Kapitel 12

134 5 0
                                    

Verbissen sah ich mich um. Ich musste dorthin, wo es etwas leiser war. Außerdem wollte ich das Gespräch hinauszögern, bevor er seine Wut an mir ausließ. Vielleicht konnte ich ihn etwas besänftigen und wir vertrugen uns wieder. Man konnte ja hoffen. »Ist hier irgendwo eine ruhige Ecke?«, fragte ich Alexej direkt und hielt mein Handy etwas von mir weg. Natürlich hörte es Edan trotzdem, aber wie erhofft hielt dieser alte Vampir seinen Mund und zeigte ausschließlich in eine andere Ecke des Raumes, wo sich eine Tür befand. Zugleich lief ich auf sie zu, drückte die Klinke nach unten und verschwand in einem Lager.

Es war ziemlich klein und wurde von einigen Kisten Wein und Sekt gesäumt. Hinzu kamen Flaschen mit roter Flüssigkeit, die in einem gläsernen Kühlschrank sichtbar wurden. Ich musste nicht groß überlegen, um zu wissen, dass es Blut sein musste. Hart biss ich mir auf die Unterlippe und wartete immer noch darauf, dass Edan irgendetwas sagte, aber er war stumm. Keine Ahnung, wie ich ihm das alles erklären sollte. Aber kann er mich nicht ein bisschen verstehen? Es war nicht möglich mich zu Hause einzusperren. Klar war es wahrscheinlich risikoreich ohne Edan wegzugehen, aber es war immer noch Eric bei mir und das wusste er mit Sicherheit. Mit wem sollte ich auch sonst wegfahren? Trotzdem nagte das schlechte Gewissen immer mehr an mir.

»Sag doch was!«, sprach ich nun genervt. »Hast du dir eigentlich Gedanken darüber gemacht, was du da gerade tust? Das ich mir Sorgen um dich mache?«, zischte er so bedrohlich, sodass sich meine Nackenhaare erneut aufstellten. So hatte er noch nie mit mir gesprochen. »Ha!«, rief ich aus und schlagartig wurde ich zornig. »Das ich nicht lache. Du machst dir Gedanken um mich? Ist das ein Witz oder habe ich etwas verpasst?« und ich versuchte seine Worte nicht so nahe an mich herankommen zu lassen. »Was bildest du dir eigentlich ein, so mit mir zu reden?«, fauchte Edan zurück und ein erneuter Schmerz durchzog meinen Schädel, flutete durch meinen Körper und ließ mich keuchen. Im Anschluss sank ich auf den Boden, ohne etwas dagegen tun zu können und senkte den Kopf.

Scheiße. Was macht er mit mir? Ist das jetzt sein Ernst? Wie konnte er es nur wagen so zu mir zu sein? Sicher war er sauer, aber das konnte Edan sich echt klemmen. Er zwang mich in die Knie wie einen Sklaven. Deswegen sagte ich kein Wort, versuchte nicht komplett an die Decke zu springen und mahlte verbissen mit den Zähnen. Edan spürte genau, dass er mich in diesem Moment verletzte; nicht nur physisch, bis er flüsterte: »Du bist einfach abgehauen. Du hast mir nicht gesagt, wo du hingehst. Ich dachte du weißt, dass du mit mir reden kannst.«

Langsam löste ich mich wieder aus meiner Starre und richtete mich auf. Sicher, weil er es zuließ. »Die ganzen letzten Tage geht es dir doch am Arsch vorbei, wie es mir geht. Du lässt mich nicht mal irgendwo hingehen. Nicht einmal mit mir zusammen verlässt du dieses Kaff. Denkst du ich will hier jeden Tag festsitzen?« Ich wäre so gern mit ihm ins Kino, oder einfach nur einen Kaffee trinken gegangen. Halt kleine Dinge. Ein Spaziergang an einem anderen Ort, damit hätte ich mich auch zufrieden gegeben. »Du hast nur mir zu verdanken, dass du noch am Leben bist!«, murrte Edan wie aus heiterem Himmel. Was soll der Mist? Warum kommt er jetzt damit?

»Hältst du mir das jetzt vor, oder was? Das stimmt vielleicht, aber wenn du es jetzt bereust, hättest mich doch auch verrecken lassen können! Ich habe dich nicht darum gebeten.« Womöglich waren meine Worte in diesem Moment gemein, aber ich konnte sie nicht zurückhalten. Darum sprach ich schnell weiter: »Aber vielleicht ist dir bloß klar geworden, dass du mich nicht ständig auf der Pelle haben willst. Du musst nicht mit mir zusammen sein, wenn du es nicht willst. Glaubst du ich merke das nicht? Du hast keine Zeit, nimmst dir auch keine für mich und starrst nur den ganzen Tag an die Wand. Das macht mich wahnsinnig... Verstehst du das? Wahnsinnig. Verrückt.«

Natürlich machte ich es mit meiner Aussage schlimmer, aber ich konnte mich nicht zurücknehmen. »Das hat damit nichts zu tun. Ich muss mir wegen Stephan einen Kopf machen und er ist nicht der Erste, der was weiß. Du hast Alexej ja nun schon kennengelernt. Es gibt noch ein paar die Bescheid wissen. Zu viele. Mein Kopf ist voll. Da kann ich mich nicht noch um so einen Kindergarten kümmern. Also komm gefälligst zurück, sonst werde ich dich holen.« Ich hielt den Atem an. Hatte Edan wirklich verlauten lassen, dass es für ihn nur Kindergarten war? Als wäre ich nicht wichtig genug für ihn an erster Stelle zu stehen und ich ziemlich bescheuert war, weil ich mich darüber aufregte?

Someday II - be a VampireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt