Kapitel 14

463 14 0
                                    

Camilla Moretti

Mein Herz raste etwas und die Kopfschmerzen, die ich dank des Weinens hatte, machten die Sache nicht besser. Trotzdem setzte ich tapfer einen Fuß vor den Anderen. Mateo hatte nach meinem Zusammenbruch angefangen mich zu coachen und mich in ein schönes Outfit gesteckt.

Dann hatten wir ellenlang geübt wie ich selbstbewusst und fast schon arrogant rüber kam. Er meinte es sei wichtig für meine Verkleidung. Immerhin trat ich hier gerade als Davids Frau auf und der hatte einen Ruf zu verlieren.

Ein letztes Mal tief durchatmend öffnete ich die durchsichtige Doppeltür und setzte ein unechtes Lächeln auf. Sofort kam ein Beamter zu mir gelaufen und ich nickte ihm kurz zu. Er war schon etwas älter und bei seinem Bierbauch bezweifelte ich, dass er Verbrecher jagen konnte. Trotzdem lief er schnellen Schrittes und vor allem ohne ein Wort an mich zu richten vor und ich folgte ihm so gut ich konnte. Die hohen High-Heels hinderten mich an einem schnellen Schritt, also versuchte ich mich daran ihm zu folgen ohne mich hinzulegen.

Innerlich verfluchte ich aber gerade Mateo und wäre er vorhin nicht so lieb gewesen, dann würde ich ihm nachher ganz sich den Kopf abreißen.

„Hier ist es.", der Polizist deutete auf eine Tür, die am Ende des Ganges lag, in dem wir uns befanden.

Mit ein paar letzten laut klackernden Schritten, schloss ich zu dem älteren Mann auf und nickte ihm erneut zu. Tatsächlich verschwand er sofort und ich fragte mich, ob er überhaupt noch schneller hätte gehen können.

Immerhin hatte Mateo Recht gehabt, als er sagte, dass das ganze Präsidium einen riesen Respekt vor ihm hatte.

Das macht mir die ganze Sache leichter und ich war mir sicher, dass so meine Tarnung nicht auffliegen würde. Dafür müsste ich nur noch bei der Polizistin Anzeige erstatten und ich hatte endlich den Gefallen, den ich David schuldete eingelöst.

Mateo hatte mit mir die Situation geübt und mir alle Infos, die ich über die Frau, die sich in dem Raum vor mir befand, gegeben. Es würde leicht werden, da war ich mir sicher.

Schnell warf ich noch einen Blick in den Spiegel, der über den Stühlen, die neben mir standen, hing und betrachtete mein verändertes Aussehen.

Meine Haare waren zwar immer noch glatt und weißblond, aber die schwarze Bluse, die perfekt mit den schwarzen Schuhen und der weißen Hose abgestimmt war, verliehen mir ein mysteriöses und fast schon angsteinflößendes Aussehen. Kurz übte ich noch einmal den ausdruckslosen Blick, den ich mit einem kalten Lächeln kombinierte. Es machte wir fast ein bisschen Angst, wie einfach es war, sich so eine Maske auf das Gesicht zu legen. Aber in dem Fall war es wichtig und vor allem würde es gleich, wenn ich Mateo Glauben schenkte, sehr effektiv sein.

Mit etwas zu viel Schwung öffnete ich die Bürotür und betrat den Raum. Er war nicht besonders groß, aber die hölzernen Möbel und die ledernden Sessel verliehen ihm einen gemütlichen Eindruck. Dazu gab ein großes Panoramafenster den Blick auf einen wunderschönen Garten frei und augenblicklich wünschte ich mir, hier etwas verweilen zu können. Aber gerade gab es Wichtigeres. Hinter dem Tisch, zu dem ich mich gerade begab, stand eine Beamtin, die mich breit anlächelte. Ich jedoch nahm keine Notiz von ihr. Zu mindestens tat ich so. Heimlich musterte ich sie und sie sah genauso aus wie auf dem Foto, das Mateo mir gezeigt hatte. Die Frau war nicht sonderlich groß und etwas fülliger. Dazu hatte sie ein breites Grinsen und wunderschöne schwarze Haare, die ihr bis zur Brust gingen.

Bevor sie merken konnte, dass ich sie einmal gemustert hatte, ließ ich mich auf den ledernden Stuhl fallen. Dabei achtete ich darauf, dass es trotzdem noch äußerst anmutig aussah. Schnell überschlug ich meine Beine und lehnte mich dazu noch etwas zurück. Mateo hatte mir eingebläut, dass diese etwas überhebliche Haltung sehr wichtig war, um sich Respekt zu verschaffen. Auch wenn ich es nicht gedacht hatte, stimmte es. Und das Überraschendste daran war, dass es sich gut anfühlte. Ich liebte das Gefühl der Macht, die ich in dem Moment habe. Es war wirklich berauschend und hatte etwas an sich, dass meine traurige Seele zu heilen schien.

Jetzt musste ich schnell das Gespräch anfangen. Dabei nicht freundlich, sondern bestimmend sein, erinnerte ich mich in Gedanken.

Also erkundigte ich mich schnell und mit distanzierter Stimme:„ Sie wissen warum ich hier bin?"

Die Beamtin lächelte freundlich und nickte, während sie antwortete:„ Natürlich. Ich habe mich bereits mit Ihrem Fall beschäftigt."

Ihre Stimme klang angenehm beruhigend und ich musste mich beherrschen, um nicht sofort zurück zu lächeln. Aber dann würde sie mir vertrauen und mich vielleicht mögen. Das würde dann dazu führen, dass sie denken würden, dass David über mich angreifbar war und wenn das passierte, war ich ein Kopf kürzer. Auch das hatte Mateo mir ausgiebig erklärt.

Also konzentrierte ich mich lieber auf mein Gegenüber und ich stellte schnell fest, dass mein Auftreten mir geglückt war. Die Frau rutschte auf ihrem Stuhl hin und her und strich sich zudem immer mal wieder eine ihrer Haarsträhnen aus dem Gesicht. Die Polizistin war also genau so schwach und durchschaubar, wie Mateo es mir beschrieben hatte und auch wenn mir der Gedanke missfiel, werde ich das jetzt ausnutzen müssen. Immerhin heißt es immer noch ihr Kopf oder mein Kopf. Und letztendlich beruhigte ich mein Gewissen damit, dass niemand ihr etwas tat. Sie sollte nur die Dinge etwas beschleunigen.

Also nahm ich schnell das Gespräch wieder auf:„ Dann wissen Sie ja, dass ich wünsche, dass er sofort verhaftet wird."

„Das ist nicht so einfach.", widersprach mir die Frau schnell, aber ich hörte genau wie ihre Stimme dabei gefährlich leise wurde zum Ende hin.

Also tat ich etwas, was ich lange mit Mateo geübt hatte. Ich drohte ihr:„ Haben sie Kinder?"

Die Polizistin nickte verwirrt und ich fuhr fort:„ Das war auch nicht so einfach und trotzdem sin die Kinder jetzt zier. Wäre doch schade, wenn all Ihre Mühe umsonst gewesen wäre."

Mein schlechtes Gewissen meldete sich, aber ich konnte jetzt nicht darauf eingehen. Immerhin war ich so kurz vor meinem Ziel.

„Drohen Sie gerade einer Beamtin?", empörte sich die Polizistin, aber ich hörte deutlich, dass sie Angst hatte. Niemand würde es wagen sich mit David, meinem vermeintlichen Ehemann, anzulegen. Auch sie wusste das.

Also schüttelte ich kurz den Kopf und lehnte mich dabei etwas zu der Frau, die mich eingeschüchtert ansah. Dann meinte ich mit kalter, so hoffte ich, Stimme:„ Ich stellte fest was Tatsache ist. Tatsache ist auch, dass ich verraten wurde. Vor zwei Jahren und heute ist der Tag gekommen mich zu rächen. Sie wollen mir doch nicht etwa im Weg stehen? Immerhin ist Zahltag doch der schönste überhaupt."

Diese Lüge hatte ich ebenfalls vorhin geübt. Immerhin kannte ich die ganzen Leute vor zwei Jahren noch gar nicht. Aber sie erzielte ihre Wirkung und die Beamtin nickte endlich zustimmend.

Innerlich fiel mir ein Stein vom Herzen und ich war froh, dass ich nicht noch mehr illegale Sachen sagen musste. Sie müsste sich schließlich nur kurz an ihren Boss wenden und schon jetzt hätte ich eine Anzeige wegen Bedrohung einer Beamtin, Nötigung und Vortäuschen einer Straftat. Das hatte ich aus vielen Serien gelernt und ich war froh, dass ich dieses Wissen hatte, auch wenn es mich im Moment nur nervös werden ließ.

Bevor ich aus meiner Rolle fallen konnte lächelte ich schnell wissend und meinte:„ Das ist eine weise Entscheidung und jetzt rate ich Ihnen, das sie ein paar Streifenwagen losschicken."

„Was hat er Ihnen getan Misses...", wollte die Frau wissen, doch ich unterbrach sie schnell:„ Camilla. Einfach nur Camilla."

So musste ich nicht weiter auf meine Nachnamen eingehen. Weil jeder dachte, dass ich Davids Frau war, musste ich mich nirgendwo eintragen und jeder nahm an, dass ich mit Nachnamen auch Toledo hieß. Also wollte ich sie unbedingt in diesem Glauben lassen. Meine Hand, die auf dem Schreibtisch lag begann leicht zu zittern und ich strich mir schnell eine Haarsträhne aus dem Gesicht, damit es der Frau vor mir nicht auffiel.

Aber die sprang schon auf und machte sich nach einer schnellen Verabschiedung daran aus dem Raum zu kommen.

Ich konnte es kaum fassen und ließ mich überwältigt in den bequemen Stuhl sinken. Ich hatte es doch tatsächlich durchgezogen und hatte Erfolg gehabt. Mein Blick glitt wieder zu dem Garten und in Gedanken entschuldigte ich mich bei Gott für das, was ich getan hatte. Aber es musste sein, da war ich mir sicher. Ich war nie besonders gläubig gewesen, aber jetzt verschränkte ich meine Hände und betete. Ich bat Gott darum, dass das was ich getan habe, nicht Veronica und Lucia in Gefahr brachte. Ich bat um Schutz für Luc und als ich enden wollte, fügte ich noch schnell hinzu, dass ich mir wünschte, dass er, dass Noah, überlebte. Denn töten wollte ich nicht einmal ihn.

The Mafia - EisliebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt