Kapitel 13

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Camilla Moretti

„Kannst du mich nicht doch begleiten?", fragte ich Mateo flehend und hoffte, dass er sich endlich erbarmte. Doch wie schon die letzten Male blieb er kalt und sah mit starrem Blick auf die viel befahrene Straße vor uns.

Langsam gab ich es auf. Seit Mateo erfahren hatte, dass ich Noah angerufen hatte, war es vorbei mit seiner süßen und liebevollen Art. Kein einziges Wort hatte er bisher mit mir gewechselt und wir fuhren bestimmt schon eine Stunde durch die Gegend.

Müde lehnte ich meinen Kopf an die Fensterscheibe, nur um festzustellen, dass ich dadurch wohl ein Schleudertrauma bekommen würde. Also ließ ich mich nach hinten in den bequemen Sitz sinken und beobachtete dabei die Autos, die an uns vorbei huschten. Es waren mehr Schemen, aber auf irgendeine Art hatte es etwas Beruhigendes.

Mein Rücken schmerzte und auch mein Nacken fühlte sich verspannt an. Unruhig versuchte ich mich in eine bequeme Position zu begeben, was sich als schier unmöglich herausstellte. Also öffnete ich gefrustet meine Augen und blickte direkt in ein grelles Licht. Fluchend schloss ich meine Augenlider sofort wieder und drehte mich in die andere Richtung. In der Hoffnung, dass ich dort nicht auch sofort erblinden würde, versuchte ich es erneut. Diesmal hatte ich Glück und meine Umgebung war tatsächlich etwas mehr in den Schatten gelegen.

Als ich mich wieder anfing zu Recht zu finden, stellte ich fest, dass ich immer noch in dem Auto saß und stöhnte genervt auf.

Mein Blick fiel direkt auf Mateo, der genauso da saß, wie er es tat bevor ich eingeschlafen war.

Anscheinend hatte er bemerkt, dass ich ihn anstarrte. Auf einmal drehte er nämlich seinen Kopf zu mir und sah mich kurz forschend an. Gerade als ich ihm zu lächeln wollte, mein Gehirn war noch nicht ganz hochgefahren, drehte sich mein Begleiter aber wieder weg und ich beließ es auch dabei.

„Eine Sache verstehe ich nicht.", erklang plötzlich die raue Stimme von Mateo und ich fuhr herum. Aber seine Haltung war weiterhin ernst und unnahbar, weshalb auch ich meinen Blick wieder der Straße zu wand.

Erst nach einigen Augenblicken fuhr Mateo ernst fort:„ Du hast dich bei uns die ganze Zeit wohl gefühlt, wenn du das nicht vorgespielt hast. Aber das traue ich dir auch nicht zu. David hat dir eines der höchsten Ämter in der Mafia angeboten und wir haben sogar einen Parkplatz gekauft, damit du dort genug Platz hast, um das Fahren weiter zu üben. Wieso hast du also Noah angerufen, der dir gar nichts gegeben hat?"

Ich sog scharf Luft ein und ohne es verhindern zu können richtete ich wieder meinen Blick auf den hübschen Jungen neben mir. Er muss seine Zähne fest aufeinander beißen, so angespannt wie sein Gesicht aussah. Dazu waren seine Hände so verkrampft um das Lenkrad geklammert, dass ich Angst hatte, er würde es durchbrechen.

Aber trotz alledem kreisten meine Gedanken um die Frage, auf die ich ihm keine Antwort geben konnte. Vielleicht konnte ich es aber auch. Doch wenn ich es tat, dann war ich mir nicht sicher, ob er es verstehen würde. Denn die einzige logische Erklärung war, dass ich Angst um Noah habe. Natürlich war das fast schon lächerlich, aber ich konnte nicht anders. Wenn ich mich an seinen vermeintlichen Tot erinnerte, kriegte ich noch heute schwer Luft und meine Augen brannten. Es war als würde dieses flaue Gefühl, das dann meinen Körper erfasst, nur verdeutlichen, dass mein Herz fehlte.

„Kennst du diese Gefühl, wenn", ich stockte und versicherte mich, dass ich Mateos Aufmerksamkeit hatte, „du jemand so sehr liebt, dass du allein bei dem Gedanken ihn zu verlieren nicht mehr atmen kannst. Wenn du morgen aufwachst und dein erster Gedanke ihm gilt, weil du wissen willst wie er geschlafen hat. Dann lächelst du so breit wie du noch nie gelächelt hast, weil er neben dir liegt. Es ist als würdest du dein Herz in einen anderen Körper übertragen und wenn es dann zu weit entfernt ist, willst du es wieder bei dir haben. Du würdest alles dafür tun, dass der Andere glücklich ist und wenn das heißt, dass du dich selbst opfern musst, dann tust du das."

„Wieso hat sich Noah dann nicht für deine Sache interessiert? Wieso war es ihm egal, dass dir Bianca wichtig war?", fragte Mateo so schnell, dass ich kurz sprachlos war. Doch dann drangen die Worte zu mir durch und ich schluckte hart den Kloß in meinem Hals herunter. Die Erkenntnis traf mich wie ein Schlag und ich sank kraftlos in meinen Sitz. Mateo hatte ins Schwarze getroffen und er wusste es. Aber das störte mich nicht am meisten. Stattdessen spürte ich eindeutig die Enttäuschung und den Hass, die um die Oberhand kämpften. Es war als wüsste mein Herz nicht was es fühlen sollte. Auch wenn es etwas dauerte wurde mir klar, dass Noah diese aufopferungsvolle Liebe nicht kannte. Er kannte eine Form von Liebe. Die in der er sagte wo es lang geht und bestimmte wie stark sie ist. Und ich hatte mich damit zufrieden gegeben, weil ich schwach und einsam war, aber das war ich jetzt nicht mehr.

Ich spürte wie etwas Warmes meine Hand berührte und zuckte erschrocken zusammen. Unsicher sah ich auf Mateos Hand, die meine umschlossen hatte. Es fühlte sich komisch an, immerhin war es nicht Noahs Hand. Aber würden ihn meine Gefühle überhaupt interessieren, wenn er gerade mal keine Zeit hatte. Bestimmt dachte er gar nicht mehr an mich.

Meine Fingernägel bohrten sich in meine Handfläche und ich versuchte krampfhaft die Tränen zu unterdrücken. Ich wollte jetzt nicht weinen und Mateo damit zeigen, dass ich anfing zu verstehen. Ich wollte nicht verstehen. Stattdessen sollte diese Blase, die ich mir um Noah aufgebaut hatte bestehen bleiben, aber Mateo hatte sie mit einer einfachen Frage zum Platzen gebracht.

Eine einzelne Tränen lief über meine Wange und ich schaute gequält zu Mateo, der endlich seinen ernsten Blick abgelegt hatte. Ein leises Klicken ertönte und Mateo zog mich auf seinen Schoß.

Ich hatte in meinen Gedanken gar nicht gemerkt, dass wir angehalten hatte. Mal wieder hatte Noah mir den Blick auf die Welt genommen.

Ein ersticktes Lachen entwich mir und ich spürte genau wie in meiner Nase dieses drückende Gefühl kam, dass kurz darauf meine Tränen fließen lies.

Schluchzend klammerte ich mich an Mateo, als wäre er mein letzter Strohhalm.

„Warum immer ich?", schluchzte ich und krallte mich etwas fester in sein immer nasser werdendes T-Shirt. Die Tränen fließen mir inzwischen in Strömen über die Wangen und das Liebeslied, das das Radio anfing zu spielen, schien mich zu verhöhnen.

Mir stieg der Geruch von Mateos Parfum in die Nase und ich schluchzte laut auf, als der leicht rauchige Geruch in meine Nase stieg.

„Du riechst wie er."

Mateo strich mir beruhigend über den Rücken und ich schluchzte bei der zärtlichen Berührung erneut auf.

„Ich bin hier.", flüsterte Mateo beruhigend, aber ich nahm in kaum war.

„Bitte verlass mich nicht.", flehte ich und sah Mateo mit wässrigen Augen an.

Man konnte ihm ansehen, dass ihn die Situation nicht kalt ließ und er mit mir litt.

Seine Stimme war seltsam leise, als er versprach:„ Ich werde immer bei dir sein und dir helfen."

„Ich will keine Hilfe. Mach das dieses Brennen, dieser Schmerz aufhört."

„Ich verspreche es dir."

The Mafia - EisliebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt