Kaum schritten die Jugendlichen durch die Tür der Polizeiwache an die frische Luft, schnürten sich ihre Kehlen ruckartig zu. Denn vor der Wache standen ihre Eltern, nicht besorgt oder nervös, nein sie waren wütend. Und wer könnte es ihnen verübeln? Schließlich wurden ihre Kinder am helllichtem Tag festgenommen und auf der Polizeiwache verhört, ohne ihre Anwesenheit zu verlangen.
„Hey Callie, kann ich erst mit zu dir kommen?", flüsterte Francesco ihr ins Ohr und schaute seinen Freunden hinterher, wie sie ohne sich zu verabschieden in die Autos ihrer Eltern stiegen. Ein einzelner Blick der blonden Cheerleaderin genügte, um ihren Vater um Erlaubnis zu beten. Dieser öffnete für seine Tochter die Tür und deutete Francesco auf dem Beifahrersitz Platz zu nehmen.
Man sollte meinen, dass man sich an den Anblick von losfahrenden Autos gewöhnen wurde, doch jedes Mal, wenn man vom Universum auf die kleine Welt blickte, den Motor aufheulen hörte und dann die zunächst langsamen Bewegungen der vielen Metallbuschen beobachtete, wirkte es als wäre es das Aufregendste der Welt. Und so war auch es diesmal. Drei Autos, zwei davon fuhren in dieselbe Richtung und das dritte genau in die entgegengesetzte. Und dann war der Parkplatz wie leergefegt. Kein Geräusch, keine Bewegung, nur das grau der Pflastersteine.
*
„Wo ist dein Vater?", unterbrach Callies Vater das Schweigen in seinem Auto „Oder dein Mutter?", korrigierte er sich dann aber selbst, als er Francescos Gesichtsausdruck bemerkte. „Ich bin 18. Die mussten meine Eltern nicht informieren.", erklärte er und warf Callie einen Blick zu, damit sie ihn nicht verraten würde, denn er war noch keine Achtzehn. Die Tatsache, dass seine Lüge in der Polizeiwache nicht aufgeflogen war, lag wohl eher daran, dass Chester den Grund für seine Lüge kannte und ihn nicht in Schwierigkeiten reiten wollte, anders konnte Francesco sich das nicht erklären. Und dann trat wieder eine peinliche Stille ein. Callie wechselte ihre Aufmerksamkeit von Francesco auf die vorbeiziehende Umgebung, sodass sich im Fenster ihr Ebenbild spiegelte und man konnte sehen, wie sich ein schüchternes Lächeln auf ihre Lippen zauberte und Freudentränen ihre Dunkeln Augen befeuchteten. Und auch Francesco blickte hinaus, doch waren seine Augen starr auf einen Punkt im nirgendwo fixiert. Bei Callies Haus angekommen stiegen sie alle aus und gingen auf die schwere Haustür zu. Während Francesco bereits die Treppen zu Callies Zimmer empor stieg, hielt Mr. Minster seine Tochter kurz zurück „Wir reden, wenn Francesco Zuhause ist.", sein strenger Blick folgte ihr, bis auch sie in ihrem Zimmer verschwand und sich zu Francesco auf das Bett schmiss.
Auch Max und sein Vater erreichten soeben ihr Haus und begaben sich in das hell beleuchtete Wohnzimmer. Kaum legten sie ihre Jacken ab, fiel Max auch schon weinend in die Arme seines Vaters, welcher nur behutsam über seinen Rücken strich. Der Jugendliche wusste selbst nicht genau warum er weinte, ob es Erleichterung war, Reue oder doch was ganz anderes. Doch sein Vater schwieg nur, hielt keine Ansprache oder schickte ihn auf sein Zimmer als Strafe für sein Verhalten. Er stand einfach nur da, hielt seinen trauernden Sohn in den Armen und beschütze ihn, gab ihm halt, war einfach nur für ihn da.
Währenddessen saßen Zoey und Terence gegenüber von Zoeys Mutter, Matilda, und lauschten den Worten der aufgebrachten Brasilianerin „Ich verstehe ja was in euch vorgeht, aber Zoey bitte erkläre mir was das sollte? Was habt ihr euch dabei gedacht in den Sachen deines Vaters rumzuwühlen, um ihm dann hinterherzufahren?", ihr Blick schlug in Sorge um „Wisst ihr wie gefährlich das hätte werden können? Was wäre, wenn er auch auf euch geschossen hätte?" Ihre Tochter schwieg und richtete den Blick auf den Tisch. Nur Terrence wagte es ihr ins Gesicht zu sehen und erkannte all die Verzweiflung und Sorge, die sich in ihren Augen sammelten. „Es tut uns leid Matilda. Wir wollten nur sicher gehen, dass dieser Mann endlich festgenommen wird. Wir wollten keine Angst mehr haben, jeden Mal wenn wir das Haus verlassen", erklärte er sich und Zoey, welche mit noch immer gesenkten Kopf nickend zustimmte. Seine Worte schienen Matilda gewissermaßen zu beruhigen, zumindest entspannte sich ihre Körperhalten und sie verlangte mit der offenen Hand die Hände ihrer Tochter und Terrence, als Zeichen des Zusammenhalts.
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Letters To Him
Teen FictionAuf der Suche nach seiner leiblichen Mutter geraten Louis und seine fünf Freunde in die Schussbahn eines Mörders. Als einer der sechs nicht lebendig aus den Fängen des Mannes wiederkommt beginnt der Kampf um Gerechtigkeit, doch was ist, wenn es sow...