Kapitel 14

112 3 0
                                    

Draußen vor der Tür schlug mir die kalte Nachtluft entgegen. Es war wirklich frisch und meine Sachen waren bei Eric im Auto, die mich hätten wärmen können, was natürlich richtig beschissen war. Ich erkannte den Wagen sofort und auch Edans, der nur ein paar Parkplätze daneben stand. Ohne weiter darauf zu achten, lief ich an ihnen vorbei und bog in eine Straße, über die wir zuvor fuhren. Dann ging ich eben die Kilometer nach Hause. Das brachte mich nicht um. Nicht mal wenn mich ein Wagen in der Dunkelheit auf eine der Landstraßen erfasste. Ich starb nicht so schnell, wie ein Mensch. Ist das nun gut oder schlecht?

Einige Minuten später zog ich die Weinflasche aus meiner Tasche und nippte daran. Das Zeug schmeckte scheußlich und dabei wusste ich das die Etikette zeigte, dass es ein guter Tropfen war. Wie konnte man nur solche ein Gesöff trinken. Das werde ich wohl nie verstehen. Nebenbei fuhren einige Autos an mir vorbei und hupten, als ich schließlich an der Seite der Landstraße entlang lief; die Stadt hinter mir ließ. Andere wiederum fragten mich sogar ob ich einsteigen wolle, aber ich lehnte dankend ab. So blöd war ich nun wiederum nicht, dass ich zu einem Fremden stieg, auch wenn ich ihn mit Leichtigkeit töten konnte. Wenn die wüssten, dachte ich. Ich musste nicht mal mit der Wimper zucken und dann war der Lebenshauch aus ihrem Körper.

Ich war eine Vampirin. Normalerweise konnte ich binnen weniger Minuten zu Hause sein, aber ich wollte mir Zeit lassen; die Kälte an meiner Haut haben, um zu spüren, dass ich noch lebte, obwohl es nicht mehr hätte tun sollen und es wider gegen die Natur war. Ich wollte, dass ich durch die Frische wieder klar im Kopf wurde, aber irgendwie fühlte es sich an, als strömten plötzlich tausend neue Gedanken auf mich ein. Was wäre geschehen, wenn ich tatsächlich gestorben wäre? Hätte meine Mutter sich tot gesoffen, oder endlich eingesehen, dass das Leben, wie sie es führte, falsch war? Wie hätte Edan auf meiner Beerdigung ausgesehen? Wäre er überhaupt gekommen?

Was hätte Henry getan und wäre Mimi mich vielleicht an meinen Grabstein besuchen gekommen? Womöglich hätte darauf gestanden: Sie war doch noch so jung... Irgendwelches Geschmalze, was mich auch nicht hätte wieder zurückgebracht. Die typischen Sprüche, eine eigentlich normale Bestattung. Nichts Großes. Mit wenigen Leuten, die man an einer Hand abzählen konnte. Wie traurig. Aber wenn man keine Freunde besaß, dann war man auch im Tode allein, oder? Lukas, er wäre sicher gekommen. Wenigstens einer mehr. Aber sollte ich mir darüber Gedanken machen? Normalerweise hatte ich nun enorm viel Zeit. Ich konnte mir Vampire suchen, mit denen ich klar kam. Freunde. Doch wie, wenn Edan das alles versuchte zu verhindern? Dabei brauchte ich Leute in meinem Leben, die mich mochten, die ihre Freizeit mit mir verbringen wollten.

Seufzend strich ich mir eine Strähne meiner langen Haare hinter das Ohr und wickelte meine Arme zum Schutz vor dem Regen fester um meinen Oberkörper. Eigentlich war das sinnlos. Es schützte nicht. Und trotz, dass ich nicht mehr menschlich war, fror ich etwas. Was wohl Eric und Edan gerade machen? Vielleicht sich zerfleischen, oder auf eine Frau anstoßen die gerade gegangen ist, die sowieso keiner braucht? Zumindest Edan musste so denken. Ein harter Stich zog sich durch meine Brust, aber es war nicht mein Vampir, nein, es war mein Herz, was erneut anfing zu bluten. Wieder erinnerte ich mich an die Worte, die aus seinem Mund drangen. Und hätte ich ihn nicht gekannt, wäre er mir komplett fremd gewesen. Dann hätte ich ihm sogar geglaubt, aber so?

Ich wusste es nicht. Mein Kopf meinte, dass es sein Ernst war, doch mein Herz sagte immer wieder das Gegenteil. Es war einfach nicht zu glauben. Ich wollte es nicht. Konnte es nicht. Nein. Verdammt. Wieso bin ich bloß in diesen Club gegangen? Konnte ich nicht wie jeden anderen bescheuerten Tag in meinem Zimmer hocken und die Wand anstarren? Aber schon als Mensch musste ich raus, auch wenn es nur in die Natur war. Ich brauchte ein paar Minuten für mich, um über Wiesen und Felder zu laufen und da Edan nicht mit mir nach draußen ging, glaubte ich zu sterben, wenn ich nicht an der Luft war.

Someday II - be a VampireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt