Jisung PoV
"Jisung! Beeil dich! Du kommst sonst noch zu spät und Unpünktlichkeit ist unhöflich!", rief mir meine Mutter aus dem Flur zu. Ich saß währenddessen auf meinem Koffer und versuchte verzweifelt diesen zu zu machen.
Ein christliches Jungen-Internat.
Was besseres war ihr nicht eingefallen, als sie mit dabei war, als ich wieder eines meiner Deja-Vu's hatte. Auch wenn es eigentlich keine richtigen Deja-Vu's waren. Das hier war anders, denn die Situationen, die ich zweimal durchlebte, hatte ich bereits alle geträumt und das wusste ich auch. Es hatte bereits in der dritten Klasse angefangen, als ich mich geweigert hatte, meine Schwimmsachen mit zur Schule zu nehmen, weil ich die Nacht zuvor geträumt hatte, wie unser Lehrer uns erklärte, dass der Schwimmunterricht ausfiel. Seit dem passierte es immer wieder mal, aber inzwischen wurde es regelmäßiger. Und nun wollte meine Mutter mir anscheinend den Teufel oder irgendwelche Dämonen oder was auch immer austreiben, indem sie mich dorthin schickte. Selbst wenn es ein Dämon wäre, der mir diese schickte, dann wollte ich ihn nicht verlieren.
Ich wusste noch nicht so recht, was ich davon halten sollte. Einerseits war ich froh, dass ich so weniger Zeit mit meiner Mutter und mehr Zeit mit Gleichaltrigen verbringen konnte, aber andererseits schien ein christliches Jungen-Internat einfach falsch für mich. Denn zu meinen Träumen kam noch erschwerend hinzu, dass ich absolut kein Interesse am anderen Geschlecht hatte. Ich war schwul, was meine Mutter jedoch glücklicherweise nicht wusste. Sie dachte einfach, dass ich mich keinem Mädchen auf diese Weise näherte, weil ich, so hofft sie zumindest, keinen Sex vor der Ehe haben werde. Dabei bin ich selbst 7 Monate nach der Hochzeit meiner Eltern geboren, was aber anscheinend nie wirklich jemanden stutzig gemacht hat. Doch wer weiß, ob ich hier jemals legal heiraten darf, und ich werde definitiv nicht als Jungfrau sterben, also kann sie sich das mit 'kein Sex vor der Ehe' gerne wieder aus dem Kopf streichen.
"Ich bekomme meine besch-... Ich bekomme meinen Koffer nicht zu!", rief ich zurück. Fluchen war mir ebenfalls verboten.
Nur ein paar Sekunden später ging meine Tür auf und meine Mutter kam rein. Sie setzte sich auf meinen Koffer und nun bekam ich ihn auch zu.
"Und jetzt sollten wir wirklich los. Schließlich ist das Internat eine ganze Strecke von hier entfernt.", meinte sie und ich folgte ihr die Treppe runter zum Auto, wo ich meinen Koffer in den Kofferraum packte.
"Du hättest dir deine Haare wieder zurück färben sollen...", seufzte sie und fuhr mir durch mein dunkelblaues Haar. "Das Braun passt doch so gut zu deinen Augen."
"Aber ich mag sie in Blau lieber. Braun sieht man doch überall.", erwiderte ich.
"Sungie, du musst nicht besonders aussehen, um besonders zu sein. Das weißt du doch? Gott liebt jeden so wie er ist, auch ohne blaue Haarfarbe."
"Jaja, weiß ich doch.", stimmte ich einfach zu, auch wenn ich nicht gläubig war. "Aber er wird mich doch auch in blau lieben, sonst hätte niemand die Haarfarbe erfunden. Und jetzt wollten wir los, richtig?"
"Richtig."
Wir stiegen ins Auto und ich setzte mich auf den Beifahrersitz, wo ich mein Handy sofort an die Musikanlage anschloss und mich anschnallte. Dann spielte ich meine Musik ab und wir fuhren los. Ich hatte eine extra Playlist erstellt, da ich ein paar Songs auf meinem Handy hatte, die meine Mutter definitiv nicht mochte und da ich keine Lust auf Streit im Auto hatte, spielte ich sie nicht. Ironischer Weise war eines ihrer Lieblingslieder 'Take me to church' von Hozier. Ich war mir ziemlich sicher, dass sie keine Ahnung hatte, worum es in dem Lied eigentlich ging, was vermutlich an ihrem schlechten Englisch lag, geschweige denn das Musikvideo gesehen hatte.
So sang ich leise neben ihr ein Lied nach dem anderen mit. Ab und zu stimmte sie mit ein oder trommelte im Rhythmus mit ihren Fingern auf dem Lenkrad herum.
Tatsächlich war ich ein wenig enttäuscht, als wir auf den Parkplatz des Internates fuhren. Es war weder das typische Schloss, dass man aus Klischee Filmen kannte, noch sah es besonders beeindruckend aus. Es gab drei Gebäude, die ein Dreieck bildeten und hinter einem der Gebäude gab es anscheinend einen Gemüsegarten. Hinter dem anderen meinte ich, einen Sportplatz gesehen zu haben, doch ich hatte nur einen kurzen Blick darauf werfen können, ehe mich meine Mutter in Richtung des mittleren Gebäudes führte, in dem sich anscheinend das Rektorat befand, denn auf das steuerte sie als nächstes zu.
Wir wurden herein gebeten und von einem älteren Mann in Empfang genommen. Hätte man mich gefragt, wie ich mir den Rektor vorstellen würde, hätte ich ihn genauso beschrieben, wie er nun vor mir saß.
"Ah, Frau Han und Jisung. Guten Tag.", nahm er uns in Empfang.
"Hallo.", lächelte meine Mutter freundlich, während ich ihn ebenfalls mit einem "Guten Tag." begrüßte. Bei neuen Leuten wiederholte ich immer, wie sie mich begrüßten, denn so wirkte ich nur selten zu unhöflich.
"Setzen Sie sich doch.", bat er und wir setzten uns auf die Stühle, die vor seinem Tisch standen. "Also, Jisung. Einer meiner besten Schüler bringt dich gleich auf dein Zimmer. Dann kannst du auspacken und dich erstmal einleben, bevor er dich herum führt und ihr deine Bücher holt. Du hast heute noch keinen Unterricht. Ist das okay für dich?"
"Ja, ist es."
"Sehr gut. Hier sind noch dein Stundenplan und dein Zimmerschlüssel. Die Räume werden dir nachher noch gezeigt, keine Sorge.", meinte er und gab mir beides. "Hast du schon Fragen, die dich beschäftigen?"
"Also... Wie ist das mit den Regeln hier? Denn mir ist klar, dass es welche gibt, die anders sind, als ich es kenne."
"Das wird dir nachher alles erklärt, keine Sorge. Wir haben auch nicht viel mehr Regeln, als die meisten anderen Internate, denn wir wollen unseren Schülern ausreichend Freiraum lassen, um sich selbst besser kennenzulernen und ihren eigenen Weg zu finden."
Das überraschte mich tatsächlich ein wenig. Ich hatte erwartet, dass es hier ziemlich strenge Regeln geben würde, um möglichst alle Schüler auf den gleichen Weg zu bringen und zu kontrollieren, doch das hier klang gar nich so schlecht. Vielleicht würde meine Zeit hier doch nicht so schlimm werden, wie ich befürchtet hatte.
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Vorne weg ein kurzer disclaimer: Ich hab nichts gegen Menschen, die einer bestimmten Religion folgen. Ich bin selbst mit Religion aufgewachsen, auch wenn ich selbst nicht gläubig bin, dadurch dass meine Mutter in der Kirche arbeitet. Diese Geschichte soll auch niemanden in seiner Religion angreifen oder sich darüber in irgendeiner Form lustig machen. Jeder kann glauben, was er mag, solange er nicht versucht mit seinem Glauben das Leben anderer zu beeinflussen.
Danke für's Lesen.
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Hell told me about you || Minsung
Fanfiction[Even if it was a demon, who sent me these, I didn't want to lose him.] Als Han Jisung seiner Mutter von den regelmäßigen Deja-Vu's erzählt, die er immer wieder erlebt, wird er daraufhin von ihr in ein christliches Internat geschickt, wo er Lee Min...