3. Kapitel

398 9 0
                                    


Es wurde still.
Es schien so als würde er nachdenken.
Nachdenken über seinen eigenen Namen.

"Ich bin Gustav, aber du kannst mich ruhig Gus nennen.", erwidert er schlicht auf meine Frage.

Ich nickte leicht und ließ meinen Blick durch die Gegend gleiten.

Diese Ecke der Stadt kannte ich tatsächlich noch nicht.

Sie war schön und vorallem ruhig.

Die meisten meiner Freunde leben im Norden.

Sie sind früh ausgezogen oder könnten es sich einfach nicht leisten an einem so schönen Ort zu wohnen wie hier im Süden.

Im Norden der Stadt ist es relativ billig eine Wohnung zu mieten. Doch schön ist es keinesfalls. Im Gegenteil.

Die Wohnungen sind meist Bruchbuden.
Die Kriminalität ist relativ hoch und auch das Verhalten der Menschen wirkt wesentlich aggressiver als in der Rest der Stadt.

Sina wohnt ebenfalls im Norden. Sie musste früh bei ihrer Mutter ausziehen.

Das Verhältnis der Beiden war nicht gut.

Auch mein Weg führt immer öfters in den Norden.

Natürlich besuche ich ab und an Sina, aber vorallem bin ich gern im Norden spazieren. Es ist besonders und wild.

"Alles gut?", rieß eine Stimme mich aus meinen Gedanken.

"Ja, ich habe nur nachgedacht.", erwiderte ich wahrheitsgemäß.

Ich möchte Gus nicht von meinem Gedankenfluss erzählen.
Wir kennen uns seit ein paar Stunden und es ist schon schlimm genug dass ich nun mit ihm gehe.

Wir bogen in eine Seitengasse ab.
Es sah alles so schön aus. So reich und lebendig.

Blumen verschönern Terrassen.
Rote Ziegelsteine scheinen im Mondlicht.

Ich erkenne erste Eindrücke der Innenräume.
Sie scheinen riesig zu sein.

Plötzlich hielten wir vor einer riesen Haus.

"Wir sind da.", sagte Gus und wagte dabei ein Blick auf mich hinunter.

Er konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen als er meine leuchtenden Augen sah.

"Das Haus ist ja riesig. Wie viele wohnen denn hier?", fragte ich mit offenen Mund, während ich mir alles genau einprägen wollte.

Es war ein weißes Haus.
Ich vernahm einen kleinen Vorgarten mit scheinbar schwarzen Rosen.

Gus öffnete behutsam die Tür.

" Eigentlich nur ich, aber meine Kumpels sind quasi mit hier eingezogen. Sie sind aber noch auf der Feier.", erklärte er leise und ging ins Haus.

Ich tat es ihm gleich.

Zu beeindruckt von dem Haus, brachte ich kein Wort aus mir heraus.

Vor mir lag ein unendlicher Flur.
An den Wänden waren viele Bilder.
Bilder mit Freunden oder seiner Familie.

Ich blieb plötzlich stehen und betrachtete eins genauer.

Ich erkannte Gus. Er muss auf dem Bild recht jung gewesen sein. Wahrscheinlich nicht einmal 18.

Und einen älteren Mann. Dieser strahlte, wirkt in den Armen des jungen Gus so glücklich.

'Wer ist das?', frage ich Gus unschuldig und betrachte noch immer das Bild vor mir.

Auch Gus tut es mir gleich.

'Das ist mein Grandpa.'

Seine Stimme ist zögerlich und unsicher. Als hätte ich ihn soeben bei etwas erwischt.

'Alles gut?', meine Stimme ist leise, aber dennoch hörbar.

______________________________________

Peep's Sicht

Zugegebenermaßen hat ihre Frage mich in Erinnerung schwelgen lassen.

Mein Opa ist mein Anker in der Brandung. Er steht voll und ganz hinter mir. Er liebt mich wie kein anderer auf dieser Welt.

Über ihn zu sprechen, finde ich schwierig. Ich vermisse ihn, aber möchte ausgerechnet jetzt nicht emotional werden.

Ich schaue ein letztes Mal auf meinen Opa und schenke ihm ein ehrliches Lächeln.

Dann wende ich mich erneut an Sydney, welche so langsam unruhig wird, weil ich ihr noch immer nicht geantwortet habe.

'Ja mir geht es gut. Mach dir keine Gedanken. Komm lass uns ins Wohnzimmer gehen. Möchtest du einen Tee?'

Ich bewege mich Richtung Wohnzimmer in der Hoffnung Sydney all die Fragen zu nehmen. Sie wirkt so unschuldig, aber ich erkenne in ihren Augen die vielen Fragezeichen.

Woher komme ich?
Wo ist mein Opa?
Wie kann ich mir so ein riesen Haus leisten, aber aussehen wie ein Obdachloser?

Fragen über Fragen

'Ja ein Tee klingt gut.', höre ich die kleine Maus sagen und muss selbst ein wenig über ihre Unschuldigkeit lächeln.

'Kommt sofort.', ich lächle sie an und verlasse das Zimmer in der Hoffnung, dass sie sich genauso wohl fühlt wie ich mich fühle.

_____________________________________

Syd's Sicht

Wer hätte gedacht, dass Gus und ich uns so gleich sind.

Wir reden eine ganze Weile über Gott und die Welt. Er fasziniert mich. Bevor er sich ausdrückt, lässt er sich Zeit. Seine Blicke sind intensiv.

Ich fühle mich verstanden.

Ob es ihm genauso geht?

Enttäuschung macht sich bemerkbar in mir als ich feststelle, dass die Sonne wieder auf geht.

Gus scheint meinen Blicken zu folgen und genau zu verstehen, was ich mir denke.

'Wenn Blicke töten könnten, hätten wir nun keine Sonne mehr.'

Ich wende mich zu ihm und bemerke das auch sein nun aufgetauchtes Lächeln nicht so ernst gemeint ist wie zuvor.

Ist er auch enttäuscht, dass unsere Zeit vorbei ist?

Gerade als ich ihn genau das Fragen möchte, was mir auf der Seele brennt, hören wir die Haustür klacken.

Die Tür öffnet sich und 4 sehr betrunkene Menschen betreten den Flur.

'Ich schätze es ist Zeit zu gehen.', höre ich Gus streng sagen.

Enttäuschung macht sich breit.

Habe ich was falsch gemacht?

Ich nicke enttäuscht und gehe durch den endlosen Flur, greife meine Tasche und meine Jacke und verschwinde aus dem Haus.

Ich fühle mich nach heulen, dabei kenne ich diesen Jungen nicht einmal.

Einsamkeit macht sich in mir breit.

'Syd.', höre ich ihn hinter mir rufen.

Ich drehe mich um und sehe Gus direkt in die Augen.

'Es war schön mit dir zu reden.', sagt er schlicht und lächelt milde.

Ohne weiter darüber nachzudenken, gehe ich.

Auf nimmer wieder sehen, Gus.

I miss you, Hellboy // Lil PeepWo Geschichten leben. Entdecke jetzt