Kapitel 21

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Noah Cano

„Du musst aufwachen, Noah.", flüsterte Luc und rüttelte dabei immer wieder hektisch an meiner Schulter. Für einen kurzen Moment musste ich mich orientieren. Dann erkannte ich, dass ich nicht in einem Bett mit Camilla lag und wir Beide noch etwas kuscheln konnte. Stattdessen hatte mich mein Mädchen verraten und ich verrottete in einer kleinen, kalten Zelle im Kerker meines Erzfeinds.

Ruckartig setzte ich mich auf und der modrige Geruch stieg in meine Nase. Wenn ich etwas länger wach war, roch ich ihn kaum noch. Aber die Zeit nach dem Aufwachen, die des Erkennens, war die in der ich die Situation intensiv erlebte.

Um meine steifgewordenen Muskeln etwas zu bewegen, stellte ich mich neben Luc und reckte meine Arme in die Luft. Dabei drückte ich meine Hände gegen die kühle, dreckige Steindecke.

Angeekelt wischte ich den Dreck an meiner Hose ab und sah mich dann um. Ohne Grund hatte Luc mich sicher nicht geweckt.

„Der Typ da", Luc deutete auf eine schemenhafte Person, „hat David angekündigt. Er wird gleich mit uns reden wollen."

Meine Hände ballten sich bei dem Namen dieser schrecklichen Person zu Fäusten und ich atmete tief durch. Mein Brustkorb hob und senkte sich unregelmäßig, während ich versucht die Kontrolle zu behalten.

Aber mir schwirrte nur eine Frage im Kopf herum:„ Wird Camilla bei ihm sein?"

Ahnungslos zuckte Luc mit den Schultern und auch sein Gesichtsausdruck hatte sich verhärtet. Auf Camilla war er nicht wirklich gut zu sprechen, was kein Wunder war. Eigentlich würde ich jede Person, die das tut, was sie getan hatte, umbringen, aber bei ihr ging das nicht. Tief in meinem Inneren wusste ich, dass sie nie dazu fähig wäre und wirkliches Leid anzutun. Und für Luc und mich musste ich hoffen, dass ich damit Recht hatte.

Schwere Schritte rissen mich aus den trüben Gedanken und sofort war mir klar, dass David alleine kam. Also lehnte ich mich betont gelangweilt gegen die Wand hinter mir. Luc hatte sich schon vor einigen Sekunden entspannt auf die Pritsche gelegt. Aber ich konnte deutlich sehen, dass seine Nerven innerlich zum Zerreißen gespannt waren. Dafür kannte ich ihn schlichtweg zu gut.

„Einen wunderschönen guten Tag.", begrüßte uns die Stimme des Widerlings. Dieser schob sich jetzt in mein Sichtfeld, in dem er sich direkt vor der Zelle positionierte.

Mein Blick blieb kühl, aber wenn diese Zelle nicht wäre, dann hätte ich ihm schon lange sein ekelhaftes Grinsen aus dem Gesicht geschlagen. Aber so stand ich einfach nur da, das Bein lässig an die Wand gelehnt, und wartete ab.

Davids Lächeln blieb während er erklärte:„ Um deine Fragen zu beantworten. Camilla geht es blendend und sie fleht mich nicht um deine Freilassung an."

„Nehm nicht ihren Namen in den Mund, du dreckiger Bastard.", schimpfte ich und machte einen Schritt auf David zu. Dieser blieb aber einfach nur lächelnd stehen, was mich noch aggressiver machte. Es gab nur einen Menschen, der mich jetzt stoppen könnte, aber dieser Mensch war nicht hier. Wollte nicht bei mir sein. Wütend griff ich in die Gitterstäbe und drohte David mit dunkler, unheilverkündender Stimme:„ Wenn du sie anfasst, mit ihr sprichst oder nur an sie denkst, dann werde ich dir jeden Knochen einzeln herausreißen."

„Du solltest mir danken, mein Freund. Ich gebe Camilla all das was du ihr nicht geben kannst."

„Wenn ich hier rauskomme und das werde ich, dann wirst du leiden, David."

Meine Stimme zitterte vor unterdrückter Wut und ich musste mich schwer beherrschen, damit ich ihn nicht härter beleidigte, als es Luc und meinem Leben gut tat. Aber hauptsächlich hatte ich Angst um Camilla, die David vollkommen ausgeliefert war. Jeder falsche Schritt meinerseits, könnte auch für sie Folgen haben. Also riss ich mich zusammen und löste meine verkrampften Finger von den Gitterstäben.

David, der nicht einmal beeindruckt schien, meinte äußerst sachlich:„ Wir sind Geschäftsmänner, Noah. Deswegen solltest du mir mein Angebot gut anhören. Du unterschreibst diesen Vertrag und überschreibst mir damit dein Gebiet und die Versicherung, dass du nicht mehr in das Geschäft zurückkehrst. Dann lasse ich Luc und dich frei und ihr könnt gehen."

„Ich habe keine Versicherung dafür.", erwiderte ich. Aber in meinen Gedanken war ich kaum beim Thema. Stattdessen stellte ich mir vor, wie David winselnd vor mir um Gnade flehte, die ich ihm natürlich nicht gewährte. Stattdessen schlug ich ihm immer wieder in sein falsches Gesicht.

„Du solltest es dir gut überlegen. Sonst", Davids Blick richtete sich auf Luc, „wird dein bester Freund dran glauben müssen. Und sei dir sicher, dass du die ganze Zeit zusehen wirst."

Mit diesen Worten drehte David sich um und ließ Luc und mich zurück.

Eine gefährlich ruhige Stimme legte sich über den vergitterten Raum. Meine Gedanken rotierten auf der Suche nach einem Ausweg. Es schien mir aber unmöglich einen zu finden.

„Du weißt, dass ich für dich sterben würde, Bruder.", meinte Luc während ich mich neben ihn auf die Pritsche sinken ließ. Genau wie mich umgab ihn ein unangenehmer Schweißgeruch, der mich gerade aber kaum störte. Unter meinem Gewicht sackte die Pritsche etwas ab. Aber sowohl Luc, als auch ich starrten nur stur an die graue Wand vor uns.

Ohne meinen Blick nur eine Sekunde Luc zuzuwenden erwiderte ich mit distanzierter Stimme:„ Ich werde dich nicht einfach sterben lassen."

„Du wirst keine Wahl haben."

„Ich könnt immer noch auf Davids Vorschlag eingehen."

Luc wandte mir seinen stechenden Blick zu und auch ich betrachtete den Mann neben mir. Seine langen Haare waren inzwischen verfilzt und fettig. Sein sonst so weich wirkendes Gesicht, hatte harte Züge bekommen und der Bart, der ihm wuchs, war ungepflegt und ungewohnt. Im Ganzen sah er schlecht aus.

Trotz seiner Lage schien er aber noch nicht seinen Edelmut und seine True verloren zu haben. Mein Freund sah mich ernst an und meinte dann lächelnd:„ Du wirst mich sterben lassen müssen. Niemals werde ich zulassen, dass du das wofür wir ein Leben lang gekämpft haben, weg wirfst."

„Wie kannst du es wagen, dich für mich zu opfern.", ich sprang von der Pritsche auf und schaute sauer zu Luc, der mich mit demselben abgeklärten Gesichtsausdruck ansah wie zuvor.

Meine Stimme klang aufgebracht:„ Du warst es, der mich schon als wir uns kennengelernt hatte, immer verteidigt hatten. Du warst es, der mich und Camilla vereint hatte. Und ohne dich wäre ich niemand. Du weißt, dass ich das nicht kann. Ich kann nicht zusehen, dass mein bester Freund, mein Bruder stirbt. Ich habe schon Manuel verloren, da lasse ich nicht zu dich auch noch zu verlieren."

„Ich lasse dir nicht die Wahl Noah.", auch Luc sprang auch. Seine Stimme war ebenso wie meine laut geworden und wir beide waren erregt.

Mit deutlich aufgewühlter Stimme sagte Luc:„ In dieser Welt gibt es Dinge, die selbst du nicht weißt Noah. Aber ich werde dir von diesen Dingen liebend gerne erzählen. Danach wirst du mich umbringen, wenn es David nicht tut."

Verwirrt wich ich einen Schritt zurück. Ahnungslos starrte ich meinen besten Freund an und dieser fuhr sich durch die zerzausten Haare.

„Ich war es, okay? Ich war der, der dich verraten hatte. Wegen mir hat die Polizei das Haus gestürmt und dich verhaftet. Die Tipps, sie kamen von mir. Der Grund warum du Camilla verloren hast? Das war ich. Es war meine Kugel, die Bianca getroffen hat. Sie wusste, wer ich war und was ich getan hatte. Und niemand durfte das jemals erfahren. Aber jetzt kommt erst der spannende Teil."

Luc lachte fast als wäre er vollkommen verrückt geworden. Seine Stimme wurde immer hektischer und während er rede, wurde ich immer fassungsloser.

Doch bevor ich in irgendeiner Art und Weise reagieren konnte, fuhr Luc fort:„ Ich habe all das getan und wahrscheinlich dein Leben zerstört. Und weißt du für wen ich das getan habe. Natürlich nicht. Ich war viel zu schlau, um irgendwelche Spuren zu hinterlassen. Und selbst wenn, dann hätte ich eh die Suche nach dem Verräter gesteuert. Wo war ich? Richtig ich habe all das getan, damit David deine Ex – Freundin nicht umbringt. Sonia Albano. Der Teufel in weiblicher Gestalt und das Mädchen für das ich sterben würde. Sag mir Noah, würdest du immer noch für mich alles riskieren?"

Geschockt fuhr ich mir durch die Haare und es war nur eine Frage, die mich beschäftigte: Würde ich?

The Mafia - EisliebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt