Emotionaler Abschied

164 13 0
                                    

Eomer betrat schweigend und ruhigen Schrittes den abgedunkelten Raum, in dem seine Frau lag. Er konnte sie nicht ausmachen, hörte aber ein schweres Atmen - es durchdrang die Stille wie ein Schwert das Fleisch. Die Wärme von Lil's Lippen spürte der Hauptmann noch, als er sich weiter dem Bett nährte. Ihm gefror das Blut in den Adern, als er seiner todgeweihten Frau ins Gesicht blickte. „Eomer" hauchte sie mit einem angedeuteten Lächeln. Eomer zwang sich, seine Mundwinkel nach oben zu bewegen, auch wenn ihm eher nach Weinen zumute war. Leise überwand er die letzten Schritte und ließ sich vorsichtig auf der Bettkante neben der jungen Frau nieder. Adelind griff nach seiner Hand. Sie konnte sie nicht lange halten – dafür fehlte ihr die Kraft. Sie wollte etwas sagen, doch er hinderte sie daran. Vorsichtig legte er seinen Daumen auf ihren Mund. „Adelind, ich möchte dir danken, für alles was du für mich getan hast. Du warst mir eine gute Freundin, so verständnisvoll, rücksichtsvoll und auch liebevoll. Du hast mir durch die schwerste Zeit meines Lebens geholfen, den Schmerz gelindert .... und ich bin nun Schuld, dass du stirbst. Ich weiß nicht, ob ich mir das jemals verzeihen kann..." Seine Stimme brach ab. Während er mit ihr sprach hatte er seinen Blick gesenkt. Seine Frau räusperte sich, woraufhin er sie direkt anblickte. Sie hatte eine Träne im Augenwinkel aber ein seliges Lächeln.

„Eomer, ich verlasse die Welt und habe meinen Frieden gefunden. Diese Schwangerschaft war das schönste, was mir widerfuhr. Ohne dich hätte ich das nicht erleben können. Außerdem genoss ich unser Beisammensein. Es war so harmonisch zwischen uns, das ich oft vergaß, dass nicht ich deine wahre Frau bin ... sondern Lillith. Ich danke dir, dass du mich das nicht hast spüren lassen und mir ein guter Mann warst." Sie legte eine längere Pause ein und stellte fest, dass nun auch Eomer Tränen in den Augen hatte. Der Hauptmann war sehr gerührt von ihren Worten, was ihn wiederum aufwühlte. Was sollte er tun? Was war ein würdiger Abschied? Es war alles gesagt und dennoch fühlte es sich so unvollständig an. Er ließ sich von seinen Gefühlen treiben, ob nun richtig oder falsch, er ging ihnen nach.

Langsam beugte er sich zu Adelind hinunter. Das Atmen fiel ihr zunehmend schwerer, das konnte er deutlich hören. Er platzierte seine Lippen auf ihren spröden, trockenen Mund. „Danke Eomer." hauchte sie, ehe sie den Kuss erwiderte.

Er spürte, dass ihre Lippen erschlafften und entfernte sich langsam von ihr. Ihre Augen waren geschlossen und ihre Brust hebte sich nicht mehr – sie hatte aufgehört zu atmen. Es war vorbei. Adelind wurde von ihren Schmerzen, von ihrem Leid und von ihrem Leben erlöst.

Die Tür öffnete sich leise. Eomer bemerkte das nicht, immer noch in seiner Trauer und Gedankenwelt versunken. Theodred trat ein und ging langsam auf den Hauptmann zu. Der Prinz war von Eomer's Trauer verwundert. Er hatte wahrlich ein gutes Herz und einen weichen Kern, wenn ihm der Tod seiner aufgezwängten Ehefrau nahe ging. Vorsichtig legte er dem Witwer eine Hand auf die Schulter. Erschrocken fuhr Eomer herum und schaute den Prinzen finster an. „Sie hatte was Besseres verdient." Sagte er vorwurfsvoll zu Theodred. Des Thronfolger Mundwinkel zogen sich nach oben. „Sie hat sich nie beklagt. Im Gegenteil ... sie hat dich geliebt." Er zückte einen Brief hervor und hielt ihm Eomer entgegen. Verdutzt von der neuen Erkenntnis nahm er ihn.

'Liebe Lyrann,

ich habe mich sehr über deinen letzten Brief gefreut. Deine tröstenden Worte waren Balsam für meine Seele und ließen mich vielleicht ein wenig besser über die Fehlgeburt hinwegkommen.

Auch Eomer bemüht sich sehr, mich zu trösten und aufzumuntern. Er schlug mir sogar vor, es noch einmal zu versuchen. Sobald ich bereit wäre, würde er versuchen mich erneut zu schwängern.

Ich bin ihm so dankbar und liebe ihn dafür. Er ist ein guter Mann, vor allem ein guter Ehemann. Ich fühle mich ihm so verbunden und nahe – vermutlich könnte ich sagen, dass ich mein Herz an ihm verloren habe. Doch ich tue es nicht, denn auch wenn er stets freundlich, liebevoll und aufmerksam ist, spüre ich seinen Herzschmerz. Sein Herz gehört nach wie vor Lillith und es tut mir weh, ihn so zu sehen. Um seiner Seele und Lebensfreude Willen, wünschte ich mir, dass er mit Lillith wieder vereint wäre. Einen Menschen den man liebt leiden zu sehen, machtlos und ohne denjenigen helfen zu können , ist ebenfalls eine Art der Bestrafung.

Nun ich hoffe nach wie vor, dass deine Beziehung mit Theodred Eomer, Lil und mir neue Möglichkeiten aufweist.

Gespannt werde ich auf deinen Bericht warten.

In tiefer Verbundenheit

Adelind'

Eomer ließ den Brief sinken und schaute fassungslos erst zu seiner verstorbenen Frau, dann zu Theodred. Wissend nickte der Prinz. „ Kommt Eomer, ihr hattet Euren Abschied, andere werden sich von ihr verabschieden, ehe wir sie zu Grabe tragen. Ich möchte mit dir und Lil etwas wichtiges besprechen. Trefft mich nach dem Essen im Garten."

Während er sprach hatte er den Hauptmann zur Tür bugsiert, öffnete sie und ging seiner Wege. Einen Moment verharrte Eomer noch, ehe er unbewusst zu den Gemächern seiner Liebsten und ihrem Sohn ging. Zögernd klopfte er an und trat erst ein als man ihn gewähren ließ.

„Eomer, du musst doch nicht anklopfen .... komm und setz dich, du siehst nicht gut aus ...."

Lil verstummte, denn sein Gesicht sprach Bände. „Eomer, es tut mir so leid." flüsterte sie kaum verständlich. Eomer schmiegte sich an Lillith, was sie ganz und gar nicht von ihm gewohnt war. Sie spendete ihm Trost so gut sie konnte. Langsam mit Eomer's Kopf auf ihrer Brust lehnte sie sich zurück. Der Hauptmann nahm Rücksicht, erhob sich und legte sich zu ihr ins Bett. Seinen Kopf legte er auf ihren Bauch. Könnte da ein Kind drin sein? Würde sie eine weitere Schwangerschaft so gut überstehen wie die Erste? Sein Bedürfnis sie erneut zu schwängern und alles mit zu erleben hielt sich nun in Grenzen. Zu groß war die Angst, dass sie auch unter Komplikationen leiden könnte. Er war erschöpft von den Ereignissen der letzten Tage. „Liebes, Theodred möchte mit uns nachher sprechen. Ich bin gespannt, was er uns zu sagen hat..." er schaute Lil in die Augen als er das sagte. „Ruh dich aus mein Schöner." forderte sie sanft. Lillith war erschrocken über seine roten, müden Augen. Oder war sie viel mehr erschrocken und verunsichert, wie viel ihm Adelind bedeutete ....

Ihr ist der Brief in Eomer's Tasche, der zur Hälfte raus guckte durchaus aufgefallen. Während sie wartete, bis er einschlief, haderte sie mit sich selbst, ob sie ihn lesen sollte oder nicht. Letztendlich siegte die Neugier und sie nahm ihn sich. Zeile für Zeile las sie sich durch und immer mehr geriet ihr Herz ins Stolpern. Die junge Frau war so vertieft, dass sie nicht merkte, dass Eomer wach wurde und sie beobachtete.

„Ich wusste nichts davon." sagte er sanft zu Lil. Natürlich konnte er sich vorstellen, dass es sie verunsicherte. Lil erschreckte sich ungemein. „Eomer ... ich ..." stammelte sie entschuldigend. Er legte seinen Finger auf ihre Lippen und hinderte sie am Weiterreden. Er rückte hinauf, um ihr in die Augen zu sehen. „Ich liebe dich Lillith. Es tut mir leid, dass ich die letzten Tage nicht für dich da war. Aber ich weiß, dass du das verstehst und mir nicht übel nimmst – oder?" Immer noch mit dem Gefühl des ertappt worden seins, schüttelte sie den Kopf. Eomer lächelte milde gestimmt. Schon zu lange musste er auf Zärtlichkeiten von Lil verzichten – Zeit das nachzuholen. Er küsste sie innig und leidenschaftlich – geleitet von seinen Gefühlen. Verunsichert ließ sich seine Geliebte darauf ein. Er unterbrach den Kuss, stand auf und zog sich komplett aus. Lil war irritiert. Eomer setzt sich breitbeinig auf die schöne Frau, nahm ihr Gesicht in seine Hände und sah sie eindringlich an. „Das alles, alles was passierte ... ändert nichts an dem was ich für dich empfinde oder schon immer empfand! Ich liebe dich Lillith und mein Herz gehörte schon immer nur dir!" Dankbar und überzeugt von seinen Worten zog Lil seinen Kopf zu sich und setzte zu einem Kuss an, der eins zum anderen führen ließ. Gemeinsam und durch den körperlichen Genuss überwanden sie alle Distanzen zwischen ihnen, die in letzter Zeit zustande gekommen waren.

Die Liebe zum Hauptmann ist VERBOTEN! (Eomer FF/ beendet)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt