Kapitel 10.

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Tobi

„Wie seh' ich aus?"

Sally reisst stürmisch den Vorhang des Umkleideraumes auf und präsentiert stolz die Wildlederjacke, welche sie für das absolute Schnäppchen des Tages hält. Ihre braunen Locke trägt sie heute hochgesteckt, trotzdem fallen ihr einige besonders widerspenstige Strähnen zurück ins Gesicht.

„Wie Danny Zuko", kommentiere ich nur und stöbere weiter im Regal mit den Schallplatten.

„Wie wer?"

„Noch nie Grease geschaut?", frage ich erstaunt, doch Sally zieht nur die Schultern hoch. Zufrieden dreht sie sich vor dem Spiegel hin und her und betrachtet sich selbst.

„Das ist 'ne massive Bildungslücke, Cousinchen. Anscheinend müssen wir heute dringend einen Filmabend machen. Milan hat bestimmt nichts dagegen... er liebt den Film", kündige ich auch schon an und ziehe eine der Platten aus dem Regal. Eine Weile betrachte ich das farbige Cover, ehe ich sie zurück stelle.

Sally und ich stöbern jetzt schon über eine Stunde in unserem Lieblings-Secondhandshop etwas ausserhalb der Stadt. Wir verbringen oft unsere Vorlesungsfreie Zeit hier.

„Und ich liebe diese Jacke", höre ich Sally noch sagen, ehe ich in den hinteren Bereich des Geschäfts schlendere.
Gedankenverloren betrachte ich einige alte Zylinder und Reisetaschen, die auf einem Holztisch ausgestellt sind. Mein Blick bleibt an einer Serie von schrillen, farbigen Sonnenbrillen hängen.

Vorsichtig greife ich nach einer besonders auffälligen und setze sie mir auf. Ich ziehe eine Augenbraue hoch, als ich mich im Spiegel betrachte.

„Sexy", kommentiert Sally, die sich jetzt neben mich gestellt hat und mich grinsend beobachtet.

„Lächerlich", meine ich und nehme das Ding wieder von meinem Gesicht.

„Aber die würde gut aussehen", beschliesst Sally und greift nach einer besonders grossen, runden Brille mit gelbem Glas und kleinen Sternchen als Verzierung.

Aus Spass setze ich sie mir auf.
„Na, wenn die nicht mal Elton John höchstpersönlich gehört hat...", lacht Sally und greift ebenfalls nach einer der Brillen.
Sie setzt das Ding absichtlich ganz vorne auf die Nase und spitzt die Lippen, so dass sie aussieht wie eine besonders schrullige, alte Lehrerin.
Lachend arbeiten wir uns so durch das komplette Brillensortiment, bis uns die Verkäuferin schliesslich aus dem Laden scheucht, weil sie Feierabend machen will.

Immer noch lachend schlendern meine Cousine und ich durch die Altstadt von Wien Richtung nach Hause. Es ist ein heisser Sommerabend und auf den Gassen ist, obwohl es mitten in der Woche ist, immer noch viel los. Leute stehen an Bars und quatschen und von irgendwoher hört man einen Strassenmusiker spielen.

„Dir geht es besser", stellt Sally urplötzlich fest. Verwirrt schaue ich zu ihr. Erst jetzt bemerke ich, dass ihr Blick auf mir ruht.

„Was?", frage ich verwirrt, denn ich kann mich nicht daran erinnert, krank gewesen zu sein.

„Naja... du warst schon seit Längerem nicht mehr so... ausgelassen", erklärt sie und lächelt.
„Und irgendetwas sagt mir, dass eine hübsche Blondine namens Katie da ihre Finger im Spiel hat", fügt sie hinzu.

Ich mach nur eine abwerfende Handbewegung, doch Sally lässt nicht so leicht locker.

„Seit Aurelia warst du nie mehr so lange mit mir draussen. Ich weiss... ich weiss, dass du immer Angst hattest, ihr zu begegnen."

Wieder schüttle ich den Kopf.
„Was redest du da", murmle ich, doch Sally macht unbeirrt weiter.

„Ich weiss, dass ich recht habe. Du solltest dich selbst mal sehen.
Hast du heute schon einen Gedanken an Aurelia verschwendet?" 

Mit der Frage überrumpelt mich Sally ziemlich. Verwirrt blicke ich auf die Pflastersteine und kicke einen Bierdeckel mit dem Schuh zur Seite.
Ich überlege. Vor einigen Wochen hätte ich Sallys Frage klar bejahen müssen. Es vergeht eigentlich nie ein Tag, an dem ich nicht an Aurelia denke. Doch nun muss ich stocken.

Ich hatte heute tatsächlich noch nicht an sie gedacht. Eigentlich hatte ich die letzten Tage überhaupt nicht an sie gedacht. Und jetzt an sie zu denken, machte mir nichts aus.

Erstaunt blicke ich wieder auf und ertappe Sally dabei, wie sie schmunzelt.

„Ich hab's doch gewusst", lächelt sie und rammt mir ihren dürren Ellbogen spielerisch in die Seite.

„Ich mag diese Katie jetzt schon! Wann darf ich sie kennen lernen?"

Hii

Ein etwas unnötiges Kapitel, ik. Aber mir gefällt die Freundschaft zwischen Sally und Tobi und deswegen will ich nicht, dass diese in der Geschichte zu kurz kommt:) ich hoffe es gefällt euch trotzdem 🌞

Ich bin zurück! Im Moment schreibe ich wieder öfters und ich hoffe, dass ich spätestens nächste Woche gleich mehrere Kapitel hochladen werden könne:)

Man liest sich!

Theworldadventurer

Ein guter Tag zum TanzenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt