Rückkehr

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"Verdammter Iggy! Wo ist der nur hin? Der ist echt ein Klotz am Bein."

fragte Polnareff erneut genervt. Es war witzig. Obwohl sie sich augenscheinlich nicht ausstehen konnten und Polnareff sich dauernd über ihn beschwerte, war er doch stets der Erste, der nach ihm fragte, wenn er wieder einmal verschwunden war. Doch heute war er tatsächlich für seine Verhältnisse unglaublich lange weg. Der Alte bestätigte noch im selben Atemzug meinen Gedanken.

"Ich mache mir Sorgen. Wir haben ihn lange nicht gesehen."

"Dieser dumme Köter!"

Nach ein paar Metern horchte ich auf und blieb stehen. Was war das? Ich drehte mich um und als der Rest der Gruppe es bemerkt hatte, taten sie es mir gleich.

"Was ist los, Jotaro?"

Stumm schaute ich ein wenig angespannt in die Richtung, aus der ich meinte, etwas gehört zu haben.

"Verfolgt uns doch jemand?"

"Nein... Ich dachte, jemand hätte nach uns gerufen."

"Wer?"

Statt zu antworten, nutzte ich die Stille, um nochmals genau hin zu hören. Nun hörte ich wieder ein weit entferntes Geräusch. Es wurde lauter, es war ein Atmen, ein Hecheln... Ein schweres Hecheln.
Plötzlich lief Iggy um die Hausecke, die ich im Blick hatte. Nein, laufen war das falsche Wort, er schleppte sich schwer verletzt und vorne nur auf einem Bein hüpfend zu uns. Er sah unglaublich mitgenommen aus, doch seltsamerweise waren einige seiner Wunden ordentlich eingepackt.

"Iggy!"

rief Polnareff und rannte sofort zu ihm hin.

"Was ist nur passiert? Iggy ist schwer verletzt!"

"Hey... Eins seiner Vorderbeine ist weg..."

"Du wurdest vom Feind angegriffen, oder, Iggy?"

Joseph hockte sich auf den Boden und nahm den schwer atmenden Iggy vorsichtig auf den Arm. Misstrauisch hob ich wieder meinen Blick und schaute in die Richtung, aus der Iggy gekommen war.

"Das war nicht Iggys Stimme. Es war die eines Menschen."

In dem Moment ertönte diese Stimme hinter mir erneut, diesmal aber deutlich näher und lauter als zuvor.

"Scheinbar ist Iggy auf den Feind getroffen. Ich sah einen Jungen bei ihm, als er im Sterben lag. Ihn behandelte ein Arzt der Speedwagon Foundation. Einer wie derjenigen..."

Diese Stimme! Ruckartig drehte ich mich um und konnte kaum glauben, wen ich dort sah.

"...der meine Augen gerettet hat."

Es war Kakyoin, sofern es nicht noch eine Einbildung war, wie ich sie die letzten Tage schon ein paar Mal hatte. Ich schüttelte den Kopf und schaute mit zusammengekniffenen Augen erneut hin, doch er stand tatsächlich noch immer dort. Elegant wie immer, stolz und aufrecht, als wäre nie etwas passiert. Was nun allerdings neu war, waren die Narben über den Augen und die Sonnenbrille. Polnareff riss mich erneut mit seinem Geschrei aus meinen Gedanken.

"Du bist..."

Kakyoin setzte lässig die Sonnenbrille ab und lächelte cool. Ich ballte eine Faust und senkte den Kopf um mein Lächeln zu verbergen. Dieser elende... So viele Sorgen habe ich mir um ihn gemacht, und nun führt er sich hier so auf... Mein Lächeln wurde nur noch breiter.
Nacheinander riefen alle freudig irgendetwas umher, während sie zu ihm liefen und ihn alle stürmisch begrüßten.

"Kakyoin ist wieder da! Yeah!"

"Kakyoin, sind deine Augen in Ordnung?"

"Schön, dich zu sehen! Sind deine Wunden verheilt?"

"Ja, mir geht's bestens. Die Narben bleiben, aber mein Sehvermögen ist wiederhergestellt."

Nun trat auch ich zu der Gruppe heran. Kakyoin drehte sich zu mir. Wir reichten uns die Hand. Innerlich war ich allerdings fast am explodieren vor Freude, ihn wieder zu sehen. Doch vor den anderen hieß es erstmal, Ruhe zu bewahren.

"Jotaro... "

Ich schmunzelte nur leicht. Ich fühlte mich gerade nicht fähig, irgendetwas zu sagen. Ich wusste nicht einmal, ob ich irgendetwas vernünftiges herausbekommen hätte. Aber glücklicherweise kannten mich die anderen ja sowieso eher als still. Ein wenig verlor ich mich in seinen Augen, die trotz Narben noch immer so wunderschön leuchteten.
Diesmal war es der Alte, der mich zurück in die Realität holte.

"Hey, Iggy. Wo willst du hin?"

Kakyoin setzte die Brille wieder auf.

"Iggy will uns offenbar etwas zeigen. Ich weiß nicht, was passiert ist, als er den Feind bekämpfte, aber er scheint wütend über seine Wunden zu sein."

So folgten wir also Iggy, der schnurstracks auf ein bestimmtes Ziel zu lief. Je näher wir seinem Ziel kamen, desto unwohler wurde uns. Selbst mir lief es eiskalt den Rücken hinunter. Mittlerweile sahen wir aus der Ferne ein Gebäude... Es war das Gebäude, nach dem wir die ganze Zeit gesucht hatten, das Gebäude, das Dio als sein Versteck diente! Iggy hatte gefunden, wonach wir alle gesucht haben! Es strahlte eine absolut finstere Energie aus. Yare yare... So viele Länder haben wir bereist, so viele von Dios Attentätern bezwungen... Mittlerweile seit fast 50 Tagen. Und nun hatten wir endlich Dios Versteck gefunden.

"Er ist hier, ganz sicher..."

bemerkte der Alte. Ich sah ihm an, wie er nachgrübelte und behielt ihn erwartungsvoll im Blick.

"Ich weiß, ihr wollt sicher am liebsten sofort rein und die Scheiße aus ihm rausprügeln... Und mir geht es nicht anders. Aber wir mussten einiges einstecken in den letzten Tagen und Stunden. Ich würde vorschlagen, dass wir nun erst einmal unsere Kräfte regenerieren und ihm mit voller Kraft entgegen treten. Was sagt ihr?"

Normalerweise wäre ich am liebsten sofort hinein gestürmt und hätte Dio höchstpersönlich den Schädel zertrümmert. Jedoch... Mein Blick wanderte zu Kakyoin. Ich bezweifelte, dass er wieder komplett fit war. So wie ich ihn kannte, hat er die Ärzte angebettelt, ihn frühzeitig gehen zu lassen, um uns weiter helfen zu können. Ganz zu schweigen von Iggy, der kaum aufrecht stehen konnte...

"Gut, also nehmen wir uns ein paar Tage frei, bevor wir ihn fertig machen."

Verdutzt schaute Großvater mich an. Er hätte wohl auch eher erwartet, dass ich ihm einen Vogel zeige und noch im selben Augenblick ins Gebäude springe. Dann nickte er und die Anderen stimmten dem Vorschlag schweren Herzens zu. Sie wollten auch endlich Dio alles heimzahlen, was er ihnen angetan hatte, doch es war einfach vernünftiger, zuvor unsere Kräfte zu sammeln.

Der Alte organisierte uns wieder ein Hotel, nicht allzu weit weg von Dios Versteck, wir wollten es lieber weiterhin im Auge behalten. Insgeheim freute ich mich auf ein paar Tage Ruhe, die ich mit Kakyoin verbringen konnte...

In Your Arms - Last Train Home [Jotakak] Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt