Kapitel 2.

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Tobi

„Jetzt alle fett grinsen und cheese sagen", kommandiere ich und drücke ab. Das altbekannte Klickgeräusch ertönt und das Bild ist im Kasten. Zufrieden senke ich meine Kamera und hebe bestätigend den Daumen.

„So Kinder, bedankt euch bei Tobias und geht dann eure Schuhe anziehen, hop hop", fordert die Kindergärtnerin die Kinder auf, und drückt mir dann lächelnd einen gelben Umschlag mit dem Geld in die Hand.

Ich muss grinsen als mir ein „Danke Tobias" in einem Chor aus Kinderstimmen entgegenkommt und sich die Kleinen schüchtern an mir vorbei zu den Garderoben drängen.

„Du schickst mir die Bilder dann einfach, wie immer ja?", erkundigt sich jetzt Brigitta Steiner, die Kindergärtnerin, die es schon zu meiner Zeit gab. Schon damals hatte sie immer diese furchtbar schrillen Röcke an und stets ein ansteckendes Lächeln im Gesicht, die inzwischen gräulichen Haare zu einem wirren Knoten hochgesteckt.

„Ja klar, ich erledige das gleich heute Abend", versichere ich ihr und halte bereits Ausschau nach Lily's braunem Pferdeschwanz.

„Prima! Danke für deine Mühe, Tobias", bedankt Frau Steiner sich erneut und schüttelt mir zum Abschied noch einmal überschwänglich die Hand.

„Tooobii, kommst du endlich?"

Lily zupft bereits ungeduldig am Saum meines T-Shirts. Ihr Pferdeschwanz ist etwas verrutscht und kurze Strähnen, die sie sich neulich mit der Bastelschere abgeschnitten hat, fallen in ihr Gesicht. Mit ihren grossen braunen Augen blickt meine Cousine zu mir hoch und ich nehme schliesslich ihre Hand, damit sie mich zu den Garderoben ziehen kann.
Ich versuche ein Gähnen zu unterdrücken und blinzle einige Male, um die Müdigkeit aus meinen Augen zu treiben. Das Training vorhin hat mich echt kaputt gemacht und ich freue mich schon sehnlichst nach meinem weichen Bett. Aber zuerst muss ich Lily sicher bei meiner Tante abliefern.

„Kannst du meine Suhe binden?", fragt meine kleine Cousine jetzt, wie immer das S mit dem Sch verwechselnd und deutet auf ihre knallpinken Mikey Mouse Sneakers, die sie bereits in ihren kleinen Händen hält. Sie kichert begeistert, als ich sie schwungvoll hochhebe und auf die Bank setzte.

„Meine auch, bitte?"
Ein kleiner Junge mit blondem Wuschelkopf und himmelblauen Glubschaugen schiebt sich in mein Blickfeld und beäugt mich schüchtern. Das gestreifte T-Shirt, welches er trägt ist ihm etwas zu gross, die Ärmel reichen beinahe bis zu seinen Ellbogen.

„Aber klar, Kumpel", meine ich und beobachte schmunzelnd, wie der Junge sich glücklich neben Lily setzt. Ich habe keine Ahnung wer er ist, aber die beiden scheinen sich gut zu verstehen. Als ich ihnen jetzt helfe, die Schuhe zu binden, reden sie ununterbrochen miteinander und lachen ab Grimassen die sie sich gegenseitig schneiden.

„Also, ihr zwei Plappertaschen. Wollen wir, Lily?", frage ich meine Cousine und greife nach meiner roten Sporttasche, die ich in einer Ecke platziert hatte. Die Kamera hänge ich mir, wie so häufig, um den Hals.

Lily langt eilig nach meiner Hand, die ich ihr entgegenstrecke und trottet dann hinter mir her, als ich sie aus dem Kindergarten ziehe.
Ich muss etwas langsamer laufen, da Lily mit ihren kurzen Beinen nicht gerade die Geschwindigkeit in Person ist. Doch gerade als wir das Gartentor erreichen, lässt uns eine Stimme anhalten.

„Meine Schwester ist noch nicht da", meint der kleine Blonde. Erst jetzt bemerke ich, dass er uns gefolgt ist.

Mein Blick schweift über das leere Kindergartengelände. Alle anderen Kinder wurden scheinbar schon von ihren Alten abgeholt, auch Frau Steiner hat sich bereits auf den Heimweg begeben, ihr Fahrrad ist verschwunden.

Na klasse.

„Ich und Tobi warten mit dir", beschliesst meine Cousine auch schon und ich beobachte seufzend, wie sich die beiden auf die unterste Treppenstufe setzen.

Na gut, dann würde es eben noch ne Weile dauern, bis ich mein Bett sehen werde. So sehr das auch schmerzt, den Knirps hier alleine zu lassen, wäre echt mies gewesen.

Erneut seufzend lasse ich mich neben Lily auf die oberste Stufe fallen und werfe dem Jungen einen Blick zu.

„Wie heisst du überhaupt, Kleiner?", frage ich ihn schliesslich. Der Junge wippt mit seinen blauen Schuhen hin und her und grinst mir breit dann entgegen. Ein vorderer Schneidezahn fehlt ihm.

„Ich bin Tommi."

Ein guter Tag zum TanzenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt