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18 Stunden früher

Ich zappte durch die Kanäle aber außer Young Sheldon, Football und den Nachrichten gab es kaum etwas anderes halbwegs interessantes. Vater war mal wieder seine Spielsucht ausleben. Es war längst kein Geheimnis mehr. Seit Mutter gestorben ist hat er es erst recht gemacht. Ich war super enttäuscht gewesen aber mittlerweile ist es Alltag geworden.

Ich holte mir eine Dose Cola und machte mir ein Sandwich. Mein Leben war ein einziger Trauerhaufen und mich kotzte das an. Ich starrte die kahlen Wände der kleinen Wohnung an und wurde wütend. Wütend auf Dad, wütend auf mich und auch auf Mom obwohl sie am allerwenigsten dafür konnte. Sofort schämte ich mich für meine absurden Gedanken.

Gerade als ich mein Sandwich in den Sandwich Toaster schmiss ertönte aus dem Fernseher das Intro der Nachrichten. "Herzlich Willkommen zu den halb neun Nachrichten." Die weibliche Stimme machte eine kurze Pause bevor sie weiter sprach. "Auch heute kam es wieder zu Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und Protestanten die gegen Frauenrechte auf die Straße gingen. Die Polizei sieht die Sache kritisch und überlegt die Versammlung aufzulösen." Wieder eine Pause, wahrscheinlich wurde gerade ein anderes Bild eingeblendet. "Soeben erhalte ich die Meldung über einen grausamen Mord in einer Spielothek in Manhattan. Die Polizei konnte keine Täter fassen aber es soll eine Schießerei gegeben haben bei dem dieser Mann ums Leben kam." Mit dem fertigen Toast in der Hand betrat ich das Wohnzimmer.

Mir viel die Dose und der Teller mit dem Sandwich auf den Boden. Zitternd blickte ich auf das Gesicht, welches eingeblendet war. Es zeigte einen lachenden Mann aus seinen besten Tagen, mit einem drei Tage Bart, stahlblauen Augen und freundlichen Grübchen. Es war das Gesicht meines Dads.

Schreiend sank ich auf den Boden. Ich schrie so lange bis ich keine Luft mehr hatte und schließlich kamen Tränen der Trauer und Fassungslosigkeit. Schluchzend lag ich auf dem Boden und weinte mir die Seele aus dem Leib. Ich schlug immer wieder mit der Faust auf den Boden. Es klingelte. Einmal. Dann ein zweites und drittes Mal. Schließlich raffte ich mich auf und schlurfe auf die Tür zu. Verheult blickte ich Miss Karol entgegen die mit Mitleidiger Miene vor mir stand. Sie war die nette Dame von nebenan, die sich manchmal um mich kümmert. Ich fiel ihr in die Arme und heulte wieder los.

Schließlich saßen wir auf meinem Sofa und schweigten. Plötzlich hörten wir das Quietschen von Reifen. Verwundert stand Miss Karol auf und blickte aus dem Fenster. Erschrocken stolperte sie zurück. "D-Da sind Männer." stotterte sie. Ich trat neben sie. Tatsächlich. Unten stiegen sechs Männer aus zwei schwarzen Audis. Sie sahen aus als hätten sie zu viel trainiert. Und zu meinem Entsetzen waren sie bewaffnet. Einer der Männer bemerkte mich und deutete mit dem Finger nach oben. Erschrocken wich ich zurück. Oh nein. Miss Karol hatten sie zum Glück nicht mehr gesehen da sie bereits weggetreten war. "Miss Karol!", rief ich, "Gehen sie in ihre Wohnung und schließen sie sich ein, kommen sie nicht heraus bis diese Leute weg sind, klar? Sie müssen das unbedingt tun. Versprechen Sie es mir!" verängstigt nickte die alte Dame aber fragte: "Und was ist mit dir Junior?" "Ich weiß nicht wo Dad da reingeraten ist oder was ich damit zu tun habe aber ich werde schon klarkommen. Machen Sie sich keine Sorgen, bitte. So los jetzt." Ich drängte sie aus der Tür und machte sicher das sie auch ankam. Die Tür viel ins Schloss und das klacken verriet das sie sich eingeschlossen hatte. Ich hoffte ihr würde nichts passieren.

Ich sprintete in die Wohnung zurück warf die Tür zu und schloss ebenfalls ab. Dann lief ich in die Küche und trank erstmal etwas. Schnell packte ich Geld, Ausweis, Handy, ein Messer, ein paar frische Sachen und auch Bilder von mir und meinen Eltern in meinen Rucksack. Dann öffnete ich das Fenster in meinem Zimmer und sprang auf die Feuertreppe. Als ich nach unten blickte stockte mein Atem. Einer war zurück geblieben und bewachte nun den Ausgang. Ich saß in der Falle. An dem Stier da unten kam ich sicher nicht vorbei ohne bemerkt zu werden und auf dem Dach saß ich ebenso in der Falle. Doch dann erinnerte ich mich an einen Film den ich mal gesehen hatte, in dem ein Mann flüchten musste und an einem Regenrohr hinabgerutscht war.

Schon hörte ich das Hämmern gegen die Tür. Hastig rannte ich die Treppe nach oben. Ich erreichte das Dach und suchte auf der anderen Seite ein Rohr. Und fand auch eines. Perfekt. Den Rucksack auf dem Rücken kletterte ich über die Dachkante und rutschte langsam herunter. Endlich kam ich unten an. Ich befand mich nun in einer kleinen Gasse mit Mülltonnen und Sperrmüll, der sich an einem hohen Zaun auftürmte. Ohne lange zu überlegen kletterte ich auf den Müll um über den Zaun zu kommen.

Heftig zitternd stand ich nun auf der anderen Seite und versuchte mich zu beruhigen. Dann rannte ich los. Ohne bestimmtes Ziel. Ich hörte Motoren laut aufheulen. Mein Gefühl sagte mir das sie meine Flucht bemerkt hatten. Ich rannte noch schneller. Ich vermied Hauptstraßen und versuchte immer unter die Menschen gemischt zu bleiben. Sollte ich zur Polizei? Versuchen könnte ich es. Also schlug ich den Weg zur nächst besten Station ein. Keuchend kam ich an und stieß durch die Flügeltüren. Keuchend sank ich zu Boden. Plötzlich wurde alles unscharf und schließlich schwarz. Schnelle Schritte näherten sich mir. Dann kippte ich um und blieb bewusstlos liegen.

Lose your Mind with meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt