Wer weiß?

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Ich seufzte und schlich hinüber zu der am Boden liegenden Krankenschwester. Das war knapp. Sie sollte nach einer Behandlung wieder in Ordnung sein. Allerdings hatte ich das Gefühl, dass es von hier an noch viel brutaler werden könnte.
Die Alarmglocke der Schule klingelte und man konnte Schreie hören.

"Was war das? Eine Gasexplosion? Das kam aus dem Behandlungszimmer! Keiner verlässt den Klassenraum!"

Ich werde ihnen den Rest überlassen, dachte ich mir, während ich mich wieder aufrichtete. Kakyoin konnte ich allerdings nicht hier lassen. Ich betrachtete ihn eine Weile wie er so am Boden lag und schüttelte dann den Kopf während ich ihn mir über die Schulter warf. Er musste mir einige Dinge über Dio erklären. Vorsichtig kletterte ich durchs Fenster und nahm ihn mit nach Hause.

Dort angekommen hörte ich meine Mutter bereits von weitem kreischen.

"...ich hatte gerade so ein verbindendes Gefühl, Jotaro denkt bestimmt in der Schule gerade an mich!"

Ich erreichte die offene Tür und sah sie dort stehen, umarmte den Bilderrahmen mit einem Foto von mir. Genervt meinte ich

"Ich denke nicht an dich."

Sie schrie erschrocken auf und ließ das Bild fallen.

"Jotaro! Was ist in der Schule passiert? Wer ist das? Er ist blutüberströmt! Warst du das etwa?"

Hahah, nein, diesmal nicht, dachte ich mir. Kakyoin wurde langsam schwer auf meiner Schulter und ich wollte ihn schnell zu meinem Großvater bringen. Außerdem hatte ich jetzt keine Lust, meiner Mutter großartig was zu erklären.

"Das hat nichts mit dir zu tun. Ich suche nach Opa."

meinte ich, während ich schon weiter ging. Dieses Haus war einfach viel zu groß wenn man jemanden suchte..

"Ich glaube, dein Großvater ist im Teeraum mit Avdol."

rief sie mir noch hinterher. Nach einer Weile blieb ich nochmal kurz stehen und drehte mich mit wie immer mürrischem Gesicht zu ihr um und meinte noch

"Hey! Du siehst heute morgen etwas blass aus. Bist du okay?"

Ihre Augen fingen an zu funkeln und sie freute sich unglaublich.

"Fine, thank you!"

kreischte sie. Schnaubend drehte ich mich wieder ohne ein weiteres Wort um. Ich betrat den Raum in dem Opa und Avdol hockten. Während sie verdutzt zu Kakyoin blickten, legte ich ihn auf dem Boden ab. Knapp erklärte ich, was geschehen war. Opa war der Meinung dass Kakyoin es nicht packen würde und die nächsten Tage sterben würde. War es das? Würde er so einfach aufgeben?

"Jotaro, es ist nicht deine Schuld. Schau. Der Grund, warum dieser Mann loyal zu Dio war und dich töten wollte... ist genau hier."

Er strich die Haarsträhnen aus Kakyoins Stirn. Im Haaransatz saß eine rosa Knospe. Was zur Hölle war das?? Avdol fing an zu erklären.

"Das ist eine Fleischknospe aus Dios eigenen Zellen. Sie ist mit seinem Gehirn verbunden um seinen Verstand zu beeinflussen. Diese Knospe kontrolliert ihn. Und deshalb können wir ihn nicht retten. Das Gehirn ist sehr fragil. Wenn man beim Entfernen etwas falsch macht, könnte es das Gehirn schädigen."

Wie konnten sie ihn einfach aufgeben? Ob die Knospe ihn nun umbringt oder wir, beim Versuch ihn zu retten. Wir sollten es doch dann wenigstens versuchen! Ich hockte mich neben ihn auf den Boden und hielt sein Gesicht fest zwischen meinen Händen.

"Kakyoin ist noch nicht tot! Ich ziehe es mit meinem Stand heraus!"

"Warte, Jotaro!"

"Alter Mann, fass mich nicht an! Ich entferne es, ohne dem Gehirn zu schaden. Mein Stand ist so präzise, dass er sogar Kugeln fassen kann."

Nachdem ich meinen Stand nicht mehr nur als bösen Geist gesehen habe, habe ich schnell seine Fähigkeiten heraus gefunden und sie mir zunutze gemacht. Nun würden wir sehen, wie präzise er wirklich war. Star Platinum packte die Knospe mit zwei Fingern, sie fing an zu zappeln und riss einen der vier Tentakel die in Kakyoins Kopf steckten heraus und griff mich damit an. Avdol und Joseph sprangen auf und sahen unruhig zu. Opa würde am liebsten dazwischen gehen und mich dort weg reißen. Hoffentlich hörte er auf mich... Der Tentakel stach in meine Hand und bohrte sich weiter rein. Ich unterdrückte den Schmerz damit ich meine volle Konzentration beibehalten konnte.
Kakyoin riss die Augen auf und sah den Tentakel. Sie funkelten verängstigt. Er schaute panisch zu mir. Ich musste zugeben, ich war besorgt.

"Beweg dich nicht, Kakyoin. Wenn ich versage, ist dein Gehirn hinüber."

sagte ich ruhig, aber bestimmt. Naja, aufmunternde Worte waren das ja nicht gerade... Star Platinum zog an der Knospe und diese bohrte ihren Tentakel immer weiter in mich hinein. Er wanderte meinen Arm entlang hinauf, bis hin zu meinem Hals. Verdammt, er wollte ebenfalls in mein Gehirn. Doch ich musste ruhig bleiben. Ich blendete dieses unangenehme Gefühl und die widerliche Vorstellung aus, gerade war das einzige was zählte, Kakyoins Leben zu retten.

"Er ist in seinem Körper und trotzdem bleibt er komplett ruhig. Er zittert gar nicht. Und auch sein Stand bleibt ruhig! Seine Bewegungen sind stärker, als ich es je erwartet hätte."

stellte Opa fest. Der Tentakel schlich neben meinem Auge entlang. Ich riss die Augen weit auf, gleich hatte ich es geschafft, der Tentakel aber auch. Also hieß es jetzt alles oder nichts. Star Platinum zog den Rest präzise aus Kakyoins Kopf heraus und riss dann schnell den Tentakel von mir weg. Mein Großvater zerstörte die Knospe endgültig. Kakyoin war gerettet. Erleichtert atmete ich auf. Ich zog mir die Kappe tiefer ins Gesicht, steckte die Hände in die Hosentaschen und schritt zur offenen Tür. Das war heftig, aber das mussten sie mir ja nicht unbedingt ansehen...
Kakyoin setzte sich auf und fragte

"Warum? Warum hast du dein Leben riskiert, um mich zu retten?"

Eine lange Weile schaute ich zu ihm hinunter ohne zu antworten, schaute ihm einfach starr in die Augen. Dann drehte ich mich wieder um und ging durch die Tür. Ich musste mich ducken um durch sie hindurch zu passen.

"Wer weiß? Ich bin selbst nicht sicher."

In Your Arms - Last Train Home [Jotakak] Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt