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Jisung PoV

"Noch fünf Minuten! Na los. Ziehen wir uns an!", meinte ich aufgeregt, als die Uhr auf meinem Handy langsam gegen Mitternacht ging. Es war Silvester und wir verbrachten den Tag gemeinsam mit Jeongin, Felix, Changbin, Chan und Hyunjin bei Seungmin, denn zwischen den sechs war auch einiges passiert.

Chan und Seungmin waren zusammen gekommen, als Seungmin über Weihnachten bei ihm zu Besuch gewesen war, Jeongin, Felix, Changbin und Chan hatten sich ebenfalls kennengelernt und seitdem war Felix Herz über Kopf in Changbin verknallt, doch wollte es nicht zugeben. Ebensowenig wie Changbin zugeben wollte, Gefallen an dem jüngeren Australier gefunden zu haben, was darin endete, dass mich beide übereinander zu spamten. Nur Jeongin und Hyunjin waren sich heute das erste Mal begegnet, doch sie schienen sich ebenfalls recht gut zu verstehen.

"Jisung hat recht. Lasst uns raus gehen.", stimmte Seungmin zu.

"Dass ich in diesem Leben nochmal höre, dass du Jisung zustimmst.", lachte Hyunjin und stand vom Sofa auf. Wir zogen uns alle an und gingen raus. Da Seungmin's Haus auf einem Berg lag, konnten wir ein paar Treppen hochlaufen und kamen dann auf einem Parkplatz an, von dem aus man einen tollen Ausblick auf die ganze Stadt hatte. Ein paar weitere Anwohner hatten sich hier ebenfalls versammelt und zählten die letzte Minute des Jahres runter.

Bei 15 Sekunden angekommen, drehte ich mich zu meinem Freund und legte meine Arme um seinen Hals.

"Ich liebe dich, Jisung."

"Ich liebe dich auch, Minho."

"10! 9! 8! 7! 6!

Er lächelte mich an und legte seine Hände an meine Hüften.

"4! 3! 2!"

Noch bevor jemand 1 rufen konnte, legte er seine Lippen auf meine und küsste mich liebevoll. Ich erwiderte den Kuss, doch dann tauchten schlagartig Bilder in meinem Kopf auf. Ein Zischen. Ein lauter Knall. Bunte Funken, die jedoch ihren Weg zu den Sternen verfehlten.

"Minho! Weg da!", rief ich sofort und zog den Älteren so schnell ich konnte mindestens 5 Meter beiseite.

Noch während ich ihn wegzog, kippte eine der Raketen um und explodierte genau da, wo wir zuvor gestanden hatten. Geschockt sahen wir der kleinen Explosion zu, die uns beide genauso gut ins Krankenhaus hätte bringen können. Während Minho versuchte zu verarbeiten, was gerade passiert war, setzten bei mir die altbekannten Kopfschmerzen wieder ein, auch wenn sie deutlich harmloser waren als sonst.

"Bist du okay?", fragte ich Minho besorgt, doch bekam keine Reaktion. "Hey... Baby... Ich hab gefragt, ob du okay bist."

"Hm? Ja alles gut. Nichts passiert.", antwortete er und starrte immer noch auf die Stelle. Ich nahm vorsichtig seine Hand und verschränkte unsere Finger miteinander.

"Lass uns zu den anderen, ja? Die stehen ein Stück weiter da drüben."

Minho nickte und wir gingen langsam zu den anderen, die uns mit geweiteten Augen ansahen.

"Geht es euch gut?"

"Ist einer von euch verletzt?"

"Nein, niemand von uns wurde verletzt.", antwortete ich. "Aber das hat Minho einen ziemlichen Schrecken eingejagt."

Die nächste Rakete flog, doch dieses Mal flog sie tatsächlich hoch und traf niemanden. Der Knall ließ Minho dennoch heftig zusammen schrecken.

"Seungmin, können Minho und ich vielleicht wieder rein?"

"Wir müssen nicht... Du wolltest das doch sehen...", meinte Minho.

"Min, du willst ganz eindeutig gerade nicht hier sein, also lass uns einfach rein. Das ist wirklich okay für mich. Seungmin?"

"Ich lasse euch einmal schnell rein.", antwortete er und tat dies dann auch.

"Jetzt hab ich dir dein Neujahr versaut...", sagte Minho bedrückt, als wir es uns auf der Couch gemütlich gemacht hatten, auf der wir auch schlafen würden. "Eigentlich wollte ich versuchen, die lauten Geräusche zu ignorieren, damit du das Feuerwerk genießen kannst."

"Du hast rein gar nichts versaut, Minho. Wenn du Angst davor hast, dann ist das doch vollkommen verständlich. Aber zwing dich bitte zu nichts, wovor du Angst hast. Ich kann das nicht genießen, wenn ich merke, dass es dir dabei nicht gut geht. Dann liege ich lieber hier und knuddel dich durch."

"Danke..."

"Dafür nicht."

"Aber, Jisung..."

"Hm?"

"Woher wusstest du, dass die Rakete auf uns losgehen würde? Du hast beim Küssen immer die Augen zu. Außerdem hast du mich weggezogen, noch bevor sie umgekippt ist."

"Erinnerst du dich daran, als ich dir erzählt habe, dass ich diese seltsamen Tagträume habe?"

"Sungie's unanständige Fantasien. Ja, ich erinnere mich."

"Die sind nicht unanständig!"

"Natürlich nicht.", meinte er sarkastisch.

"Wie auch immer. Ich hab in dem Moment, als du mich geküsst hast, nur noch diese Rakete gesehen und wusste, wir müssen da weg, weil sie jeden Moment auf uns zu schießen könnte. Das klingt verrückt. Ich weiß."

"Dann klingt es halt verrückt, und? Dafür hat es uns vor ein paar ziemlich schmerzhaften Verletzungen geschützt."

"Du hältst mich jetzt für einen Spinner, oder...?"

"Baby, du bist kein Spinner...", erwiderte er und begann mir durch die Haare zu fahren. "Und wenn dann wärst du mein kleiner Spinner."

"Macht dir das keine Angst?"

"Nein, wieso sollte es?"

"Ich weiß nicht... Mir hat es am Anfang immer Angst gemacht... Ich dachte, ich werde komplett verrückt. Hast du eine Ahnung, wie viele Artikel ich mir dazu durchgelesen habe?"

"Haben dir die wenigstens geholfen, es besser zu verstehen?"

"Das einzige, was ich jetzt verstehe, ist, dass es gegen die Naturgesetze verstößt und niemand bestätigen kann, dass es so etwas wie präkognitive Träume tatsächlich gibt, weshalb man davon ausgeht, dass es nicht echt ist, sondern Leute es sich aus irgendwelchen Filmen abgeschaut haben oder so und jetzt versuchen Aufmerksamkeit zu bekommen..."

"Aber du weißt doch, dass es nicht so ist."

"Trotzdem ist es ein seltsames Gefühl, wenn überall steht, dass du etwas nicht sein kannst, was du bist, weil das einfach unmöglich ist. Es ist auch nicht immer so toll, wie alle denken, weißt du? Ich hatte es schon mehrfach, dass ich von Momenten geträumt habe, in denen es mir wirklich schlecht ging. Dann sitzt du da, es geht dir ohnehin schon dreckig und du fühlst den Schmerz, bevor er sich überhaupt richtig ausgebreitet hat. Und er wird nur schlimmer und schlimmer... Du durchlebst das alles zweimal und du weißt genau, dass es im nächsten Moment nicht besser wird und du nichts daran ändern kannst. Es kann wirklich grausam sein... Von den Kopfschmerzen mal ganz abgesehen."

"Das klingt wirklich schrecklich...", antwortete er, ehe er etwas zu realisieren schien. "Warte. Bei unserem ersten Treffen..."

"Da hatte ich es auch, ja. Ich wusste, welchen Hoodie du anziehen würdest und was du sagst. Deshalb hab ich auch deinen Satz beenden können. Aber es sind immer nur ein paar Sekunden, also wusste ich nicht, dass du mir das Wasser geben würdest.", erklärte ich.

"Verstehe... Kannst du irgendwie steuern, was du siehst? Also den Zeitpunkt, wen du siehst oder so?"

Ich schüttelte den Kopf.

"Meistens hab ich gerade genug Zeit, um die Situation zu verstehen und dann ist es wieder vorbei."

"Ich bin froh, dass du vorhin so schnell reagiert hast.", meinte er. "Das hätte wirklich schief gehen können."

"Ja, das stimmt. Das zählt zu den Malen, bei denen es tatsächlich einen Nutzen hat. Aber lass uns jetzt schlafen, ja? Ich bin wirklich müde."

"Natürlich, Jisung."

Er gab mir noch einen Kuss und wünschte mir eine gute Nacht, ehe wir beide einschliefen.

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Hell told me about you || MinsungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt