Kapitel22

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Camilla Moretti

Meine Hände zitterten und ich blickte mich immer wieder hektisch um. Der warme Sommerwind spielte mit meinen Haaren und die blonden Strähnen fielen mir immer wieder in mein Gesicht. Genervt versuchte ich eine freie Sicht zu bekommen. Mein Blick schweifte über Straße und den Wald hinter mir. Um mich herum waren keine Autos oder Personen. Stattdessen stand ich alleine an der Landstraße und wartete sehnsüchtig auf meine Freundinnen.

Der Schweiß stand mir inzwischen auf der Stirn und ich wünschte mir augenblicklich einen See herbei, indem ich mich abkühlen könnte. Aber die Sonne strahlte weiter unbarmherzig auf mich hinab. Meine verschwitzten Hände wischte ich immer wieder an meiner kurzen Lederhose ab.

Inzwischen begann ich schon fast die Hoffnung zu verlieren, dass Lucia und Veronica auftauchen würden. Doch dann hörte ich auf einmal das Fahrgeräusch eines Autos.

Mein Blick richtete sich auf die leere Straße und tatsächlich erblickte ich nach einigen Sekunden einen roten Jeep, der kontinuierlich auf mich zu fuhr.

Schnell streckte ich meine Hand raus und neben mir hielt das Fahrzeug an. Mein Bauch kribbelte als ich die Tür öffnete und mich auf die Rückbank des Autos setzte.

„Ich danke euch vom ganzen Herzen.", sagte ich noch bevor ich überhaupt saß. Es ertönte erstmal keine Antwort. Das ließ mir die Zeit mich kurz auf die angenehmen Temperaturen, die durch die Klimaanlage erzeugt wurden, zu genießen. Außerdem musste ich mich an den fast schon ekligen Parfumgeruch gewöhnen, der für meinen Geschmack viel zu süßlich war.

Ich hatte hinter Veronica auf den heißen Ledersitzen Platzgenommen, weshalb ich genau sehen konnte, dass Lucia die Lippen zu einer schmalen Linie zusammengepresst hatte. Gerade als ich mich noch einmal bedanken wollte, drückte sie das Gaspedal durch und ruckartig fuhren wir an. Hätte ich mich nicht schon angeschnallt, wäre ich wahrscheinlich frontal gegen Veronicas Seit geprallt. Aber so schnitt mich nur der Gurt in die, dank meinem trägerlosen Top, nackten Schultern.

In den nächsten Minuten herrschte ein unangenehmes Schweigen und ich hatte das Gefühl, dass keiner so Recht wusste, wie er das Gespräch beginnen wollte.

Sogar Veronica, die sonst kein Blatt vor den Mund nahm, war erstaunlich still. Da Einzige, was sie tat, war ab und zu Lucia den Weg zu diktieren. Außerdem hatte sie eine Hand auf die von ihrer Freundin gelegt und es schien, als wollte sie ihr zur Ruhe verhelfen.

Auch ich bekam die Sehnsucht nach einer derart vertrauten und liebevollen Berührung, aber diese würde ich in nächster Zeit nicht erfahren.

Nach einer weiteren, unerträglich langen Zeit, ergriff endlich Lucia das Wort:„ Wie geht es meinem Bruder?"

Mein Magen zog sich zusammen und ich spielte nervös an meiner Halskette herum. Auch wenn ich wusste, dass die Frage kommen würde, aktivierte sich sofort mein schlechtes Gewissen.

„Es geht ihm glaube ich gut.", antwortete ich und meine Stimme klang seltsam kratzig. Es war als hätte ich schon lange Zeit nichts mehr getrunken und jetzt kam nur noch ein Krächzen zusammen.

Lucia blickte mich durch den Rückspiegel abschätzend an und ihre katzenartigen Augen schienen auszudrücken, dass sie mich töten will. Doch da das nicht ging wandte sie sich nur wieder der Straße zu, auf der immer noch kein Auto unterwegs war.

Ihre Kälte erinnerte mich an meine Entführung, die ich durch das Glück mit Noah immer wieder vergas. Es war als hätte sie in einer anderen Welt, in einem anderen Leben, stattgefunden. Doch ich erinnerte mich gut, dass Lucia auch damals wie ein kalter Engel gewirkt hatte.

Ihre Stimme erklang erneut in der Stille:„ Wieso weißt du es nicht?"

„Ich war schon lange nicht mehr bei ihm.", erwiderte ich schnell und musste bemerken, dass ihre Hand anfing das Lenkrad zu umklammern, während Veronica ihre andere Hand beruhigend streichelte. Lucia war auch über diese Antwort nicht glücklich, aber Veronica hinderte sie daran noch etwas zu sagen:„ Wie lautet dein Plan zu Sonias Befreiung?"

Mein Blick senkte sich auf meine Füße, die in schwarzen Sneakers steckten. Immer wieder wippte ich mit meinem linken Fuß. Bisher hatten meine Gedanken sich nur damit beschäftigt, wie ich Lucia und Veronica für meine Sache gewinnen konnte. Aber jetzt waren wir auf dem Weg zu dem berüchtigten Hochsicherheitsgefängnis und ich musste zugeben, dass ich absolut keine Ahnung hatte, wie wir vorgehen sollten. Das erzählt ich auch den Mädchen, woraufhin Lucia spöttisch im Rückspiegel grinste und Veronica einen tiefen Seufzer ausstieß.

„Ich hab die Idee.", rief plötzlich Veronica begeistert und ich unterdrückte ein Gähnen. Dieser Satz war in der letzten Stunde mehrmals gefallen, weshalb meine Hoffnung äußerst gering war.

Meine Freundin schien jedoch genau so motiviert und fit wie am Anfang zu sein. Das merkte man auch, als sie begeistert erklärte:„ Wir können nicht alle reingehen, aber Lucia könnte es tun. Als Anwältin verkleidet, die ihre Klientin rausholen will."

„Wieso sollten die ihr das abkaufen? Es war schon schwer genug Noah als Journalistin zu besuchen.", wendete ich ein und lehnte mich schon wieder zurück. Auch diese Idee würde uns nicht weiterbringen.

Lucia, die seit langer Zeit kein Wort mehr gesagt hatte, räusperte sich leise. Sofort schnellte mein Blick zu der blonden Schönheit. Diese blickte starr auf die Straße, auf der inzwischen wieder einige Autos fuhren.

„Ich habe vor langer Zeit ein paar Briefe gelesen.", begann also Veve zu berichten, was Lucia, deren Mimik sich verdüsterte, deutlich missfiel.

Doch Veronica scherte sich gar nicht um ihre Freundin:„ Eigentlich waren sie an Noah adressiert, aber der war ja nicht da. Und der Absender stand nicht drauf, weshalb ich neugierig wurde."

„Die Briefe waren von Manuel, der Noah anscheinend mehr vermisst hatte als mich.", unterbrach Lucia sie verbittert und auch wenn sie es gut verstecken konnte, hörte ich doch eine gewisse Traurigkeit in ihrer Stimme. Das brachte mich zu der Feststellung, dass sie ihren Bruder wohl schrecklich vermissen musste. Auch wenn ich selbst keine Geschwister hatte, konnte ich es doch irgendwie nachvollziehen.

Veronica fuhr schnell fort:„ Und in diesen Briefen hat Manuel Noah gefragt, ob Lucia schon eine Staranwältin geworden ist."

„Was sie damit sagen will ist, dass ich einen Ausweis der Staatsanwaltschaft mit mir trage. Noah hielt es für richtig in allen Bereichen seine Leute zu haben.", schloss Lucia die Erklärung und ich konnte nicht verhindern, dass ein kleines Fünkchen Hoffnung in mir aufglühte.

Gleichzeitig begriff ich aber auch die Reichweichenden Kontakte, die die Mafia hatte. Es war wirklich beeindruckend, wenngleich es mir auch Angst machte.

The Mafia - EisliebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt