Kapitel 42

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Meine Konzentration, die ich in meiner Gefangenschaft immer besser im Griff hatte, wurde nun schwach. Zwar versuchte ich es und versprach mir auch mich von diesem Gefühl nicht vereinnahmen zu lassen, dennoch konnte ich nicht verhindern, dass ich mich diesem viel zu sehr hingab. Ich verlor jeden Moment die Kontrolle und konnte nichts dagegen tun und auch Edan sah es mir an, denn die Sorge stand ihm ins Gesicht geschrieben. Es war überhaupt nicht gut, dass wir zu zweit im Zimmer standen und ich noch immer nicht direkt von seiner Vene trank. 

Das spürte ich erst richtig in diesem Augenblick, als wir davon sprachen. Erst recht, weil Eric zuvor beschrieb, wie es sich anfühlte, wie man dabei empfand und sich nicht mehr zurücknahm. Fühle ich mich deswegen nun so oder ist die Kontrolle, die ich sonst besitze, einfach dahin? Manchmal redete man sich auch gern etwas ein. Doch nein. Es war nicht an dem. Dafür lag es an dieser Situation in der ich mich die ganze Zeit über befand. Dass ich nicht schon eher meinen Willen verlor war wahrscheinlich ein Wunder. Unaufhaltsam bohrten sich meine Eckzähne in meine Unterlippe und ich verfluchte ihn für diese Erinnerung. Konnte er mich nicht einen Moment vergessen lassen, dass ich ein Vampir war?

Das Glas kurz davor war lediglich ein kleines Dinner für mich gewesen; immerhin trank ich seit einer halben Ewigkeit nichts mehr, doch nun wuchs meine Blutgier umso mehr. Mein Zittern wurde stetig schlimmer und ich konnte mir kaum die Schuhe binden, als ich in die Hocke ging und mich fertigzumachen, damit wir zu einem geeigneten Ort aufbrachen, wo wir ungestört waren und ich mich von ihm nähren konnte. Deswegen beugte sich Edan zu mir herunter und sah mich von unten heraus an. Momentan fühlte ich mich wie ein Kleinkind.

»Es dauert nicht mehr lange, meine Lara!«, flüsterte er und streifte mir mit den Fingerspitzen über meinen Knöchel und nahm mir die Aufgabe ab, um daraufhin die Schnürsenkel meiner Sneakers zu schließen. Normalerweise hätte ich darüber gelacht, weil es eigentlich keine große Aufgabe war, aber ich war so sehr mit mir selbst beschäftigt und damit die Kontrolle nicht gänzlich zu verlieren, dass mich das überhaupt nicht interessierte. Nervös strich ich mir anbei die Haare nach hinten und knotete sie in einem Dutt zusammen, was ich ebenso bloß mit Mühe und Not vollbrachte.

Ich fühlte mich wie ein Junkie ohne meine Drogen und dabei war ich als Jungvampir noch ziemlich gut, wenn man bedachte, dass ich jemand am liebsten die Kehle aufgerissen hätte. Ich versuchte den Gedanken an Blut zu verdrängen. Immerhin war ich die Larissa von früher. Eine Person, die nie jemanden Schaden zufügte, wenn es nicht um Leben oder Tod ging. Unvermittelt musste ich allerdings an Stephan denken. Nun weilte er nicht mehr unter uns, weil Edan ihm das Genick brach. Es war besser so. Er verdiente es und wäre niemand gekommen, hätte er noch Schlimmeres mit mir getan. Mich vielleicht sogar vergewaltigt und das war schon ziemlich hart. 

Prompt überfuhr mich eine Gänsehaut und ich schüttelte mich leicht, woraufhin mir Edan eine Jacke reichte, die ich sofort überwarf. Ich fühlte mich schwacher, als ich eigentlich wollte, obwohl ich immer noch soweit fit war, um Kilometer rennen zu können, aber als ich mich in Bewegung setzte, spürte ich jeden Knochen einzeln. Es schmerzte, obwohl ich davon ausging, dass Edans Blut zumindest etwas reichte, aber da hatte ich falsch gedacht. Es war viel zu wenig. Wie konnte er es nur die ganze Zeit mit diesem kleinen Bisschen von Eric ertragen? Doch ich wusste, dass ein älterer Vampir längere Zeit ohne Nahrung auskam, aber schmerzfrei war es auch nicht ganz. 

Zugleich stand Edan sofort an meiner Seite und hielt mich an der Hüfte umklammert. Selbstverständlich meinte er es nur gut, doch plötzlich überkam mich wieder dieses Unwohlsein und ich machte mich von ihm eilig los. Galle kroch meine Kehle hinauf und wollte mich würgen lassen. Aus diesem Grund eilte ich auf der Stelle zum Fenster und riss dieses schnell auf, um etwas frische Luft hereinzulassen. Allerdings fror ich nun noch mehr, doch das war mir egal. Mir wurde viel zu schlecht, um sich darüber einen Kopf zu zerbrechen. »Lara!«, murmelte Edan und umarmte mich von hinten, was mich sichtlich beruhigte, aber dieses Unwohlsein verschwand trotz dessen nicht komplett. »Mir ist schlecht!«, flüsterte ich und meine Finger tasteten über meinen Hals.

Someday II - be a VampireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt