Kapitel 36

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Die endlosen Gänge zogen sich unterirdisch wie ein Labyrinth in eine unbekannte Schwärze und wollten gar kein Ende nehmen. Wenn dort jemand herausgefunden hätte, dann lediglich mit ziemlich viel Glück. Wenn überhaupt. Es war kalt und ungemütlich. Jeder von uns Übrigen merkte, dass Conny sich zwar auskannte, doch aber immer wieder überlegen musste oder dann doch wieder kehrt machte, um einen anderen Gang mit uns entlangzulaufen. Brav folgen wir ihr. Was blieb uns auch anderes übrig?

Sie zitterte genau wie ich. Aber ich bemerkte, dass sie sich ständig innerlich versuchte am Riemen zu reisen. Vielleicht wurde sie auch dazu erzogen, nicht gleich den Verstand zu verlieren. Keine Ahnung. Ich hingegen war erst vor kurzem zu einem Vampir verwandelt worden, sie war als Jägerin geboren. Ihre Eltern mussten sie schon vor einer Ewigkeit ausgebildet haben. Und was war ich? Ein Welpe, der sich so schwach vorkam, wie wahrscheinlich noch nie in seinem Leben.

Da ich ihren Unterhalten jedoch genau zuhörte, wusste ich nun, dass ihre Eltern nicht schlimm waren, wie das Verhalten von Stephan, welches er an den Tag legte. Keine Ahnung, was bei ihm nicht stimmte, doch etwas war bei ihm verkehrt gelaufen. Das war gewiss. Warum war Connys Sohn so missraten und warum ihr Mann ebenso erpicht darauf alle Vampire zu vernichten? Sollte man dann nicht die halbe Menschheit ebenso zerstören, weil davon mindestens die Hälfte Mörder, Diebe oder Vergewaltiger waren? Das war riesiger Bullshit. Ich hatte nie jemandem etwas Böses getan und es gab auch keine Rechtfertigung mich zu quälen.

Als wir schließlich um eine Ecke bogen und Schritte hörten, stoppten wir sofort. Zugleich rannte ich in Eric hinein, der sich zischend zu mir herumdrehte: »Pass doch auf!« Warum ist er denn so zickig? Ich dachte die Sache zwischen uns ist geklärt? Ich liebe Edan und Eric wird mich nur als gute Freundin sehen, oder doch nicht? Aber vielleicht hatte er auch nur einen schlechten Tag, oder er war angespannt und wollte endlich wieder aus diesem Labyrinth. »Zicke mich doch nicht gleich so an!«, flüsterte ich leise und stach ihn mit dem Zeigefinger in die Brust.

Sofort schaute ich ihn tiefer in die Augen und sein Blick wurde unverhofft weicher, die blauen Augen freundlicher. Er nickte und versuchte sich an einem kleinen Lächeln. »Ich bin froh, wenn wir hier draußen sind. Ich fühle mich nicht gerade wohl. Also guck bitte wo du hinläufst!« Trotzdem war ich mir sicher, dass er auf Abstand zu mir ging. Sicherlich wegen meinem Freund, den ich ganz genau in meinem Rücken spürte. »Schhht«, machte Conny hingegen und drängte uns zurück, bis sie wie eine Verrückte an Edan vorbeihetzte und hinter ihm eine Tür öffnete. »Los hier rein. Schnell!« und alle folgten lautlos. 

Sofort schlossen wir uns ein. Gleich im Anschluss hörten wir Schritte, die an uns vorbeiliefen und hielten alle die Luft an, sodass man überhaupt nichts hören konnte und wir nicht auffielen. Gut, dass die Tür ziemlich dick war. Wenn wir uns still verhielten war es nicht möglich uns zu hören und gesehen hatte man uns mit Sicherheit auch nicht. »Sieht ganz so aus, als wäre noch gar nicht aufgefallen, dass ihr hier drin seid«, äußerte sich Conny und schaute jeden Vampir einen nach dem anderen an. »Ich hätte nicht angenommen, dass es so einfach für euch sein wird«, überlegte sie laut, da sie wahrscheinlich überhaupt kein Schlupfloch vermutete. »Das liegt daran, dass es jemanden gab, der euch geholfen hat!«, meldete sich Lukas zu Wort und zeigte somit, dass er noch da war.

Irgendwie bemerkte ich ihn zuvor überhaupt nicht mehr, weil er ruhiger als die anderen war und ich vergaß ihn auch wieder schnell, weil ich mit ihm noch ein Hühnchen zu rupfen hatte. Immerhin war er bei Stephan und das freiwillig. Er wusste schon immer, dass er ein Arsch war. Wie konnte er dann bloß? Lukas war immer so ein netter Kerl zu mir gewesen. Zumindest die letzte Zeit in der Schule. Erst recht, als Edan wegging und mich die Tage allein ließ, bevor mich dieser verwandelte, nachdem mich der Guhl schnappte. Dennoch war es nun nicht an der Zeit sich den Kopf darüber zu zermartern. Wir mussten von diesem Ort schnellstmöglich verschwinden und das ohne dass jemand von uns vielleicht noch sterben musste, oder gefangen genommen wurde.

Someday II - be a VampireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt