerte mir zu.
Und ich...
Ich brach in schallendes Gelächter aus.Alle starrten nun uns an. Irritiert wich Paul zurück.„You are... something else.", sagte ich schließlich, als ich wieder Luft bekam. Immer noch lachend tätschelte ich seine Wange. „Thanks, Paul. What would I do without a friend like you?"
Er rümpfte die Nase und sah hinüber zu Zach und Romeo, die sich simultan das Kinn rieben und stark damit beschäftigt waren, sich das Lachen zu verkneifen.„Who wants icecream?!", fragte ich danach direkt in die Runde. Ich brauchte jetzt ein großes Eis. Mit Oreos. Und einen Themenwechsel. Marica sprang sofort auf und warf die Hände in die Luft.
„Yes!! And this is my song!" Aus den Lautsprechern ertönte Lizzo. „Come on, girls! Nothings gonna stop us from dancing here." Sie zog Destiny mit auf die Füße.
„But there are other people here, who are watching us." Natalys Augen weiteten sich. Ich ließ mein Blick durch den Raum schweifen. Hinten in einer Ecke saß ein Pärchen. Ansonsten war der Laden leer.
„Who cares!" Marica drehte sich ausgelassen im Kreis.Wir sammelten schnell die Eiswünsche und Zach erhob sich, um zu bestellen.Sanft stieß ich Nataly an. „Don't you think Zach could use some help?", flüsterte ich und hob die Augenbrauen. Nataly sah mich nur an, wie ein Reh im Scheinwerferlicht. „Dear god, Nataly. Go and help Zach carry that damn icecream."„I... I... you think? It feels so...awkward. I wouldn't know what to say." Ich seufzte. Konnte das wirklich so schwer sein? „Okay, we will work on that. For now, I'm gonna do it myself." Ich stand auf, zog Nataly auf die Füße, um sie zum tanzen zu bewegen und folgte Zach zu den Kassen. Er hatte bereits bestellt und lehnte am Counter.
Zach verschränkte die Arme vor der Brust und verlagerte sein Gewicht von einem Bein aufs andere. „Hey.", sagte er leise. „Hey.", gab ich genauso zurück.
„Are you... are you feeling better?" Er schielte seitlich zu mir herüber. Ich sah ihn nicht an. Mit ebenso verschränkten Armen lehnte ich mich neben ihm an den Tresen.
Natürlich ging es mir besser. Das sah er auch so. Ich konnte atmen. Ich hatte keinen Heulkrampf. Es war eine dämliche Frage, aber gleichzeitig wusste ich, dass er gerne 100 andere Fragen gestellt hätte, aber wahrscheinlich nur diese als safe angesehen hatte. Ich hätte ihm auch keine davon beantwortet. Meine Eltern waren heute schon zu häufig Thema gewesen. Wie alle Menschen immer davon ausgingen, dass man zwei quicklebendige Eltern hatte. Es gab so viele Konstellation, von Trennung bis Tod, Patchworkfamilien und wirklich viele gute Gründe, warum jemand nicht über seine Eltern reden oder nicht darauf angesprochen werden wollte. Hier dachte niemand offensichtlich auch nur ansatzweise darüber nach.
„Tilly?" Zach's besorgte Stimme holte mich aus meinen Gedanken. Kurzzeitig verwirrt sah ich ihn an.Er hatte mich heute an einem Abend in mehr Stimmungslagen gesehen, als alle Menschen in meinem Leben. Alle außer Julian.
„I'm okay.", antwortete ich schließlich. Er lächelte zögerlich und ich erwiderte sein Lächeln. Danach warteten wir schweigend, bis das Eis kam. Zach war generell eher schüchtern und wortkarger als der Rest, aber es fühlte sich nicht komisch an. Er stand einfach neben mir und es war okay.Aus der Ferne beobachtete ich die kleine Gruppe von Menschen. Paul war zu Romeo aufgerutscht und hatte die Hand auf seinen Rücken gelegt. Romeo hatte die Ellbogen aufgestützt und das Gesicht in den Händen vergraben. Scheinbar war er doch ziemlich fertig wegen der Trennung von Kate. Marica und Destiny hüpften herum und versuchten Nataly etwas lockerer zu bekommen. Es war schon merkwürdig, was eine kleine Veränderung bewirken konnte. Sie gingen alle schon jahrelang gemeinsam zur Schule, doch von dem was ich wusste, hatten sie bisher gar nichts miteinander zu tun gehabt. Bis ich dazu kam. Ohne dass ich es wirklich beabsichtigt hatte, hatte sich um mich herum eine neue Clique gebildet.
Ich sah Zach von der Seite an. Ich war vielleicht etwas sehr forsch vorhin, aber ich wusste, er würde niemandem von meinem Ausbruch erzählen. Ich vertraute ihm dahingehend. Ich wusste nicht woher dieses Vertrauen kam. Es fühlte sich einfach ganz anders an als mit der Berliner Clique. Ich wollte hier nichts mögen, aber ich musste zugeben, es fühlte sich ganz gut an mit ihnen hier zu sein. In diesem Augenblick fühlte es sich an, als wäre es schon immer so gewesen.Und ich musste mir eingestehen, dass ich wohl nicht hier sitzen würde, wenn mich Kate nicht aus der Reserve gelockt hätte.Die Mitarbeiterin brachte unsere Bestellung und riss mich aus meinen Gedanken.
Leise seufzend griff ich nach den Eisbechern und wir gesellten uns zurück zur Gruppe.Hallo ihr Lieben!
Hier war es lange still, da ich eine lange und schwere Zeit im Krankenhaus hatte und erstmal wieder auf die Beine kommen musste 😶Aber jetzt geht es weiter. Das soll keine der unzähligen, unfertigen Geschichten im Wattpaduniversum werden.
Ich freue mich über jeden, der noch dabei ist!Lasst ein bisschen Liebe da ✨☺️
Miri
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Novela Juvenil‚If you get lost, you can always be found' Tilly ist 16, talentierte Sängerin und Pianistin und hat große Pläne. Nach einem heftigen Schicksalsschlag ändert sich für Tilly allerdings alles. Sie muss ihr zu Hause verlassen und bei ihrem Onkel auf ei...