Die Ruhe vor dem Sturm

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"Ich habe heute morgen mit deinem Großvater gesprochen. Er will morgen ganz früh den Angriff auf Dios Versteck starten. Wir brauchen die Sonne auf unserer Seite und wir brauchen so viel Zeit mit ihr, wie wir nur haben können. Das heißt wir haben heute den gesamten Tag noch frei."

Erwartungsvoll grinste ich ihn an. Lächelnd strich er mir die rote Locke aus dem Gesicht und antwortete:

"Ja gut, lass uns was Schönes unternehmen. Dann haben wir jetzt auch mal die Gelegenheit uns das Land anzusehen."

"Stimmt. Bei den Kämpfen kriegen wir ja gar nichts mit!"

"Wir sollten den Anderen aber Bescheid geben, nicht dass sie sich Sorgen machen wenn wir weg sind."

Aufgeregt nickte ich, schmiss mir meinen Mantel über und stiefelte hinaus. Lachend folgte mir Jotaro.

"Du hast es aber eilig!"

"Ich möchte den Tag nutzen. Viel Zeit bleibt uns gemeinsam nicht mehr! Morgen müssen wir gegen Dio antreten also möchte ich heute noch einen schönen, entspannten Tag haben!"

Auf dem Weg nach draußen, gaben wir unseren Reisegefährten Bescheid, dass wir unterwegs seien. Zu unserem Glück fragte niemand, ob er mitkommen könne. Ich wüsste nicht, wie wir uns da hätten raus reden sollen.

Zuerst schlenderten wir durch einen Teil der riesigen Innenstadt, wir hatten Glück, denn gerade fand der Wochenmarkt statt. Es war ein dichtes Gedränge und es gab unglaublich viele unterschiedliche und vielseitige Verkaufsstände. Wir probierten gemeinsam an manchen Ständen einige uns unbekannte Früchte und kleinere Gerichte, die es bei uns in Japan nicht gab. Die Stadt hatte eine unglaublich bunte Kultur, die die eher eintönig sandfarbene Umgebung ausglich. Irgendwann wurde es Jotaro zu voll und er bat mich, dass wir woanders hin gingen. Man konnte ihm deutlich ansehen, wie genervt er mittlerweile von den anrempelnden Menschenmassen war, er schien es für mich extra lang ausgehalten zu haben! Also schauten wir uns als nächstes ein paar ruhigere Orte an, besuchten einige großartige Gebäude und Wahrzeichen und gingen am Nil entlang spazieren.

Als es anfing zu dämmern, machten wir es uns in einer ruhigen und einsamen Ecke mit Blick auf den riesigen Fluss bequem. Hier waren wir endlich vollkommen allein, keine Menschenseele kam vorbei. Daher brauchten wir uns auch nicht länger zu verstecken und ich lehnte mich an Jotaro an, woraufhin dieser seinen Arm anhob und um meine Schulter legte, um mich noch näher zu sich heran zu ziehen. Lange Zeit schwiegen wir beide, doch dieses Mal war es kein unangenehmes Anschweigen, sondern stilles Genießen.
Ich erinnerte mich daran, wie wir in der Wüste, nach unserem Flugzeugabsturz mit dem Baby, oder besser gesagt mit Death13, ähnlich wie jetzt zusammen gesessen und in die Sterne geschaut hatten. Doch letztes Mal war die Situation eine andere, letztes Mal ging es mir richtig schlecht weil mir niemand Glauben geschenkt hatte. Und bis heute wusste keiner von ihnen mehr, was im Traum danach passiert war, niemand wusste, dass ich tatsächlich Recht hatte. Ich seufzte leicht und hörte das Knacken eines Feuerzeugs. Mein Blick wanderte hoch zu Jotaro.

"Das ist ungesund."

"Halt die Klappe."

Ich musste schmunzeln. Dann bemerkte ich, dass er sehr besorgt und unruhig wirkte. Also richtete ich mich auf und schaute ihn fragend an.

"Was ist los?"

"Nichts."

Empört schnaubte ich und stieß ihm in die Seite.

"Du kannst mir nichts vormachen, ich seh's dir doch an!"

Seufzend pustet er dicken Zigarettenrauch hinaus und schaute mich danach besorgt an.

"Ich will nicht, dass du morgen mitkommst."

"Bitte was?!"

Er schwieg.

"Natürlich komme ich mit!"

"Das ist nicht dein Kampf. Ich und mein Großvater sind hier um meiner Mutter das Leben zu retten. Du hast damit nichts zu tun, wir haben euch alle da nur mit rein gezogen. Oft genug hast du dein Leben aufs Spiel gesetzt, obwohl das nichts mit dir zu tun hat."

"Hast du schon vergessen, dass Dio mich zuvor schon kontrolliert hat? Ihr habt mich da nicht mit rein gezogen, ich war schon vorher längst mittendrin! Und das muss ich ihm auch heimzahlen! Außerdem will ich euch doch unterstützen, ich will helfen, deine Mutter von ihrem Fluch zu befreien!"

"Kakyoin... Ich hab einfach Angst dass dir was passiert, okay?!"

Nervös drückte er seine Zigarette im Boden aus.

"Ich will nicht, dass dir schon wieder etwas passiert. Dio ist ne ganz andere Hausnummer als die Gegner, die wir bisher hatten und ich wüsste nicht was ich tun sollte, wenn ich dich verliere. Dio ist zu mächtig."

"Dann verspreche ich dir hier und jetzt, dass du mich nicht verlieren wirst! Ich werde morgen auf mich und auf dich aufpassen und das gleiche verlange ich von dir. Wir stärken uns gegenseitig und bezwingen ihn gemeinsam. Du wirst mich nicht los, ich komme definitiv mit morgen."

Jotaro seufzte, boxte mir auf die Schulter und zog mich dann zu sich in seine Arme.

"Dann bekomm ich dir das scheinbar nicht ausgeredet, was..?"

"Nein. Würde ich von dir verlangen, morgen den Kampf sein zu lassen weil ich Angst um dich habe, würdest du doch auch nicht auf mich hören. Und wenn keiner von uns kämpft, kann Dio weiterhin die Welt terrorisieren. Wer sollte ihn aufhalten, wenn nicht wir?"

Etwas später machten wir uns dann auf den Weg zurück ins Hotel. Wir mussten morgen ausgeschlafen und bei Kräften sein.
Beim Betreten des Zimmers fiel mein Blick auf die getrennt stehenden Betten. Jotaro schien es bemerkt zu haben.

"Vergiss es."

meinte er, während er den Mantel auszog.

"Die bleiben nicht so."

Vorsichtig, um nicht zu viel Lärm zu machen, schob er die beiden Betten zusammen.
Nachdem wir uns bettfertig gemacht hatten, kuschelten wir uns gemeinsam ins Bett. Jotaro drückte mir noch einen Kuss auf die Lippen und legte dann seine großen, starken Arme um mich und ich kuschelte mich möglichst nah an ihn heran.

"Gute Nacht, Kakyoin."

"Gute Nacht!"

flüsterte ich grinsend, was er allerdings nicht mehr sah, da er bereits die Augen geschlossen hatte. Er sah so friedlich aus. So hätte ich ihn mir damals nie vorstellen können. Den 'riesigen gefühlslosen Schläger'. Lächelnd vergrub ich mein Gesicht in seiner Brust und schloss ebenfalls die Augen.

In Your Arms - Last Train Home [Jotakak] Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt