Kapitel 17

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Noah Cano

Ich tigerte durch die kleine, kalte Zelle und überlegte krampfhaft wie Luc und ich hier raus kommen können. Allerdings gab es nur einen Weg und der führte durch die Stahltür, die direkt vor mir lag.

Ein Fenster gab es zwar auch, aber es war vergittert und so schmal, dass ich froh sein konnte wenn mein Arm durchpasst.

„Was ist, wenn sie uns wirklich umbringen?", fragte Luc und durchbrach damit die bleierne Stille. Ich sah zu ihm und fand ihn auf einer der versifften Bänke sitzen. Auch ich hatte mir diese Frage schon gestellt, aber bisher hatte ich noch keine Antwort gefunden.

Also meinte ich schlicht:„ Dann wird es wohl nicht mehr dazu kommen, dass wir ein Auto knacken."

„Die schönste Zeit meines Lebens hatte ich mit dir, Bruder.", mein Blick bei dem Wort Bruder stoppte ihn, aber trotzdem nickte ich melancholisch lächelnd. Bei den Gedanken an unsere vergangene Zeit fuhr ich mir in der Hoffnung, dass die Traurigkeit auch so weggewischt werden konnte, durchs Gesicht.

Dann setzte ich mich in Bewegung und setzte mich neben Luc, wobei ich vorher noch einen angeekelten Blick auf die Bank warf.

Zum Glück war es so dunkel, dass ich fast nichts erkannte.

„Weißt du noch als wir uns das erste Mal getroffen haben?", fragte mich Luc und ich nickte schnell. Er fuhr mit etwas belegter Stimme fort:„ Ich hab dir gesagt, dass wir zusammen sterben werden und ich hatte mal wieder Recht."

„Weil du immer Recht hast.", bestätigte ich und lachte dann traurig auf. Die Situation belastete mich und ich hasste mich dafür, dass ich Camilla nicht einmal hassen konnte. Stattdessen versuchte ich eine Erklärung zu finden seit wir hier eingesperrt wurden.

Gerade als ich Luc fragen wollte, ob er eine Idee hatte, warum sie das tat, ertönten Schritte. Sofort standen Luc und ich auf und brachten uns in Kampfposition. Dabei hörte ich wie Luc einmal kurz aufstöhnte, als er sein linkes Bein belastete. Einer der Männer hatte ihn mit einem Messer getroffen. In mir staute sich eine Wut auf David an und ich richtete meinen Blick fest auf die Gitterstäbe. Wer auch immer gleich kommen würde, würde meine Wut gewaltig zu spüren bekommen.

Doch als die Person vor unserer Zelle mit sicherem Abstand zu den Stäben zum Stehen kam, war es als wäre die Wut einfach verpufft.

„Also für zwei tote Männer seht ihr ziemlich lebendig aus.", neckte uns Camilla und ich spannte mich erneut an. Die Frau, die da vor uns stand war komplett verändert. Sie hatte selbstbewusst ihre Hände in den Hosentaschen und ihre Haltung könnte fast schon überheblich wirken. Aber das war nicht das was mich, und auch Luc, wie ich mit einem Seitenblick feststellte, aus dem Konzept brachte.

Es war die Art wie sie uns anguckte. Dabei strahlte sie keine Reue, Mitleid oder gar Liebe es aus. Es war schlichtweg gar nichts zu sehen. Getroffen trat ich einen Schritt zurück und starrte dabei immer nur Camilla an. Wie konnte sie sich so verändert haben?

Die kalte Zelle schien sich auf einmal immer weiter aufzuwärmen und am liebsten würde ich gerade jemanden umbringen. Ich wünschte mir wie ich David dafür jeden einzelnen Knochen brach und ihn dann elendig um Gnade winselnd vor mir liegen haben. Danach würde ich ihn umbringen und dabei lachen. Er hatte es verdient für das was er Camilla angetan hatte.

Aber ich tat nichts davon. Die Zelle hielt mich gefangen und Camilla ließ es nicht zu, dass ich meinen Blick abwendete.

Erst Luc, der so wie schon so oft seine Hand auf meine Schulter legte, riss mich aus dem Bann.

Also fuhr ich das Mädchen an:„ Was willst du hier? Bist du wirklich so kalt geworden, dass du Spaß daran findest die Leute, die du umbringen lässt, noch einmal zu sehen."

„Ich wollte nie, dass ihr sterbt.", sagt sie mit leiser Stimme und ihr Blick wurde für einen Augenblick etwas weicher. Dieses Bild verschwand allerdings so schnell wie es gekommen war.

Luc neben mir schien aber keine Rücksicht darauf zu nehmen. Er machte ein paar schnelle Schritte vor, bis er an dem Gitter stand. Der schmale Gang vor unserer Zelle hinderte Camilla daran noch weiter zurück zu gehen, als sie es wollte und jetzt stand sie mit ihrem Rücken an der Wand.

Dabei drängte sich mir geradezu die Vorstellung auf sie an die Wand zu drücken, ihr die blonden Haare aus dem Gesicht zu streichen und sie dann leidenschaftlich zu küssen.

Natürlich konnte ich das nicht tun, weshalb ich mich neben Luc stellte, der ziemlich angefressen aussah. Ich konnte es ihm nicht verübeln. Würde nicht Camilla vor uns stehen, sondern einer von Davids Leuten, dann hätte ich ihm schon längst die Hölle heiß gemacht.

Aber Luc machte da keinen Unterschied:„ Du wolltest nicht das wir sterben? Das glaubst du doch selber nicht."

„Es stimmt aber.", beteuerte die Kleine aufgebracht und nickte dabei hektisch. Am liebsten hätte ich Luc dafür eine reingehauen, dass er sie gerade so fertig machte, aber mein Inneres sagte mir auch, dass sie es verdient hatte.

Also schaltete ich mich ein:„ Dann bist du wirklich dümmer als du aussiehst. Du dachtest doch nicht ernsthaft, dass David uns auf ein Kaffeekränzchen im Kerker einlädt, weil er doch so auf die Schlichtheit hier unten steht."

„Er meinte, dass niemandem etwas passiert, wenn du ihm die Mafia gibst.", versuchte Camilla es erneut und diesmal konnte ich nicht verhindern, dass ich wutentbrannt gegen die Gitterstäbe schlug.

Dann sagte ich gefährlich kalt:„ Du solltest hier drinnen bleiben. Wegen dir hat meine Schwester ab jetzt eine Mafia zu führen und ihr Bruder und bester Freund sind tot. Und weißt du wer Schuld hat? Richtig du, Camilla."

Ihren Namen spuckte ich ihr förmlich vor die Füße und ich bemerkte, dass ihre Fassade zu bröckeln begann. Ihre Hände hingen schlapp neben ihrem Körper und ihr Blick war auf den grauen Boden gerichtet.

„Du könntest euer Leben retten.", versuchte es Camilla noch einmal, aber Luc schüttelte direkt entsetzt den Kopf und warf dabei die Hände in den Himmel, als wollte er Gott anflehen ihr etwas Gehirn zu geben.

„David wird uns freilassen und dann umbringen, weil wir keinen Schutz ohne die Mafia haben.", erklärte ich ihr und meine Stimme duldete eindeutig keinen Widerspruch. Aber diesmal hatte ich die Rechnung ohne Camilla gemacht. Sie widersetzte sich mir doch tatsächlich:„ David würde das niemals tun, wenn ihr den Vertrag nicht brecht."

„Was ist nur mit dir passiert?", murmelte ich und wendete mich von dem Mädchen ab. Ich schritt langsam zu den Bänken und setzte mich. Dabei vergrub ich meinen Kopf in den Händen und versuchte mich etwas zu beruhigen. Die Gefühle in meinem Inneren waren kaum zu sortieren und ich konnte nicht einmal sagen, ob ich gerade wütend oder traurig war. Allerdings war mir die Wut lieber.

Vor mir hörte ich Camilla, die noch sagte:„ Ich habe erkannt, dass ich dir nicht so wichtig war wie du es mir erzählt hast."

„Was soll denn das jetzt heißen?", empörte sich Luc und ich konnte eindeutig die angespannte Spannung hören.

Camilla zögerte. Nur kurz, aber sie zögerte.

Doch dann fand sie ihre Stimme wieder:„ Ihr habt mich gehen lassen und nichts getan damit ich bleibe. Das werde ich euch niemals verzeihen."

Ich hörte wie sich ihre Schritte entfernten und erkannte, dass sie es ernst meinte. Also rief ich nach ihr. Die Schritte verstummten und ich hoffte einfach, dass sie mich hörte:„ Dich gehen zu lassen war das schwerste, das ich je getan habe. Aber ich wollte dir nicht die Chance nehmen, dein Leben zu leben wie du es für richtig hältst. Hätte ich gewusst, dass du direkt zu meinem schlimmsten Feind rennst, dann hättest du die Villa niemals verlassen können."

„Weißt du wer der Verräter ist?", ich wollte gerade antworten, als sie noch ergänzte:„ Und lüg mich nicht an, dass würde jetzt wohl unnötig sein."

„Nein.", antwortete ich ihr mit fester Stimme und dann hörte ich ihre schnellen Schritte, die sich immer weiter von mir entfernten. Die Schritte, die mir zeigten, dass sie anfing mich zu vergessen und aufhörte mich zu lieben.

Meine Haltung veränderte sich schlagartig und ich schlug meinen Kopf gegen die kalte Betonwand hinter mir. Dabei brüllte ich meine Wut laut in die leere Umgebung.

The Mafia - EisliebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt