Kapitel 21

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Nebenbei wischte ich mir etwas Blut vom Kinn, was noch heruntertroff, legte mich schließlich in die Horizontale und prompt wurde es Mucksmäuschenstill. Jeder hätte sich denken können, was Edan nun tun würde. Er ließ sie vergessen. Leises Murmeln dran in mein Ohr. Flüssig wie Honig und zart wie Karamell. Ich schloss die Augen und lauschte seiner Stimme Klang, was mich kurz wegtreten ließ. Es ist besser so, ging mir durch den Kopf. Es ist einfach besser so.

Eine warme Hand streifte mir kurz daraufhin über die Stirn und es flüsterte: »Mach dir keine Sorgen. Sie wird sich nicht erinnern und jetzt schlafe meine Liebste. Schlaf... Schlaf...« Die Worte, die mir Edan zuflüsterte bevor ich komplett im Traumland versank, bekam ich kaum noch mit. Alles so weit entfernt... Ich war viel zu fertig, um wach zu bleiben. Als wäre ich einen Marathon gelaufen, obwohl ich gar nichts weiter getan hatte, außer zu kotzen. Damit musste ich wohl nun klarkommen. Es war nicht das letzte Mal, dass ich so etwas erlebte.

Als ich die Augen wieder öffnete, spürte ich, dass es mir sogar etwas besser ging. Zumindest soweit, dass ich ein wenig trinken konnte. Zwar kein Blut, aber das Wasser auf dem Nachttisch schien mich regelrecht anzulächeln. Stürmisch sog ich es wie eine ausgetrocknete Pflanze im mich auf und wartete im Anschluss, in der Hoffnung, dass es in meinem Magen blieb. Dieses Mal wurde ich nicht enttäuscht. Alles blieb wo es war. Kurz überlegte ich hin und her, ob ich mir nicht noch etwas zu trinken holen sollte. Dennoch war mir bewusst, dass ich es langsam angehen musste; vor allem nachdem es mir so verdammt schlecht war. Aber ich bin kein Mensch. Galt das dann auch für mich? Ich wusste es nicht, ging aber lieber auf Nummer sicher und beschloss mir einen Tee zu machen und eventuell einen Zwieback zu essen.

Auf dem Weg zur Küche bemerkte ich, dass ich keinen Mucks weiter hörte. Edan war schon nicht mehr an meinem Bett gewesen, als ich erwachte, aber ich roch ihn noch. Deswegen wusste ich, dass er sich noch immer im Haus befand. Etwas verloren setzte ich mich schließlich an den Küchentisch und goss ein paar wenige Minuten später das kochende Wasser in meine Tasse. Herbe Pfefferminze strömte prompt in meine Nase und ich liebte den Geruch. leise seufzte ich auf. Wo ist Edan? In letzter Zeit blendete ich ziemlich viel um mich herum aus, denn das gute Gehör machte mir manchmal echt zu schaffen, aber nun war ich froh, dass ich es hatte. Ich lauschte und hörte eine leise Unterhaltung.

Zugleich konzentrierte ich mich noch mehr und ich konnte Edans Stimme ausmachen. Er war mit Henry oben auf dem Dachboden. Leider war ich noch nicht dort gewesen. Wer wusste schon was sie da trieben? Womöglich sollte ich nachschauen. Ich wusste nur, dass sie dort oben etwas ausbauten, damit die Räume auch dort genutzt werden konnten, was mich wunderte. Immerhin waren wir bloß vier Leute. Zumindest im Moment. Das war schon etwas komisch, denn Henry konnte uns nicht die ganze Zeit bei sich wohnen lassen. Zwar bekam er Geld von meiner Mutter und auch von Edan, aber trotzdem war es auf Dauer nicht möglich. Es konnte auch ebenso sein, dass wir Besuch bekamen, oder der alte Mann einfach dort oben ein paar Hobbyräume einrichten wollte.

In der letzten Zeit dachte ich viel zu sehr an den Streit von mir und Edan anstatt meine Umgebung mehr zu betrachten. Meine sonstige Neugier strömte durch meine Adern und eilig trank ich meinen noch viel zu heißen Tee aus. Auf der Stelle bereute ich es, da ich mir meine Zunge verbrannte. Trotzdem schob ich den kurzen Schmerz schnell weg und ignorierte das Brennen, was einen Augenblick später schon wieder verschwand. Es hatte doch ziemliche Vorteile nicht mehr ein Mensch zu sein und ich grinste in mich hinein.

Als ich die nackten Füße auf die hölzerne Treppe setzte, knarrte gar nichts. Als ich noch ein Mensch war, konnte ich mich noch nicht so lautlos bewegen. Zwar war es nicht unbedingt leichter, aber ich balancierte meinen Körper aus, sodass das Raubtier in mir die Kontrolle übernahm und ich unbemerkt nach oben schleichen konnte. Kein einziges Geräusch wurde von mir verursacht. Mimi, Henrys süße Katze, sah mich hingegen neugierig an und tat es mir gleich. Ich konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen.

Someday II - be a VampireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt