21- Brüder aus verschiedenen Welten

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Samstag|4

Die Szene war schon fast fertig gezeichnet. Drei Jugendliche am Boden liegend, wobei zwei sich gefährlich ansahen und es so wirkten, als ob sie gleich aufeinander losgehen würden. Die Haare des blonden Jungen standen zu Berge, weil er sich so oft durch die Haare fuhr, während er auf dem Bauch lag und mit den Armen gestikulierte. Seine blauen Augen strahlten trotz der aktuellen Situation viel Freude aus. Der Schwarzhaarige, von dem der Künster letztens erfuhr, dass er zwei verschiedene Augenfarben hatte, emittierte eine dunkle Aura, die voll und ganz auf sein helles Gegenüber gerichtet war. Er saß in einem halben Schneidersitz auf dem Boden und schien jeden Moment platzen zu wollen. Die dritte Jugendliche lag abseits des Streits auf dem Rücken auf dem Boden und hielt sich vor Lachen den Bauch.

Einerseits hatte Sai das Glück, dass die drei genau unter einer Lampe lagen und er die Szene gut sehen und skizzieren konnte. Seine Hand flog über das Blatt, damit er die Grundrisse so schnell wie möglich aufzeichnete. Andererseits kannte Sai die Aussehen seiner neuesten Modelle und musste somit nicht genau auf die Details achten. Die könnte er auch danach einfügen. Naruto hatte auf jeder Wange drei Striche, Sasuke hatte ein schwarzes und ein violettes Auge und Sakura hatte eine lilane Raute auf der Stirn. Irgendwie passte das alles zusammen. Die drei sahen eingespielt aus.

Nur nebenbei bemerkte er, dass Naruto am Boden rollte und Sasuke Sakura über die Schulter geworfen hatte und zum Mädchenhaus trug.

Er hatte gute und positive Gedanken. Äußerlich setzte Sai ein Lächeln auf, damit sich seine gute Laune spiegeln konnte. Er hat in seinem letzten Buch gelesen, dass man Gesichtern und Augen die Laune und die derzeitige Gefühlslage ablesen konnte. Nun versuchte er auch diese Essenzen in seinem neusten Bild einzufangen. Emotionslos entfernte er sich von dem Fenster am Gang und betrat sein Zimmer. Für ihn war die Szene vorbei, er hatte seine Skizze.

Mitten in der Nacht schaltete er unter seiner Bettdecke seine Handytaschenlampe an und versuchte oft die Freude in Sakura widerspiegeln zu können, aber das Bild wirkte jedes Mal fad und stumpf. Verzweifelt ließ er davon ab und versuchte Narutos Gereiztheit zu zeigen, auch vergebungslos. Gerade als er Sasukes Genervtheit zeichnen wollte, welcher auch eher dumpf aussah, wurde ihm die Decke vom Kopf gerissen.

"Was machst du da?", fragte sein neuer Zimmernachbar. "Du zeichnest? Mitten in der Nacht?", rief er dann verwundert und legte den Kopf schief.
"Ja."
"Warum?"
"Ich möchte das schaffen."
"Was willst du schaffen?", fragte Naruto und ging zurück in sein Bett. Auf dem Weg knippste er die Lampe auf seinem Schreibtisch an. Mit einem Plumbsen ließ er sich auf sein Bett fallen und lehnte sich an die kühle Wand.

"Was zeichnest du?", sprach der Blonde aus dem Nichts an. Verwirrt sah Sai hoch. Redete er mit ihm?
Er schaffte es nicht wirklich ein Wort herauszubringen, sondern zeigte nur mit seinem Stift auf sich und legte fragend den Kopf schief.
"Ist hier sonst noch wer?", fragte Naruto zurück und legte ebenfalls den Kopf schief. Flink griff er zu der Wasserflasche, die neben seinem Bett stand.
"Ich zeichne dich."
Prompt verschluckte sich Naruto und fing zu husten an.
"Mich? Spinnst du?"

Unsicher drehte Sai das Bild um. Es kam selten vor, dass er seine Bilder herzeigte, vor allem seine unvollständigen. Sein Kopf sprach dem schüchternen Schwarzhaarigen aber zu, dass er vielleicht diese Chance ergreifen sollte.
"Ich glaub's nicht! Das sind doch Teme, Sakura und ich.", rief Naruto geschockt. In wenigen Sekunden war er schon vor seinem Zimmermitbewohner und hielt das Bild in der Hand. Schon schaltete er die Nachttischlampe bei Sai an und betrachtete das Bild genauer darunter.
"Das machst du also die ganze Zeit. Du zeichnest uns?"
"Nicht nur euch."
"Sondern?"
"Alles mögliche."
"Sai... das ist cool, echt jetzt!", strahlte Naruto über beide Ohren. Warum konnte man das Strahlen nicht in ein Bild fangen?
"Findest du?", fragte er besorgt nach. Er mochte die Bilder nicht wirklich, sie wirkten nicht vollkommen, als ob ihnen Leben fehlen würde. Sie waren genauso emotionslos, wie Sai sich oft vorkam.

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