Kapitel 18

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Camilla Moretti

Meine Schritte echoten unerträglich laut in der verlassen Halle. Augenblaublich breitete sich eine Gänsehaut über meine nackten Arme aus und ich legte sie schützend an meinen Körper. Mein Ziel war Davids Büro, in dem ich ihn endlich nach dem Verräter fragen wollte. Und der einzige Weg dorthin war nun einmal der durch die verlassene Lagerhalle, die nur durch einen Sockel in der Mitte geschmückt war.

Nach einigen Metern erreichte ich die schlichte Stahltür, die auf den ersten Blick kaum sichtbar war.

Mit etwas Herzrasen griff ich nach dem silbernen Türgriff. Als mir eine Haarsträhne ins Gesicht fielt, ließ ich den Griff kurz los und gerade als ich mich entschied erst einmal anzuklopfen, hielt ich in der Bewegung inne.

Eine laute unbekannte Stimme, die auf einmal erklang veranlasste mich dazu mein Ohr an die Tür zu drücken. Eigentlich war ich Niemand, der Gespräche belauschte, aber die letzten Monate hatten mich gelehrt, dass Noah Recht hatte. Ich glaubte wirklich nur noch was ich hörte und sah.

„Du hast es gewagt dich mit mir anzulegen?", brauste der fremde Mann auf und ich drückte mich noch etwas näher an die kalte Tür.

Meine Neugier erwachte und ich wusste, dass ich hierbleiben würde bis ich erfuhr wen David verärgert hatte. Immerhin war ich jetzt so etwas wie seine Partnerin und deshalb betraf mich dieser Streit auch. Zu mindestens redete ich mir das ein.

Drinnen ertönte eine leisere Antwort, die ich überhaupt nicht verstehen konnte, was mich unruhig gegen die Tür trommeln ließ.

Plötzlich ertönte ein lautes Knacken und ehe ich mich versah wurde die Tür aufgerissen und ich fiel stolpernd in den Raum vor mir. Erschrocken schrie ich dabei auf und erst eine fast schon grobe Hand riss mich an meinem Arm zurück, sodass ich nicht hinfiel.

Meine Wangen verfärbten sich knallrot und ich schaute zu meinem Retter, der mich abschätzend ansah. Irgendwie kam er mir bekannt vor, aber woher fiel mir nicht ein. Also konzentrierte ich mich lieber auf David, der die Arme verschränkt hatte und mich fragend ansah. Unter seinem Blick wurde ich noch röter, wenn das überhaupt noch möglich war.

„Also ich bin Camilla.", brachte ich irgendwann stotternd hervor und schaute vorsichtig zu dem Fremden, der sich noch nicht einem bewegt hatte und stattdessen die ganze Zeit mit demselben kühlen Blick und den Armen hinterm Rücken verschränkt, neben der offenen Tür stand.

Also hatte er sie geöffnet, schlussfolgerte ich etwas verspätet.

Der Fremde antwortete mir nach einigen sich hinziehenden Minuten, in denen ich unruhig mit meinem Fuß gewippt habe:„ Ich weiß. David erzählte mir bereits, dass er ein neues Mädchen bei sich hat."

„Also eigentlich bin ich...", wollte ich anfangen, aber David machte auf einmal einen Schritt nach vorne und seine Hand auf meiner Schulter unterbrach mich.

Unter seiner Berührung wurde mir etwas unwohl und ich schaute verunsichert auf den Boden. Die bedrohliche Spannung in dem Raum war deutlich zu fühlen und das aufdringliche Parfum von David trug dazu bei, dass mir schwindelig wurde. Also begann ich meine Zehen zu bewegen und damit meinen Blutkreislauf in Gang zu bringen, damit ich nicht auf der Stelle ohnmächtig wurde. Dann würde mich der Unbekannte wirklich für Verrückt halten.

„Camilla hilft mir bei einigen belanglosen Angelegenheiten.", stellte David klar und ich spürte wie sich seine Hand auf meine Haut brannte. Das dringende Bedürfnis sie weg zu schlagen überkam mich, aber auf Grund der Situation hielt ich mich zurück.

Während David und der Fremde über die Definition der belanglosen Angelegenheiten stritten, was mir ziemlich komisch vorkam, hatte ich Zeit den Mann zu mustern. Dabei fiel mir sofort sein Schmollmund auf, der so gar nicht zu seinem restlichen Aussehen passte, das ziemlich bedrohlich wirke. Also ließ ich meinen Blick über sein Gesicht wandern und dabei entdeckte ich eine Narbe, die sich über seine rechte Wange erstreckte. Bei dem Anblick legte sich meine Hand unbewusst auf und noch bevor ich mich fragen konnte woher sie kam, wandte der Namenlose seinen Blick zu mir, was mich hochschrecken ließ. Durch die schnelle Bewegung wirbelten seine schwarzen, langen Haare herum, die er, anders als Luc, offen trug.

„Camilla sag mir, bist du schwanger?", ertönte seine kratzige Stimme, die unangenehm den jetzt stillen Raum erfüllte.

Trotz des durchdringenden Blickes ließ ich mir die Angst, die durch meine Andern floss, nicht anmerken. Wahrscheinlich lag es an Davids Präsenz, die über mir ruhte, aber ich bildete mir ein, dass ich allein so stark war.

„Ich wüsste nicht was dich das angeht.", gab ich keifend zurück und betonte dabei besonders stark, dass ich ihn duzte. Er sollte ja nicht glauben, dass ich ihn in irgendeiner Art und Weise Respekt zollte.

Erst schmunzelte der Fremde und ich konnte dabei tiefe Grübchen erkennen, die ihn auf eine fast schon gruselige Art freundlich aussehen ließen.

Dann lachte er. Nicht leiser, sondern schallend laut erfüllte sein Gelächter den Raum. Das Gefühl, das er mich auslachte erfüllte mich und ich schaute betreten auf den Boden. Die Hilflosigkeit machte mich fertig und genervt ließ ich mir meine Haare vor mein errötetes Gesicht fallen.

Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit bis der Fremde sich beruhigt hatte und japsend den Kopf schüttelte. David hinter mir war angespannt, was ich an seiner Hand erkannte, die sich fast schon schmerzhaft in meine Schulter bohrte.

Etwas verwirrt starrte ich auf die Hand, die auf einmal vor meinem Gesicht schwebte. Zögerlich schaute ich zu dem Fremden und legte dann meine Hand in seine. Überrascht quiekte ich auf, als er meine Hand fast schon zärtlich anhob und mir einen angedeuteten Kuss auf sie wirkte.

Diese Aktion entlockte mir dann doch ein kleines Lächeln und endlich stellte der Charmeur sich vor:„ Ich heiße Manuel. Manuel Cano. Du hast sicherlich schon von mir gehört."

Für einen kurzen Moment stand die Welt. Ich glaubte, dass sogar meinen Herz einen Schlag aussetzte, nur um dann hundertmal so schnell loszuschlagen. Meine Augen huschten unruhig durch den Raum und mein Atem ging etwas zu schwer. Krampfhaft suchte ich nach Etwas. Was es war, wusste ich nicht, aber ich hoffte, dass ich es fand. Aber meine Suche war von keinem Volk gekrönt. Stattdessen fielen mir die Gemeinsamkeiten auf. Die schwarzen Haare und das kantige Gesicht. Die Wangenknochen fand ich schon immer besonders attraktiv.

Die Erkenntnis traf mich wie ein Schlag. Manuel Cano hieß nicht nur wie der Mann, der mir mein Herz gestohlen hat. Er war Noah Canos Bruder.

The Mafia - EisliebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt