Kapitel 9.

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Katie

„Hey", Tobi grinst, als er sich mir gegenüber auf den Stuhl fallen lässt. Heute trägt er ein weisses, kurzärmliges Hemd. Muss wohl sowas wie sein Markenzeichen sein.
Ich erinnere mich daran, dass er schon bei unserer ersten Begegnung etwas Ähnliches trug.
Ich muss aber zugeben, dass es ihm auch wirklich gut steht. Die helle Farbe betont seine braungebrannten Arme und lässt sein charmantes Grinsen nur noch breiter erscheinen.

„Hey", gebe ich zurück und lehne mich etwas vor. Dabei fallen mir meine blonden Haare zurück ins Gesicht und kitzeln meine Wangen.

„Schön, dich wiederzusehen", meine ich und mache dem Kellner Platz, damit er das Tablett auf dem Tisch abstellen kann. Zwei eisgekühlte Getränke werden vor uns auf dem Tisch platziert.

„Ich hab schon bestellt, hoffe das ist in Ordnung für dich. Geht auch auf meine Kosten", erkläre ich und genehmige mir auch schon einen Schluck meines Pina Coladas.

„Womit hab ich das denn verdient?", lacht Tobi und zieht fragend eine Augenbraue in die Höhe. Zufrieden pflückt er das Stück Ananas, welches als Dekoration an dem Glasrand gesteckt wurde, von seinem Drink und steckt es sich ganz in den Mund.

„Na, du hast mir diese Woche ganz schön den Arsch gerettet. Mit Tommi zu warten war echt nett von dir. Ich weiss nicht, was ich sonst gemacht hätte...
War die Kleine deine Schwester?", frage ich, einerseits aus Neugierde, andererseits um das Gespräch in Gang zu behalten. Tobi schüttelt den Kopf.

„Lily? Nein, sie ist meine Cousine. Aber ich passe häufiger auf sie auf, seit meine Tante alleinerziehend ist", erzählt er und spielt jetzt am Strohhalmen seines Getränkes herum.
Mein Blick fällt dabei auf seine braungebrannten Hände und die drei goldenen Ringe, welche diese verzieren.
Mir fällt auf, dass seine Hände nie still sind. Ständig nestelt er an irgendetwas herum. Sei es einer der Ringe an seiner Hand oder eben ein Strohhalm, wie jetzt.
Leicht kopfschüttelnd zwinge ich mein Blick wieder hoch, direkt in Tobis braune Augen.

„Ach wirklich? Echt nett von dir", antworte ich endlich und frage dann gleich: „Was machst du denn so... beruflich?"
Ich versuche den Themenwechsel nicht all zu offensichtlich zu machen. Ich möchte unbedingt so schnell wie möglich zum Thema Fotografie umleiten, um das hier nicht unnötig in die Länge ziehen zu müssen.

„Ich studiere Psychologie. Bin jetzt im zweiten Jahr. Wie sieht es bei dir aus?"

Ich beisse mir auf die Lippen und versuche nicht all zu enttäuscht zu wirken. Das war wohl nichts. Dann muss ich es eben anders versuchen.

„Ich mache gerade meine Matura. Bin im letzen Jahr. Was ich danach mache, weiss ich noch nicht so genau. Aber... Fotografie und Mode zum Beispiel interessiert mich echt", versuche ich es und nehme schnell einen weiteren Schluck des Cocktails, um meine roten Wangen zu verbergen. Hoffentlich war das nicht all zu offensichtlich.

Tobi scheint aber nichts aufgefallen zu sein. Im Gegenteil, er sieht ziemlich erfreut aus.

„Ach echt? Inwiefern denn?", fragt er und nimmt jetzt endlich auch einen Schluck des Drinks. Ich weiche seinem Blick aus und fixiere nervös meine eigenen Hände, welche beinahe krampfhaft das Glas umklammern. Als ob dieses mir den nötigen Halt gäbe.

Ja, inwiefern denn Katie? Jetzt hatte ich den Salat. Ich konnte ihm ja schlecht erzählen, dass ich eigentlich nur ein gratis Fotoshooting von ihm wollte, um meine Bewerbungs- Mappe zu erstellen.

„Naja... Ähm ich liebe professionelle Fotografien... und alles was mit Fashion und Mode zu tun hat. Ich besitze allerdings keine eigene Kamera...", versuche ich mich zu retten und auf Tobis Lippen stiehlt sich ein amüsiertes Grinsen.

„Du stehst also lieber vor der Kamera, huh?"

Ist das so offensichtlich?

Naja, ich weiss nicht ob ich wirklich fotogen bin", lache ich dann gespielt und hoffe, dass er meinen Wink mit dem Zaunpfahl verstanden hat.

Hat er.

„Als ob. Das glaubst du ja selbst nicht. Aber wenn du willst... dann begleite mich doch mal auf einen meiner Shooting-Trips und ich beweise dir das Gegenteil", schlägt Tobi auch schon vor und ich klopfe mir in Gedanken auf die Schultern.

„Ja, warum eigentlich nicht", stimme ich lächelnd zu und exe den Rest meines Getränkes. Ich versuche dabei das leichte Zittern meiner Hände zu ignorieren.

„Wie wäre es dann mit ... Freitag Nachmittag. Ich hol dich ab. Hab da schon so eine Idee", überlegt Tobi laut und fischt eine Olive aus der Apéro-Schale, welche vor uns auf dem Tisch steht. Von wo diese plötzlich aufgetaucht ist, ist und bleibt mir ein Rätsel. Offensichtlich war ich so damit beschäftigt, Tobi um den Finger zu wickeln, dass ich den Kellner gar nicht bemerkt habe.

„Freitag klingt gut", meine ich lächelnd, ignoriere das äusserst mulmige Gefühl in meinem Bauch und hebe die Hand, um einen zweiten Drink zu bestellen.

Ein guter Tag zum TanzenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt