Long Nights

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Müde machte ich mich an diesem Abend auf den Weg ins Bett. Ich hatte meinen Freundinnen nochmal alles ganz genau erzählt. Die anderen Gryffindors, insbesondere die Rumtreiber, hatten eine kleine Party im Gemeinschaftsraum vorbereitet und wir hatten bis tief in die Nacht hinein gefeiert. Ich war einfach nur erleichtert es wieder aus diesem furchtbarem Haus raus geschafft zu haben und der Meinung, dass wir uns eine kleine Party mehr als verdient hatten. So kam es, dass es schon weit nach Mitternacht war, als ich, nicht mehr ganz nüchtern, in meinen Schlafsaal taumelte. Eigentlich hatte ich erwartet, sofort einschlafen zu können, so müde wie ich war. Aber ich lag noch lange wach und dachte über den Tag nach. Irgendwie war noch immer ein Rest Adrenalin in meinem Körper der mich wach hielt und die Geschehnisse des vergangenen Tages ließen mir einfach keine Ruhe. Es hatte da einen Moment gegeben, als Sirius seine Erinnerungen verloren hatte. Ich hatte eine riesige Angst gehabt er könnte alles, was wir zusammen erlebt hatten, alles was uns verband, einfach für immer vergessen haben. Er könnte mich vergessen haben. Als wäre ich nie da gewesen. 

Stöhnend vergrub ich mein Gesicht in meinem Kissen. Ich sollte schlafen. Ich wollte schlafen. Genervt drehte ich mich auf die andere Seite und schloss zum gefühlt hundertsten Mal meine Augen, um endlich einzuschlafen. Wenigstens hatte das mit der Partnerarbeit gut geklappt. Für ein paar Stunden war alles wie immer gewesen. Wir waren auf die Aufgabe fixiert gewesen und alles was in den Monaten davor passiert war, war auf einmal nicht mehr wichtig gewesen. Ich hoffte, dass es auch in der zweiten Aufgabe so sein würde. Diese würde allerdings erst nach Weihnachten stattfinden. Beruhigt von diesem Gedanken sank ich endlich in einen lang ersehnten Schlaf.

Ich träumte von engen Wänden die immer näher kamen. Von stickiger Luft, drückender Dunkelheit, einem modrigem Geruch und beißenden Hunger. Ich hörte mich selbst wie ich geweint und geschrien hatte, so lange bis mein Hals so trocken gewesen war, dass ich kein Wort mehr heraus bekam. Ich hörte mich gegen schwere Holztüren hämmern. Ich wusste, dass er auf der anderen Seite stand, aber er machte keine Anstalten die Türen des alten Schranks zu öffnen. Als ich aufwachte war ich schweißgebadet. Ein Blick nach draußen verriet mir, dass ich nicht sehr lange geschlafen haben konnte. Es war immer noch dunkel. Leise verließ ich das warme Himmelbett und zog die roten Vorhänge auf. Es war mitten in der Nacht, aber ich war hell wach und das letzte was ich wollte, war zurück ins Bett zu gehen. Ich sah mich in dem kreisrunden Schlafsaal um. Der Muggekwecker auf Lily's Nachttisch zeigte 4:27 Uhr an. Kurz zögerte ich, dann nahm ich mir frische Kleidung und verschwand im angrenzenden Badezimmer. Das grelle Licht blendete mich, aber ich ließ mich nicht beirren. Das Wasser eiskalt aufdrehend stieg ich unter die Dusche. Ich musste einen leisen Aufschrei unterdrücken, es war wirklich kalt. Aber es tat gut. Das Wasser weckte meine Sinne und als ich in ein Handtuch gehüllt aus der Dusche kam war ich vollkommen wach. Ich zog mir einen dicken Kapuzenpulli und eine Leggins an. Dann huschte ich endlich durch die Tür meines Schlafsaals. Es machte keinen Sinn, nochmal ins Bett zu gehen, heute Nacht würde ich sowieso keine Ruhe mehr finden.

Einen kurzen Moment überlegte ich im Gemeinschaftsraum zu bleiben, aber dann verwarf ich die Idee wieder. Ich brauchte frische Luft. Außerdem wollte ich alleine sein. Also entschied ich mich für den Astronomieturm. Eigentlich hatte ich den Nordturm schon immer für den schönsten Turm in Hogwarts gehalten, aber dort oben wohnte Professor Saja, die Lehrerin für Wahrsagen. Dazu kam noch, dass dort das Porträt von Sir Cardogan, einem Ritter in einer fürchterlich klappernden Rüstung, der alle Schüler für Feinde hielt, hing und wenn er mich mitten in der Nacht im Schulhaus sah würde er vermutlich alle aufwecken. Also schlug ich einen anderen Weg ein und nahm mit dem Astronomieturm Vorliebe. Ich nahm den Geheimgang hinter einem alten staubigen Wandteppich. Er gehörte zu meinen Lieblingsgeheimgängen, unteranderem, weil ich ihn im ersten Schuljahr einmal mit James und Remus entdeckt hatte. Mit Hilfe von einigen anderen Gängen, die ich nur kannte, weil Sirius irgendwann so von meinem ständigen Zuspätkommen genervt war, dass er mir die Karte des Rumtreibers gezeigt hatte, war in wenigen Minuten auf dem Turm. Ich zog eine zerquetschte Packung Zigaretten, die ich seit dem Sommer in der Muggel Bar mit mir rumschleppte aus der Tasche. Ich rauchte nicht oft. Eigentlich nie. Lange Zeit hatte ich es ekelhaft gefunden. Aber heute war mir danach und ich zündete mir eine Zigarette an. Damit setzte ich mich auf die Zinnen des Turms und ließ meine Beine in die unergründliche Tiefe baumeln.

I might be crazy but at least I'm free - Das Trimagische TunierWo Geschichten leben. Entdecke jetzt